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Physiker beobachten erstmals Sonnenenergie bei ihrer Entstehung

Archivmeldung vom 28.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Die Bildkombo zeigt den Borexino-Detektor und die Sonne. (Verwendung des Bildes nur in Zusammenhang
Quelle: Borexino Collaboration (idw)
Die Bildkombo zeigt den Borexino-Detektor und die Sonne. (Verwendung des Bildes nur in Zusammenhang Quelle: Borexino Collaboration (idw)

Zum ersten Mal in der Geschichte der Sonnenforschung ist es Wissenschaftlern gelungen, die Sonnenenergie im Moment ihrer Produktion im Sonneninneren zu messen. Physiker der Borexino-Kollaboration beobachteten im italienischen Gran-Sasso-Untergrundlabor erstmals diejenigen Neutrinos direkt, die bei der Verschmelzung zweier Wasserstoffkerne und der damit einhergehenden Bildung von schwerem Wasserstoff entstehen. Ihre Ergebnisse stellen die Forscher, darunter Physiker der Technischen Universität München (TUM), in der aktuellen Ausgabe von "Nature" vor.

15 Millionen Grad Celsius – so heiß ist es im Inneren unserer Sonne. Dort laufen verschiedene Fusionsreaktionen ab. 99 Prozent der Energie entstehen durch einen Fusionszyklus, bei dem zu Beginn zwei Wasserstoffatome zu einem Atomkern von schwerem Wasserstoff verschmelzen. In diesem Zyklus wird die Energie freigesetzt, die die Sonne zum Leuchten bringt (Sonnenstrahlung). Es entstehen außerdem elektrisch neutrale Elementarteilchen, die Neutrinos.

Strahlung erreicht Oberfläche erst nach über hunderttausend Jahren

Bisherige Analysen der Sonnenenergie beruhen auf Messungen der Sonnenstrahlung. Im Durchschnitt braucht diese jedoch über hunderttausend Jahre, um aus dem dichten Sonneninneren an deren Oberfläche zu gelangen. Das bedeutet, die errechneten Werte entsprechen der Energie, die über hunderttausend Jahre zuvor im Inneren der Sonne freigesetzt wurde.

Ganz anders verhalten sich die Neutrinos: Weil Neutrinos als elektrisch neutrale Elementarteilchen mit anderer Materie kaum in Wechselwirkung geraten und sich deshalb frei bewegen können, verlassen sie auch das Sonneninnere wenige Sekunden nach ihrer Erzeugung und erreichen bereits nach etwa acht Minuten die Erde.

Die gleichen Eigenschaften, die es den Teilchen ermöglichen, das Sonneninnere so schnell zu verlassen, machen es aber auch extrem schwierig, die Neutrinos aus der für die Sonnenenergie entscheidenden Kernreaktion zu messen. "Die jetzt veröffentlichte Beobachtung konnte nur gelingen, weil Borexino weltweit der empfindlichste Detektor ist und wir Störungen durch Strahlung und andere kosmische Teilchen extrem reduzieren konnten", sagt Prof. Dr. Stefan Schönert. "Neben Sonnenneutrinos können wir daher auch Neutrinos aus dem Erdinneren beobachten und mithilfe dieser Daten geophysikalische Modelle testen", fügt Prof. Dr. Lothar Oberauer hinzu. Beide Wissenschaftler arbeiten am TUM-Lehrstuhl für Experimentelle Astroteilchenphysik.

Energiefreisetzung im Sonneninneren seit langem unverändert

Die neuen Ergebnisse ermöglichen es zum ersten Mal, experimentell nachzuweisen, dass die Energiefreisetzung im Sonneninneren seit sehr langer Zeit unverändert ist. Dazu verglichen die Forscher die Werte der aktuellen Sonnenenergie, die nun mithilfe der neuen Methode gemessen werden kann, mit denen der Sonnenenergie von vor über hunderttausend Jahren, die sich aus der Sonnenstrahlung berechnen lässt. Das Ergebnis des Vergleichs steht im Einklang mit aktuellen theoretischen Sonnenmodellen.

Die Wissenschaftler der Borexino-Kollaboration haben auch weiterhin ehrgeizige Pläne: In den kommenden vier Jahren sollen die bisherigen Messungen weiter verbessert und neue Neutrino-Beobachtungen durchgeführt werden. Insbesondere wird derzeit ein neues Experiment vorbereitet, um nach neuen Teilchen, sogenannten sterilen Neutrinos, zu suchen. Ihre Existenz hätte fundamentale Auswirkungen für die Teilchenphysik, Astrophysik und Kosmologie.

Quelle: Technische Universität München (idw)

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