Beobachtungen von kleinen Tieren aus dem All werden bald Realität
Archivmeldung vom 03.12.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtMilliarden von Singvögeln ziehen jedes Jahr von Kontinent zu Kontinent. Auch viele Fledermaus- und unzählige Insektenarten bewältigen große Streckenabschnitte – und wechseln dabei möglicherweise ebenfalls von einem zum anderen Kontinent. Wir wissen es leider nicht genau. Denn bis heute sind Wissenschaftler nicht in der Lage, kleinen und kleinsten Tieren während ihrer langen Reise zu folgen. Dabei spielen solche Kenntnisse eine wichtige Rolle, beispielsweise um die Verbreitung von Krankheitserregern durch ihre Wirte zu verstehen.
Um diesen weltweiten Mangel an Kenntnissen über die Verbreitung und das individuelle Zugverhalten kleiner und kleinster Tiere zu beheben, wurde das Projekt ICARUS (International Cooperation for Animal Research Using Space) 2012 durch ein internationales Konsortium von Wissenschaftlern auf den Weg gebracht. Mit der Ratifizierung einer bilateralen Vereinbarung zwischen der russischen Raumfahrtagentur ROSKOSMOS und dem DLR-Raumfahrtmanagement wurde jetzt ein entscheidender Schritt hin zur satellitengestützten Fernerkundung von Tierwanderungen aus dem All gemacht.
„Die Vereinbarung mit ROSKOSMOS stellt unter anderem sicher, dass die durch Russland beigestellten Leistungsanteile, insbesondere der Mitflug auf dem russischen Teil der Internationalen Raumstation, den deutschen Beiträgen für ICARUS ebenbürtig sind“, erklärt Martin Wikelski. Der Direktor am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell und Lehrstuhlinhaber an der Universität Konstanz ist maßgeblicher Treiber dieses weltweit einzigartigen Forschungsprojektes, das 2009 von der European Science Foundation im ELIPS Programm der European Space Agency (ESA) als wissenschaftlich exzellent bewertet wurde und ab März 2012 vom DLR-Raumfahrtmanagement als deutsches nationales Vorhaben gefördert wird. „Die Förderung durch öffentliche Mittel ist ein bedeutender Schritt zu einer eigenständigen ICARUS-Satellitenkonstellation im niedrigen Erdorbit, welche uns eine weltweite, flächendeckende und langfristige Beobachtung kleiner und kleinster Tiere aus dem Weltall ermöglichen wird“, so Wikelski.
Das Großprojekt startete im März 2012 mit einer Machbarkeitsstudie und befindet sich seit August 2013 in der Implementierungsphase. Das Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) fördert ICARUS im Rahmen des „Nationalen Weltraumprogrammes Raumstation und bemannte Raumfahrt“. Parallel zu den Fördermaßnahmen des DLR fördert die Max-Planck-Gesellschaft in Eigenleistung seit Dezember 2013 die Miniaturisierung des ICARUS Funkchips in Höhe von ca. 1,7 Millionen Euro. Für die Entwicklung der für das Projekt notwendigen Technologien stehen für die kommenden Jahre Fördermittel in Höhe von ca. 19 Millionen Euro zur Verfügung. Hauptauftragnehmer des Max-Planck-Instituts für Ornithologie und technischer Projektleiter ist die SpaceTech GmbH, Immenstaad, Bodensee, die eine hohe Kompetenz auf dem Gebiet der Raumfahrttechnologie besitzt.
Das ICARUS-Experimentalsystem wird voraussichtlich im Frühjahr 2016 auf dem russischen Service-Modul der Internationalen Raumstation ISS installiert. Die Wissenschaftler versprechen sich durch die aus ICARUS generierten Daten revolutionäre Erkenntnisse über Leben, Verhalten, vitale Funktionen und das Sterben der Tiere auf unserem Planeten. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit wird auf russischer Seite von Grigori Tertitski geleitet, der als Biologe am Institut für Geographie der Russischen Akademie der Wissenschaften 16 Großprojekte von russischen Ökologen koordiniert, die ab 2016 die ICARUS Technologie einsetzen. Die global gesammelten Daten erlauben u.a. Rückschlüsse auf Krankheitsverbreitungen (Zoonosen), Erkenntnisse zum Klimawandel und zur Katastrophenvorhersage. „Die zu erwartenden Forschungsergebnisse sind zweifelsfrei von unschätzbarer Bedeutung für die Menschheit und letztendlich für unser Leben auf der Erde“, betont Martin Wikelski.
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. (idw)