Bayreuther Legierung bringt den Mega-Airbus in die Luft
Archivmeldung vom 04.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn sich der neue Mega Airbus A 380 in die Lüfte erhebt, dann ist auch Bayreuther Know-How beteiligt. Genau genommen geht es um die Legierung LEK94 ("Leichte Einkristall-Legierung"), die in den Turbinenschaufeln verwendet wird und mit deren Entwicklung bereits 1994 begonnen wurde.
Inhaber des Patentes dieser Legierung für USA, Canada, Japan und Europa sind
Prof. Dr.-Ing. Uwe Glatzel (Lehrstuhl Metallische Werkstoffe), seine frühere
Mitarbeiterin Dr.-Ing. Silke Wöllmer sowie Dr.-Ing. Thomas Mack und Dr.-Ing.
Jürgen Wortmann von MTU Aero Engines in München. Die MTU liefert ca.
¼ der Komponenten für das Triebwerk vom Typ GP7000, welches in einer
Allianz von den beiden US-Konzernen General Electric und Pratt & Whitney
erstellt wird.
Nach Durchlaufen des Zulassungsverfahrens kommt dieser neue
Werkstoff bei der ansonst sehr konservativen Turbinenindustrie nach einer
Entwicklungs- und Erprobungszeit von nur 12 Jahren in rekordverdächtiger Zeit
zum Einsatz.
Verwendet wird der Werkstoff für Turbinenschaufeln, die mit bis
zu 14.000 Umdrehungen pro Minute bei Temperaturen bis zu 1100°C eingesetzt
werden. Dabei entstehen allein durch das Eigengewicht der Schaufel und die damit
verbundenen Fliehkräfte sehr hohe Spannungen im Material. Diese führen dazu,
dass die Schaufel im Laufe der Zeit geringfügig länger wird. Bei der neuen
Legierung wurde die Dichte des Werkstoffs abgesenkt, wobei die
Hochtemperatureigenschaften auf ihrem sehr hohen Niveau beibehalten wurden. Dies
wurde ermöglicht, indem ein optimaler Anteil der Elemente Wolfram (W) und
Rhenium (Re) verwendet wird. Beide Elemente wirken sich bei Anteilen von jeweils
2-3% günstig auf die Hochtemperatureigenschaften aus, erhöhen jedoch deutlich
die Dichte des Materials und damit das Gewicht der Bauteile.
Durch die
verringerte Dichte des Werkstoffs LEK94 verringern sich die auf den Schaufelfuß
wirkenden Fliehkräfte. Somit ermöglicht der optimierte Werkstoff LEK94 eine
Reduktion des Gewichtes der Turbinenschaufel im Vergleich zu den bisher
verwendeten Werkstoffen um immerhin 7%. Da die Lebensdauer exponential von der
Dichte abhängt, bedeutet dies eine Steigerung der Lebensdauer um mehr als
30%.
Durch diese und viele weitere Maßnahmen ist das neue GP7000 Triebwerk
leiser, günstiger im Kraftstoffverbrauch und etwa 1.000 kg leichter als die
bisher verwendeten Triebwerke. In der zivilen Luftfahrt wird, anders als beim
Automobil, das Flugzeug in der Regel ohne Triebwerke gekauft. Somit kommen zu
den eigentlichen Kosten für das Flugzeug mit ca. 300 Mio. € nochmals ca. 60 Mio.
€ für vier Triebwerke hinzu. Für den Airbus stehen zwei Triebwerke im
Wettbewerb, das hier erwähnte GP7000 Triebwerk und das Trent 900 Triebwerk von
RollsRoyce. Bei den bisherigen Bestellungen hat das GP7000 Triebwerken mit 60%
der Bestellungen leicht die Nase vorn.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.