Hat die Sonne eine „Schwester“, die den Tod bringt?
Archivmeldung vom 02.09.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.09.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Sonne könnte eine unsichtbare „Schwester“ haben, mit der sie ein doppeltes Sonnensystem bildet. Nach Ansicht von Wissenschaftlern ist dieser Stern ein Brauner Zwerg und steht in Verbindung mit dem periodischen Aussterben irdischer Arten, berichtet Boris Pawlischtschew bei Radio "Stimme Russlands".
In dem Beitrag heißt es weiter: "Die Geschichte mit dem hypothetischen Stern begann 1984. Damals hatten David Raup und Jack Sepkoski, Pantäologen aus Chicago, eine Arbeit veröffentlicht, in der sie behaupteten, alle 26 Millionen Jahre würde ein massenhaftes Aussterben von irdischen Organismen geschehen. Zu diesem Schluss kamen sie auf Basis der Analyse von Fossilresten von Meeresorganismen aus 250 Millionen Jahren. Die Wissenschaftler nahmen an, man müsse den Grund für diesen Zyklus nicht auf der Erde suchen. Zur Lösung des Rätsels wurden Astronomen hinzugezogen.
Schon bald erschienen Publikationen mit Erklärungen, die Sonne sei ein Doppelstern. Die zweite und leichtere Komponente dieses Paares, die Nemesis genannt wurde, sei ein Brauner Zwerg. Nemesis bewegt sich auf einer gestreckten Umlaufbahn, die sich 1,5 Lichtjahre von der Sonne wegbewegt. Wenn er sich einmal in 26 Millionen Jahren annähert, tritt der Zwerg in die Oortsche Wolke ein – eine gigantische Kugel aus Billionen von Eiskörpern um das Sonnensystem. Wegen Gravitationsstörungen treten massenhaft Körper aus der Wolke aus und stürzen in Form von Kometen auf die Erde und andere Planeten. Diese starken periodischen „Bombardierungen“ der Erde führen denn auch zum Aussterben von Organismen.
Man begann, überall nach Nemesis zu suchen, sogar im Sonnensystem selbst. Obwohl sie dort gar nicht sein kann, wie Astrophysik-Professor Michail Saschin von der Moskauer Universität erklärt.
"Wir haben die sogenannten Ephemeriden, also Tabellen, die die Positionen und die Geschwindigkeit der Planeten im Sonnensystem enthalten. Wenn wir einen zusätzlichen Körper einbringen würden, würde das anhand der Ephemeriden bemerkbar sein."
Der Braune Zwerg strahlt nicht, man kann ihn nur mit Infrarot-Sensoren aufgrund des geringen Temperaturunterschiedes mit dem Kosmos-Hintergrund entdecken. Versuche, Infrarot-Teleskope anzuwenden, ergaben nichts. 2012 hat die Nasa die vollständigste Himmeldurchmusterung veröffentlicht, die vom Teleskop WISE erstellt wurde. In die Übersicht gingen auch neu entdeckte Braune Zwerge im Radius von 20 Lichtjahren von der Sonne entfernt ein. Ihre Parameter stimmten nicht mit Nemesis überein.
Unlängst wurden neue Beweise dafür gefunden, dass das massenhafte Aussterben von irdischen Arten tatsächlich in ein und derselben Periodizität stattgefunden hat. Aber nicht jede 26, sondern 27 Millionen Jahre. Die Anhänger der Hypothese vom „Todesstern“ haben also wieder Mut geschöpft. Neben den „Paläo-Argumenten“ verweisen sie auch auf andere: Seltsamkeiten in der Bewegung des Pluton und der weiter entfernten Körper Haumea, Makemake und Eris. Wie behauptet wird, neigen sich deren Umlaufbahnen wegen der Einwirkung von Nemesis stark zur Umdrehungsfläche der anderen Planeten. Dmitri Wibe, führender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Astronomie bei der Akademie der Wissenschaften, ist mit dieser Schlussfolgerung nicht einverstanden.
"Die Einwirkung könnte einmalig gewesen sein. Schon vor langer Zeit könnte das Sonnensystem nicht in ein doppeltes oder dreifaches System, sondern in einen Sternhaufen eingetreten sein, einer reichen Sterngruppierung, in der sich die Sterne oft einander angenähert haben. Dann ist dieser Haufen zerbrochen, und seine Sterne haben ihre Bewegung durch die Galaxis allein fortgesetzt. Einer dieser einsamen Sterne, die aus dem Haufen geworfen wurden, ist die Sonne."
Auch die periodischen Kometenströme kann man nicht nur mit Nemesis erklären, sondern zum Beispiel damit, dass das Sonnensystem zuweilen die Fläche unserer Galaxis kreuzt und solche Übergänge Unordnung in der Oortschen Wolke auslösen.
Aber bis heute hat niemand bewiesen, dass es keinen „Todesstern“ gibt und geben kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Nemesis in künftigen Himmeldurchmusterungen „auftaucht“, die von sensibleren Teleskopen neuerer Generationen erstellt werden."
Quelle: Text Boris Pawlischtschew - „Stimme Russlands"