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Mit dem Lichtecho wird Unsichtbares sichtbar

Archivmeldung vom 17.06.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.06.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Nutzt Streulicht, um damit um die Ecke zu sehen: Prof. Dr.-Ing. Matthias Hullin vom Institut für Inf
Quelle: Foto: Hullin (idw)
Nutzt Streulicht, um damit um die Ecke zu sehen: Prof. Dr.-Ing. Matthias Hullin vom Institut für Inf Quelle: Foto: Hullin (idw)

Wissenschaftler der Universität Bonn und der University of British Columbia (Vancouver, Kanada) haben ein neuartiges Kamerasystem entwickelt, das ohne Spiegel um die Ecke sehen kann. Aus diffus reflektiertem Licht rekonstruiert es die Form von Objekten, die sich außerhalb des Blickfelds befinden. Die Forscher berichten bei der internationalen Konferenz für maschinelles Sehen und Mustererkennung (CVPR) vom 24. bis 27. Juni in Columbus (Ohio/USA) über ihre Ergebnisse.

Ein Laser leuchtet an die Wand; eine Kamera schaut dabei zu. Durch das Kameraobjektiv ist nichts weiter zu sehen als weiße Raufasertapete mit einem hellen Lichtfleck darauf. Ein Rechner nimmt diese zunächst unspektakulären Bilder auf und verarbeitet sie weiter, und allmählich zeichnen sich auf dem Bildschirm die Umrisse eines Gegenstands ab. Doch dieser Gegenstand befindet sich hinter einer Trennwand, und die Kamera kann ihn unmöglich so gesehen haben – offenbar haben wir also gerade um die Ecke geschaut. Ein Zaubertrick? „Nein“, sagt Prof. Dr.-Ing. Matthias B. Hullin vom Institut für Informatik II der Universität Bonn. „Es handelt sich um eine echte Rekonstruktion aus diffus gestreutem Licht. Unsere Kamera kombiniert mit einem mathematischen Verfahren versetzt uns gewissermaßen in die Lage, diese Wand in einen Spiegel zu verwandeln.“

Das Streulicht dient als Informationsquelle

Als die entscheidende Informationsquelle dient das Streulicht, das der Laserpunkt von der Wand aussendet. Auf Umwegen fällt dieses Licht wieder auf die Wand und schließlich in die Kamera. „Wir nehmen eine Art Lichtecho auf, also zeitaufgelöste Daten, aus denen wir das Objekt rekonstruieren können“, führt der Bonner Informatiker aus. „Ein Teil des Lichts ist auch mit dem unbekannten Gegenstand in Berührung gekommen und bringt so wertvolle Information über dessen Form und Aussehen mit.“ Um solche Echos messen zu können, bedarf es eines speziellen Kamerasystems, das Prof. Hullin zusammen mit seinen Kollegen an der University of British Columbia (Vancouver, Kanada) entwickelt und nach seinem Wechsel nach Bonn weiter verfeinert hat. Es zeichnet, anders als gewöhnliche Kameras, nicht nur die Richtung auf, aus der das Licht kommt, sondern auch, wie lange es von der Lichtquelle bis zur Kamera gebraucht hat.

Der technische Aufwand hierfür ist vergleichsweise gering – entsprechende Bildsensoren sind längst auf dem Massenmarkt angekommen. Man findet sie vor allem in Tiefenbildkameras, wie sie etwa zur Steuerung von Videospielen oder für Abstandsmessungen im Automobilbereich verwendet werden. Die eigentliche Herausforderung ist, solchen Laufzeitmessungen die gewünschte Information zu entlocken. Hullin vergleicht die Situation mit einem Raum, der so stark nachhallt, dass man sich nicht mehr mit seinem Gegenüber unterhalten kann: „Im Grunde messen wir nichts anderes als die Summe zahlreicher Lichtreflexionen, die auf verschiedensten Wegen in die Kamera gelangt sind und sich dort überlagern.“

Dieses Problem ist als Multipfad-Interferenz bekannt und bereitet Ingenieuren seit Langem Kopfzerbrechen. In der Regel wird versucht, die unerwünschte Multipfad-Streuung zu entfernen und lediglich den direkten Anteil des Signals zu verwenden. Basierend auf einem ausgeklügelten mathematischen Modell entwickelten Hullin und seine Kollegen hingegen ein Verfahren, das die gewünschten Informationen ausschließlich aus dem Störanteil des Signals gewinnen kann. Da dieser auch von Gegenständen herrührt, die sich überhaupt nicht im Blickfeld befinden, können die Forscher so quasi Unsichtbares sichtbar machen.

Minimaler technischer Aufwand und intelligente Programmierung

„Die Genauigkeit unseres Verfahrens hat natürlich ihre Grenzen“, sagt Prof. Hullin – noch beschränken sich die Ergebnisse auf grobe Umrisse. Der Forscher geht allerdings davon aus, dass aufgrund der rasanten Entwicklung technischer Bauteile und mathematischer Methoden bald eine noch höhere Auflösung erreicht werden kann. Zusammen mit seinen Kollegen wird er das Verfahren bei der internationalen Konferenz für maschinelles Sehen und Mustererkennung (CVPR) vom 24. bis 27. Juni in Columbus (Ohio/USA) vorstellen. Das Interesse an der neuen Technologie ist groß – Hullin hofft, dass sich ähnliche Ansätze auch etwa in der Telekommunikation, der Fernerkundung und der medizinischen Bildgebung verwenden lassen.

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (idw)

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