Quantitative Fluoreszenzmikroskopie per Knopfdruck
Archivmeldung vom 26.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWissenschaftler aus Göttingen entwickeln neue Methoden zur quantitativen Analyse molekularer Prozesse. Moleküle sind die Grundbausteine jeden Lebens. Um zu verstehen, wie die Prozesse des Lebens funktionieren - wie zum Beispiel Nervenzellen Informationen kodieren und weiterleiten - ist die Analyse der molekularen Grundlagen solcher Vorgänge unerlässlich.
Seit etwa zwei Jahrzehnten nutzen Wissenschaftler so genannte "Imaging Technologien", um mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen im lebenden Gewebe molekulare Prozesse sichtbar zu machen und zu beobachten. Mit Farbstoffen, die Kalzium binden, lässt sich zum Beispiel beobachten, dass
die Konzentration von Kalziumionen in einer Nervenzelle ansteigt, wenn sie einen
Impuls sendet. Am besten werden solche Experimente heute in Gewebsschnitten
durchgeführt. Hier waren aber bisher genaue quantitative Aussagen nicht möglich.
Mit Hilfe computergestützter Methoden ist es Prof. Dr. Dr. Detlev Schild und
seinem Mitarbeiter Tsai-Wen Chen nun gelungen, molekulare Prozesse im lebenden
Gewebe genau zu quantifizieren. Die Arbeit wird in der Aprilausgabe der
renommierten Zeitschrift "Biophysical Journal" publiziert. Professor Schild ist
Direktor der Abteilung Neurophysiologie und zelluläre Biophysik am Bereich
Humanmedizin der Universität Göttingen, Bereich Humanmedizin. Er forscht am DFG
- Forschungszentrum "Molekularphysiologie des Gehirns (CMPB)" sowie am Bernstein
Center for Computational Neuroscience. Tsai-Wen Chen ist PhD - Student des
Göttinger internationalen Studiengangs Neuroscience und promoviert in Schilds
Arbeitsgruppe.
Ein großes Problem bei der Ermittlung quantitativer Daten
aus Fluoreszenzfärbungen bereitet die so genannte Hintergrundfärbung.
Fluoreszenzfarbstoff, der unspezifisch am Gewebe bindet, oder Reflexionen in der
Optik können dazu beitragen, dass auch dort ein Fluoreszenzsignal gemessen wird,
wo die zu untersuchenden Moleküle gar nicht vorhanden sind. Zusätzlich wird die
quantitative Bestimmung des Signals durch "Rauschen" gestört. Ursache für das
"Rauschen" sind Unregelmäßigkeiten im Fluoreszenzsignal und im Verstärker.
Gemeinhin versuchen Wissenschaftler das Hintergrundsignal abzuschätzen, indem
sie die Fluoreszenz in einem Bereich des Gewebes messen, der aufgrund
theoretischer Überlegungen kein spezifisches Signal haben dürfte. Diese Methode
ist aber nicht nur mühsam, sie ist auch recht ungenau.
Prof. Schild und
sein Mitarbeiter Chen suchten daher einen anderen Weg zur Hintergrundbestimmung,
der nicht von Messungen in benachbarten Regionen abhängig ist. Sie nutzten diese
Methode, um die Veränderung der Kalziumionenkonzentration in Nervenzellen genau
zu bestimmen. Die Kalziumionenkonzentration, und damit das spezifische Signal,
verändern sich mit der Aktivität der Zelle, das Hintergrundsignal hingegen
nicht. "Diese Zeitinformation in den Fluoreszenzen haben wir genutzt, um dadurch
den Hintergrund herauszurechnen", erläutert Schild.
Gemessen wird die
Fluoreszenz an verschiedenen Punkten in einer "region of interest" (ROI), dem
Bereich einer Zelle oder eines Gewebes, dessen Kalziumhaushalt der Forscher
ermitteln möchte. Die genauen Werte sind an den verschiedenen Messpunkten in der
ROI in der Regel unterschiedlich, weil das Mikroskop ein zweidimensionales Bild
einer dreidimensionalen Struktur liefert. Diese Unterschiede werden von der
neuen Methode ausgenutzt.
"Im Gegensatz zu den absoluten Werten ist aber
die Dynamik, mit der sich das spezifische Signal an unterschiedlichen
Messpunkten verändert, gleich. Die ROI muss aufgrund theoretischer Überlegungen
so gewählt sein, dass diese Voraussetzung gegeben ist", erklärt Schilds
Mitarbeiter Chen. So ließe sich dann anhand der zeitlichen Veränderung der
Fluoreszenz an verschiedenen Messpunkten sowohl das Hintergrundsignal als auch
das Rauschen herausrechnen.
"Die Methode wird eine breite Anwendung
finden", ist Prof. Schild uberzeugt. "Um eine genaue Vorstellung davon zu
gewinnen, wie eine Zelle Signale interpretiert oder mit welchen Mechanismen
Zellen miteinander kommunizieren, ist die Quantifizierung molekularer Daten
unerlässlich. Mit der Methode, die Chen und Schild entwickelt haben, lassen sich
quantitative Daten nicht nur sehr genau, sondern auch sehr schnell bestimmen.
Mikroskophersteller können unsere Methode nun so in ihre Software einbauen, dass
der Hintergrund automatisch per Knopfdruck abgezogen wird", so Schild.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.