Vulkane und Nanotechnologie
Archivmeldung vom 10.02.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSeit ihrer Entdeckung Anfang der 1990er Jahre sind Kohlenstoffnanoröhrchen und Kohlenstoffnanofasern - winzigste Gebilde aus reinem Kohlenstoff - dabei, eine ganze Reihe von Anwendungsgebieten zu erobern. Aus Nanowissenschaften und Nanotechnologie sind sie schon nicht mehr wegzudenken. Da es aber noch an einer kostengünstigen Herstellmethode im Produktionsmaßstab fehlt, war ihr großtechnischer Einsatz, beispielsweise als Katalysatoren, bisher undenkbar.
Das könnte sich dank Forschern des Fritz-Haber-Instituts in Berlin nun ändern:
Dang Sheng Su und seine Mitarbeiter setzen Lavagestein aus dem Ätna ein, um
Kohlenstoffnanoröhrchen und -fasern direkt über eine Abscheidung aus der
Gasphase zu synthetisieren. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie
erklären, sind es die in der Lava enthaltenen Eisenoxid-Partikel, die dieses
Gestein zu einem effektiven natürlichen Katalysator machen und so den Weg zu
einer effizienten Produktion ebnen könnten.
Der Ätna ist der aktivste
europäische Vulkan. Während seiner besonders heftigen Eruptionen 2002 und 2003
wurden mehrere Millionen Kubikmeter Lava ausgestoßen. Die Fruchtbarkeit der
mineralstoffreichen vulkanischen Böden ist lange bekannt, für die Wissenschaft
wollen Su und seine Kollegen dem Lavagestein nun eine weitere, ganz andere Art
"Fruchtbarkeit" entlocken: Es könnte bei der Synthese von
Kohlenstoffnanoröhrchen und -fasern erstaunlich hilfreich sein.
Lavagestein ist extrem porös und enthält eine recht große Mengen fein
verteilter Eisenoxide. Das ist genau das Richtige für die Synthese der winzigen
Gebilde aus Kohlenstoff. Die Forscher pulverisierten das Gestein und erhitzen es
bei 700 °C unter Wasserstoffatmosphäre. Die Eisenoxidpartikel werden dadurch zu
elementarem Eisen reduziert. Wird nun eine Mischung aus den Gasen Wasserstoff
und Ethylen über das Pulver geleitet, katalysieren die Eisenpartikel die
Zersetzung von Ethylen zu elementarem Kohlenstoff. In Form von winzigen Röhrchen
und Fasern scheidet er sich an dem Lavagestein ab. Vorteile der neuen Methode:
Der Katalysator kommt in großen Mengen in der Natur vor und ist daher
erschwinglich. Das katalytisch wirkende Eisen muss auf keinen Träger aufgebracht
werden, das Lavagestein ist bereits Katalysator und Träger in einem. Das
Verfahren kommt zudem ohne "nasschemische" Schritte aus.
Interessant ist
aber noch ein ganz anderer, erdgeschichtlicher Aspekt: Wenn eine
Kohlenstoffquelle vorhanden ist, können Kohlenstoffnanoröhrchen und -fasern bei
relativ moderaten Temperaturen an Mineralien gebildet werden. Vulkane stoßen
Gase wie Methan und Wasserstoff aus. Konnten sich auf der Erde also bereits vor
Millionen von Jahren diese Kohlenstoffmodifikationen bilden? Auch im
interstellaren Raum sind Wasserstoff, Kohlenoxide und metallisches Eisen
vorhanden - Voraussetzungen für die Entstehung der kleinen Röhrchen und Fasern.
Kommen sie vielleicht auch im Weltraum vor?
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.