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Photon trifft Molekül

Archivmeldung vom 29.02.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.02.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Das Experiment aus der Perspektive eines Künstlers: Ein Molekül sendet einen Strom von einzelnen Photonen zu einem zweiten, weit entfernten Molekül
Quelle: Bild: Robert Lettow (idw)
Das Experiment aus der Perspektive eines Künstlers: Ein Molekül sendet einen Strom von einzelnen Photonen zu einem zweiten, weit entfernten Molekül Quelle: Bild: Robert Lettow (idw)

Einem Forschungsteam der ETH Zürich und des Max Planck Instituts Erlangen ist es erstmals gelungen, die Wechselwirkung von einem einzigen Lichtpartikel mit einem Einzelmolekül zu beobachten. Damit legen sie die Grundlage für Anwendungen in der Kommunikation mit Quanten oder für optische Rechner

Radiohören ist selbstverständlich geworden: Ein Sender strahlt über Radiowellen Informationen aus, die der Hörer zu Hause mit seinem Radio empfängt, wenn er die richtige Frequenz eingestellt hat. ETH-Physiker haben nun dieses Modell in die Welt der Quanten transferiert. In dem an der ETH realisierten Experiment haben Forscher um Vahid Sandoghdar, vormals Professor für Physikalische Chemie der ETH Zürich, und sein Postdoc Yves Rezus nachgewiesen, wie ein Einzelmolekül einzelne Photonen direkt absorbiert. Das Resultat des Experiments ist soeben in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht worden.

Die Wissenschaftler haben es geschafft, von einem Molekül aus einen Strom einzelner Photonen zu erzeugen und abzusenden. Als Empfänger der Lichtpartikel diente ein mehrere Meter von der Sendestation entferntes Einzelmolekül. Damit konnten die Forscher ein lang erdachtes Gedankenexperiment, nämlich die Wechselwirkung von Licht und Materie, der Physik umsetzen.

Gezielte Anregung illusorisch

In den vergangenen zwanzig Jahren haben verschiedene Wissenschaftler gezeigt, dass sie Einzelmoleküle detektieren oder Photonen kontrolliert erzeugen können. Die gezielte Anregung eines Moleküls durch einzelne Photonen war aber bisher nicht machbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Molekül ein Photon tatsächlich «sieht» und absorbiert, ist nämlich sehr klein. In bisherigen Experimenten haben die Forscher deshalb pro Sekunde Tausende Milliarden von Photonen auf ein Molekül gerichtet, um überhaupt ein Signal von diesem zu empfangen.

Eine der vielen Schwierigkeiten, die das Team auf dem Weg zu diesem Experiment überwinden konnten, ist die Realisierung einer geeigneten Einzelphotonenquelle mit der richtigen Frequenz und Bandbreite. Da es solche nicht kommerziell erhältlich sind, mussten sie erst eine geeignete Quelle bauen. Dabei haben sie ausgenutzt, dass ein Molekül Licht «schlucken» und dadurch Energie aufnehmen kann, also durch die Absorption eines Photons in den angeregten Zustand übergeht. Nach ein paar Nanosekunden zerfällt dieser Zustand wieder, das Molekül geht in den Grundzustand zurück und gibt dabei genau ein Photon ab.

Experiment nahe absolutem Nullpunkt

In ihrem Experiment kühlten die Physiker zwei Proben mit fluoreszierenden Molekülen, die mehrere Meter voneinander entfernt waren, auf etwa -272 °C ab. In jeder Probe identifizierten die Wissenschaftler schliesslich ein einzelnes geeignetes Molekül.

Um einen Strom räumlich getrennter einzelner Photonen zu erzeugen, regten sie das Molekül in der Quellen-Probe mit einem Laser an. Die entstehenden Lichtteilchen wurden aufgesammelt und stark auf das Molekül in der «Ziel»-Probe ausgerichtet. Um zu garantieren, dass das Molekül in dieser Probe das Photon «sieht», mussten die Forscher dafür sorgen, dass die Frequenz des Photons der Übergangsfrequenz des zweiten Moleküls entspricht. Ausserdem mussten sie sicherstellen, dass ein hoher Anteil der Einzelphotonen mit dem Ziel-Molekül interagiert.

Das Problem: Ein Molekül ist nur etwa ein Nanometer gross, also 100'000 Mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Licht kann aber aufgrund von Beugung nur auf einige hundert Nanometer fokussiert werden. Für ein Licht von beliebiger Frequenz bedeutet das, dass der Grossteil der Photonen am Molekül vorbeifliegt, ohne dass das Molekül damit interagiert. Haben die einfallenden Photonen allerdings genau die gleiche Frequenz wie der quantenmechanische Übergang des Moleküls, dann wirkt dieses viel grösser. Das Molekül wirkt wie eine Antenne, die Licht aus ihrer Umgebung einsammelt.

Kommunikation von quantenoptischen Antennen

«Die Resultate sind das erste Beispiel für eine Kommunikation zweier quantenoptischer Antennen über grosse Distanzen», sagt Vahid Sandoghdar, «wenn man so will, ist dieses Experiment eine Analogie zu den von Hertz und Marconi im 19. Jahrhundert durchgeführten Demonstrationen mit Radioantennen.» Die beiden frühen Wissenschaftler verwendeten Dipol-Oszillatoren als Sender- und Empfängerantennen. In dem jetzt durchgeführten Experiment ahmen die zwei Moleküle dieses Szenario bei optischen Frequenzen nach. Hier verbindet allerdings ein Strom von einzelnen Photonen die beiden Antennen.

«Die Ergebnisse ebnen den Weg zu weiteren aufregenden Experimenten, in denen einzelne Photonen als Träger von Quantenformation mit Hilfe von einzelnen Atomen oder Molekülen weiter verarbeitet werden», sagt der frühere ETH-Professor. Die Experimente wurden an der ETH Zürich durchgeführt. Seine Gruppe arbeitet seit 2011 am neugegründete Max Planck Institut für die Physik des Lichts nach Erlangen.

Bis heute ist es eine Herausforderung, in die Welt der Quantenmechanik einzudringen. Dennoch hat die Forschung ein reges Interesse daran, deren Gesetze besser zu verstehen und nutzen zu können, da die Quantenmechanik effizientere und neuartige Möglichkeiten der Informationsverarbeitung verspricht. In dieser Welt agieren Atome und Moleküle als so genannte Quanten-Bits, verbunden durch einzelne Photonen.

Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) (idw)

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