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Orientalische Vorfahren – Genetischer Stammbaum europäischer Zuchthengste entschlüsselt

Archivmeldung vom 01.07.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.07.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Fast alle modernen Hengste stammen väterlicherseits von orientalischen Pferden ab.
Quelle: Spanische Hofreitschule (idw)
Fast alle modernen Hengste stammen väterlicherseits von orientalischen Pferden ab. Quelle: Spanische Hofreitschule (idw)

Das beinahe unverändert vererbte Y-Chromosom ermöglicht die Rekonstruktion der männlichen Abstammungslinie. Beim Pferd ist die Variabilität jedoch so gering, dass väterliche Abstammungen bislang nicht genetisch nachvollziehbar waren. Nun gelang es einem Team der Vetmeduni Vienna erstmals die Verwandtschaftsbeziehungen der Hengstlinien moderner Pferderassen zu entschlüsseln. Die väterlichen Vorfahren fast aller modernen Pferderassen sind lorientalischen Ursprungs. Das Y-Chromosom spiegelt somit den enormen Einfluss der modernen Pferdzucht, die vom starken Einsatz orientalischer Hengststämme geprägt ist, auf die heutigen Pferderassen wider. Die Studie wurde in Current Biology veröffentlicht.

Über geschlechtsspezifisch vererbte Teile des Erbguts lassen sich mütterliche und väterliche Stammbäume erstellen. Bei Stuten wird die Abstammung auf Basis der variablen mitochondrialen DNA schon seit vielen Jahren genetisch erfasst. Diese können die schriftlichen Aufzeichnungen der Stutenlinien in Zuchtbüchern komplementieren.

Weil die Y-Chromosomen europäischer Hengste dagegen nahezu ident sind, war die genetische Bestimmung ihrer Abstammungslinien bisher nicht möglich. Bei Hengsten musste man sich ausschließlich auf die Aufzeichnungen in Zuchtbüchern, sogenannte Pedigreedaten, verlassen. Nun konnte ein Team der Vetmeduni Vienna mit hochauflösenden Sequenzanalysen die männliche Erbfolge der modernen Pferderassen entschlüsseln.

Die drei Gründerhengste des Englischen Vollblutes stammen vom Turkmenischen Pferd ab

Das Team um Barbara Wallner vom Institut für Tierzucht und Genetik analysierte mit Next-Generation Sequencing-Methoden große Bereiche des Y-Chromosoms von über fünfzig Hengsten aus 21 Rassen. Dadurch konnten die Forschenden einen ersten Y-chromosomalen Stammbaum für die Hengste dieser Rassen erstellen. Ihre Analysen zeigten, dass der Stammvater aller untersuchten Zuchthengste weit nach der Domestikation gelebt haben muss.

Die Verbreitung der Y-chromosomalen Linien in 57 modernen Pferderassen zeigte außerdem, dass moderne Hengste, bis auf wenige Zuchten in Nordeuropa, väterlicherseits ausschließlich von orientalischen Tieren abstammen. „Die orientalischen Pferde wurden in den letzten Jahrhunderten vermehrt in der Zucht eingesetzt und damit wurde der Grundstein für die heutigen Pferderassen gelegt. Die importierten orientalischen Tiere haben bestehende männlichen Erbgutlinien offensichtlich komplett verdrängt“, erklärt Wallner. Orientalische Linien können grob gesehen in zwei Gruppen, die Araber und die Turkmenen eingeteilt werden. Die Gründerhengste des Englischen Vollblutes stammen laut der Studie etwa von der zweiten Gruppe ab.

Zuchtstrategien sorgten für geringe Vielfalt

Die geringe genetische Vielfalt des Y-chromosoms europäischer Pferderassen ist damit auf die Zuchtstrategien der letzten drei bis vier Jahrhunderte zurückzuführen. „Die Sequenzierdaten stimmten mit Aufzeichnungen in Zuchtbüchern, die bei manchen Rassen bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen, in den meisten Fällen überein. Mit unserem Verfahren können wir nun männliche Abstammungslinien in der Pferdezucht genetisch belegen und somit die Herkunft der Hengste unabhängig vom Pedigree exakt nachvollziehen“, so Wallner.

Y-chromosomale Studien sollen zukünftig helfen, lückenhafte oder unklare Zuchtangaben nachhaltig zu ergänzen. „Darüber hinaus wird gerade in der Pferdezucht, etwa bei Sportpferden, viel Geld investiert. Eine genetische Bestätigung der Abstammung gibt Züchterinnen und Züchtern eine zusätzliche Absicherung bei diesen Investitionen“, erklärt die Studienleiterin.

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien (idw)

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