La-Ola-Wellen im Fliegenflügel
Archivmeldung vom 27.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBei der frühen Entwicklung eines Organismus spielen sogenannte Gradienten eine wichtige Rolle: Erst wenn die Konzentration bestimmter Signalübertragungsmoleküle (Morphogene) zwischen zwei räumlich definierten Punkten die jeweiligen Schwellenwerte erreicht hat, werden in der Zielzelle die entsprechenden Gene aktiviert.
Gleich einer La-Ola-Welle aus Molekülen bewegt sich der Konzentrationsgradient durch den sich entwickelnden Organismus und kontrolliert auf diese Weise über kurze und weite Distanzen hinweg Wachstum sowie Muster- oder Formbildung. Wissenschaftler an zwei Dresdner Max-Planck-Instituten haben nun Biologie und Physik zusammengebracht und so zeigen können, dass die kinetischen Parameter, die unterschiedliche "zelluläre La-Ola-Wellen" steuern, und auch die Transportmechanismen, die von solchen Morphogenen genutzt werden, grundlegend verschieden sind (Science, 26. Januar 2007).
Die Forscher interessierten sich für zwei Morphogene in der
Fruchtfliege Drosophila melanogaster: Dpp und Wingless. Sie geben der sich
entwickelnden Fliege bei der Bildung des Flügels wichtige Informationen über die
Positionierung des wachsenden Körperteils - über zwei unterschiedlich weit
reichende Gradienten. Schon in vorhergehenden Experimenten hatte das
Forscherteam zeigen können, dass das Protein Sara dafür sorgt, dass die
Rezeptoren, mit deren Hilfe die Zelle die Morphogen-Konzentration bestimmt, bei
der Zellteilung gleichmäßig auf die entstehenden Tochterzellen verteilt werden,
indem es den Dpp-Rezeptor in kleine Bläschen integriert (Science, 17. November
2006). Völlig unklar war jedoch, worauf die unterschiedliche Reichweite der
beiden Gradienten beruht. Die Dresdner Wissenschaftler untersuchten daher vier
kinetische Schlüsselparameter von Dpp und Wingless: die Produktionsrate, den
Diffusionskoeffizienten, die Degradationsrate sowie die sogenannte immobile
Fraktion - und stellten fest, dass die gemessenen Parameter der beiden
Signalmoleküle im Vergleich sehr unterschiedliche Werte
aufwiesen.
Darüber hinaus benötigt Dpp für die Bildung eines Gradienten
einen an Dynamin gekoppelten Transport von einer Zelle zur Nachbarzelle -
Wingless hingegen nicht. Um das herauszufinden, hatten die Forscher eine Technik
eingesetzt, mit der man die Mobilität von Proteinen in einer lebenden Zelle
bestimmen kann: Bei der FRAP-Methode (Fluorescence Recovery After
Photobleaching) werden fluoreszierende Moleküle in einem definierten Bereich
durch einen intensiven Lichtimpuls ausgebleicht. Anschließend wird beobachtet,
wie sich die Fluoreszenz in diesem Bereich durch das Einwandern von
fluoreszenten Molekülen aus den benachbarten Bereichen wiederherstellt. Werden
solche fluoreszenten Moleküle an Proteine gekoppelt, so kann man mit Hilfe der
FRAP-Methode kinetische Parameter dieser Proteine bestimmen: Bei sich schnell
bewegenden Proteinen wandern Proteine aus den Nachbarbereichen nämlich
entsprechend schnell in die gebleichte Region ein - die Fluoreszenz in diesem
Bereich wird somit in kurzer Zeit wiederhergestellt. Ist das nicht der Fall und
die Bewegung eher langsam, dann kann man daraus schließen, dass sich das Molekül
für seine Bewegung offenbar an andere Strukturbausteine in der Zelle anbinden
muss: "Wir konnten sehen, dass Dpp eine an Dynamin gekoppelte Endozytose
braucht, um von Zelle zu Zelle zu kommen, Wingless hingegen nicht", erklärt
Marcos González-Gaitán, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare
Zellbiologie und Genetik und mittlerweile Professor an der Universität
Genf.
Die Ergebnisse entstanden aus einer engen Zusammenarbeit der Forscher am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik mit der Arbeitsgruppe von Frank Jülicher am nahe gelegenen Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme.
Quelle: Pressemitteilung Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.