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Erdbeben als Vorwarnsystem für Vulkane

Archivmeldung vom 08.04.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.04.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Erdbeben, messbare Erschütterungen des Erdkörpers (Symbolbild)
Erdbeben, messbare Erschütterungen des Erdkörpers (Symbolbild)

Foto: Dr.T
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Spektakulär sind Vulkanausbrüche immer, ob ein Ausbruch jedoch für Menschen und naheliegende Siedlungen bedrohlich wird, hängt von der genauen Art der Eruption ab. Manche Ereignisse sind vergleichsweise wenig dramatisch, wenn nämlich heiße dünnflüssige Lava, die wenig Gas und wenig Kristalle enthält, langsam durch Spalten aus dem Erdinneren fließt.

Doch es gibt auch explosive Ausbrüche. Dann schleudert ein Vulkan zähflüssige Lava mit riesigen Gesteinsbrocken unter hohem Druck aus seinem Schlot, meist verbunden mit Glut- und Aschewolken, die kilometerhoch in den Himmel schießen oder die Hänge hinabrasen.

Je explosiver ein Ausbruch ist, umso gefährlicher ist er in der Regel für die Menschen, die Infrastruktur und die Gesellschaft insgesamt, wenn man Klimaauswirkungen zusätzlich berücksichtigt. Daher versuchen Vulkanologen seit Jahrzehnten, den Eruptionsstil vulkanischer Ereignisse vorherzusagen. Nun ist einem internationalen Team unter Beteiligung von LMU-Forschern hier ein großer Fortschritt gelungen. Sie konnten zeigen, dass bestimmte seismische Signale Stunden oder Tage vor einem Ereignis unmittelbar mit der Viskosität des im Vulkanschlot aufsteigenden Magmas korrelieren. Dünnflüssiges Magma löst nämlich beim Aufstieg aus der Magmakammer andere seismische Wellen aus als zähflüssiges Material. "Wir hoffen, damit explosive von weniger gefährlichen Eruptionen unterscheiden zu können", sagt Donald Dingwell, Direktor des Departments für Geo- und Umweltwissenschaften der LMU.

Das internationale Team untersuchte eine Ausbruchsserie des Vulkans Kilauea auf Hawaii aus dem Jahr 2018 mit insgesamt 24 Eruptionen, und zwar geologisch hinsichtlich der chemischen und physikalischen Beschaffenheit des ausgetretenen Magmas wie auch bezüglich der beobachteten Erdbebenwellen. "Jeder Ausbruch", so Dingwell, "hatte ein leicht anderes Muster, der Stil der Eruption änderte sich von explosiv bis eher harmlos."

Diese exakten Analysen, die Arianna Soldati noch als Humboldt-Stipendiatin an der LMU erhoben hatte, konnten amerikanische Wissenschaftler der Carnegie Institution of Science, der University of Hawaii und des United States Geological Survey nun mit ihren eigenen seismischen Felddaten korrelieren. "Diese Verknüpfung zwischen Viskosität des Magmas und Seismizität ist bislang einmalig", sagt Dingwell.

Auf den überraschenden Zusammenhang stießen die Forschenden bei der Auswertung einer bestimmten seismischen Komponente - Wissenschaftler nennen sie "fault plane solution", eine Art Tensor, der die Hauptorientierung einer seismischen Quelle anzeigt. Bis zu einer gewissen Viskosität des Magmas war der Tensor in einer bestimmten Ebene ausgerichtet. Stieg diese weiter an, wurde also das Magma zähflüssiger, verschob sich die Ausrichtung des Tensors schlagartig um 90 Grad. Offenbar gebe es im Magma eine massive Rotation des Spannungsfeldes, die man unmittelbar im Signal sehen könne, so Dingwell. Damit habe man eine völlig neue Möglichkeit, das Gefahrenpotential eines Ausbruchs von außen mit Hilfe eines ausgefeilten seismischen Netzwerks rund um gefährliche Vulkane abschätzen und die Menschen rechtzeitig warnen zu können.

Dingwell will nun in der nächsten Zeit in seinem Labor in München die Situation experimentell nachbauen, um zu verstehen, warum sich die Dynamik im Magma so schlagartig ändern kann. Die genauen chemischen und physikalischen Vorgänge sind für Vulkanologen nämlich immer noch ein Rätsel.

Publikation: D. C. Roman, A. Soldati, D. B. Dingwell, B. F. Houghton und B. R. Shiro: Earthquakes indicated magma viscosity during Kiauea's 2018 eruption Nature, 2021

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München (ots)

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