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Das weiche Bett der Kontinente

Archivmeldung vom 20.01.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Mit dem Transmissionselektronenmikroskop untersucht Mineraloge Langenhorst die Struktur von wasserspeicherndem Orthopyroxen. Foto: Scheere/FSU-Fotozentrum
Mit dem Transmissionselektronenmikroskop untersucht Mineraloge Langenhorst die Struktur von wasserspeicherndem Orthopyroxen. Foto: Scheere/FSU-Fotozentrum

Afrika und Europa rücken näher zusammen, Amerika und Europa driften dagegen immer weiter auseinander. Einige Zentimeter verschieben sich die Kontinentalplatten der Erdkruste innerhalb eines Jahres. Wie Eisschollen auf flüssigem Wasser "schwimmen" die massiven Platten dabei auf einer verhältnismäßig weichen Unterlage, der so genannten Asthenosphäre.

Was die etwa 120 Kilometer dicke Schicht aus Silikaten zu einem so weichen Bett für die Kontinentalplatten macht, erklärt Prof. Dr. Falko Langenhorst von der Friedrich-Schiller-Universität Jena: "Seismische Untersuchungen zeigen, dass die Asthenosphäre zu einem geringen Anteil Schmelze - also Magma - enthält", so der Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine und Angewandte Mineralogie und Leibniz-Preisträger 2007.

Warum das Gestein in der Asthenosphäre anschmilzt, war für Geowissenschaftler bislang ein Rätsel. "An der vorherrschenden Temperatur kann es eigentlich nicht liegen", sagt Prof. Langenhorst. Diese beträgt in der Asthenosphäre "lediglich" etwa 1 600 °C und liegt damit in einem Bereich, in dem die Silikate normalerweise fest sind. Der Jenaer Mineraloge Langenhorst und drei Kollegen aus Tübingen, Bayreuth und Boulder (Colorado, USA) suchten deshalb nach einer anderen Erklärung. In der heute (19. Januar) erscheinenden Ausgabe des renommierten Fachjournals "Science" veröffentlicht das vierköpfige Team nun eine plausible Erklärung für das Vorkommen von Gesteinsschmelzen in der Asthenosphäre.

Wie die Forscher in verschiedenen Experimenten zeigen konnten, beruht das Phänomen auf geringen Gehalten an flüssigem Wasser in der Asthenosphäre. "Freies Wasser erniedrigt die Schmelztemperatur von Silikaten ganz entscheidend", weiß Prof. Langenhorst. Je mehr Wasser vorliegt, um so niedriger die Temperatur, bei der die Silikate flüssig werden und quasi als "Schmiermittel" für die Drift der Kontinentalplatten dienen können.
Als Quelle des freien Wassers machten die Geowissenschaftler das Mineral Orthopyroxen aus. "Dieses Mineral ist ein Hauptbestandteil in Gesteinen der Asthenosphäre und zeigt ein ganz merkwürdiges Verhalten", so Langenhorst. In Gegenwart von Aluminium kann dieses ansonsten trockene Mineral wie ein Schwamm Wasser aufnehmen und in seine Kristallstruktur einbauen. "Mit steigendem Druck in der Tiefe des Erdmantels nimmt seine Aufnahmekapazität für Wasser aber schlagartig ab, während die Aufnahmekapazität der anderen Mantelbestandteile nur leicht zunimmt", erläutert Langenhorst. Nach den Berechnungen der vier Geowissenschaftler wird deshalb eine minimale Aufnahmekapazität für Wasser gerade in rund 100 bis 150 Kilometern Tiefe erreicht. "Und das ist genau die Tiefe, in der die Asthenosphäre liegt", so Langenhorst. Das zuvor eingeschlossene Wasser wird in dieser Tiefe frei und bewirkt so das Anschmelzen der Mantelgesteine.

Für ihre Untersuchungen mussten Langenhorst und seine Kollegen die Bedingungen im Erdmantel in aufwändigen Laborexperimenten simulieren. Denn selbst die tiefsten Bohrlöcher reichen gerade einmal zwölf Kilometer in die Erdkruste hinein, während die Asthenosphäre unter den Ozeanen erst in etwa 60 bis 80 Kilometer Tiefe beginnt.

Mit den jetzt veröffentlichten Daten liefern die Geowissenschaftler jedoch nicht nur eine Antwort auf die Frage, was den Boden unter den Kontinentalplatten der Erde weich und nachgiebig macht. "Unsere Ergebnisse erklären außerdem, warum es nicht auch auf anderen Planeten - etwa dem Mars oder der Venus - so etwas wie Plattentektonik gibt", sagt Prof. Langenhorst. "Schließlich kann sich diese nach unserem Modell nur auf Planeten entwickeln, die in ihrem Mantel flüssiges Wasser aufweisen." Und das gibt es, nach heutigem Erkenntnisstand, allein auf der Erde.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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