Wasserspaltung im Nanobereich beobachtet
Archivmeldung vom 05.03.2020
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtOb als Treibstoff oder Energiespeicher: Wasserstoff wird als Energieträger der Zukunft gehandelt. Wie genau der chemische Prozess der Zersetzung von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff auf molekularer Ebene an einer Katalysator-Oberfläche abläuft, war durch aktuelle Verfahren nur unzureichend beobachtbar. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz haben nun eine neue Methode entwickelt, um solche Prozesse im Nanometerbereich „live“ zu untersuchen. Mithilfe dieser detaillierten Einblicke in die Spaltung von Wasser an Gold-Oberflächen könnte das Design von energieeffizienten Katalysatoren in Zukunft deutlich erleichtert werden.
Es ist ein bekanntes Schulexperiment: Legt man zwischen zwei in Wasser steckenden Elektroden eine Spannung an, entstehen Wasserstoff und Sauerstoff. Für eine industrielle Nutzung dieses Prozesses ist es wichtig, die Wasserspaltung möglichst energieeffizient zu gestalten. Maßgeblich für die Spaltungseffizienz ist neben dem Material der Elektrode auch ihre Oberflächenbeschaffenheit. Vornehmlich raue Stellen mit einer Größe von nur wenigen Nanometern, also millionstel Millimetern - sogenannte reaktive Zentren - verleihen Elektroden ihre besondere elektrochemische Reaktivität.
Bisherige Untersuchungsmethoden waren nicht genau genug, um die an diesen reaktiven Zentren der Elektrodenoberfläche ablaufenden chemischen Reaktionen mit ausreichender Ortsauflösung unter Realbedingungen, d.h. in Elektrolytlösung bei Raumtemperatur sowie unter Anlegung von Spannung, zu verfolgen. Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um Dr. Katrin Domke, unabhängige Boehringer Ingelheim „Plus 3“ Gruppenleiterin am MPI-P, hat hierfür nun eine neue Methode entwickelt, mit der der Prozess der Wasserspaltung an einer Gold-Oberfläche erstmals mit räumlicher Auflösung von unter 10 Nanometern untersucht werden konnte.
„Wir konnten experimentell belegen, dass glatte Oberflächen weniger energieeffizient Wasser spalten, als dies Oberflächen mit Rauigkeiten im Nanometerbereich können“, so Katrin Domke. „Mit unseren Bildern verfolgen wir die katalytische Aktivität der reaktiven Zentren während der ersten Schritte der Wasserspaltung.“
Für ihre Methode kombinierten sie verschiedene Techniken: Bei der Raman-Streuung werden Moleküle mit Licht beleuchtet. Das von diesen zurückgeworfene Lichtspektrum enthält Informationen, die eine Art chemischen Fingerabdruck des Moleküls enthalten – also eine Aussage über die Molekülart erlauben. Raman-Spektroskopie ist jedoch typischerweise eine Technik, die nur sehr schwache und vor allem nicht räumlich aufgelöste Signale erzeugt.
Aus diesem Grund haben die Forscherinnen und Forscher die Raman-Technik mit der Rastertunnelmikroskopie kombiniert: indem sie eine mit Laserlicht beleuchtete, nanometerdünne Goldspitze über die zu untersuchende Oberfläche rastern, wird das Raman-Signal durch eine Art Antenneneffekt direkt an der Spitze um viele Zehnerpotenzen verstärkt. Dadurch wird zum einen das Vermessen von nur einigen wenigen Molekülen ermöglicht. Zum anderen führt die starke Fokussierung des Lichts durch die Spitze zu einer Ortauflösung von unter zehn Nanometern. Die Besonderheit der Apparatur liegt dabei darin, dass sie unter Realbedingungen betrieben werden kann.
„Wir konnten aufzeigen, dass bei der Wasserspaltung an einer solchen rauen Stelle – also einem reaktiven Zentrum - zwei unterschiedliche Gold-Oxide gebildet, welche die wichtigen Zwischenprodukte bei der Trennung des Sauerstoffatoms von den Wasserstoffatomen darstellen könnten“, so Domke. Mit ihren Untersuchungen ist es nun möglich, einen genaueren Einblick in die auf einer Nanometerskala ablaufenden Prozesse an reaktiven Oberflächen zu erhalten und damit in Zukunft effizientere Elektrokatalysatoren zu gestalten, bei denen weniger Energie aufgewendet werden muss, um Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten.
Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der renommierten Zeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.
Quelle: Max-Planck-Institut für Polymerforschung (idw)