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Verlorener Frosch in der vergessenen Welt?

Archivmeldung vom 18.07.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.07.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Allobates amissibilis sp. nov., neu entdeckte mikroendemische Froschart
Allobates amissibilis sp. nov., neu entdeckte mikroendemische Froschart

Foto: M.Hölting & R.Ernst / Senckenberg

Ökotourismus und Artenschutz – kann das funktionieren? Ein Wissenschaftlerteam des Senckenberg Forschungsinstituts Dresden beschäftigte sich im Rahmen einer Studie in den Wäldern Zentralguyanas mit genau dieser Frage und fand dabei zufällig eine bisher unentdeckte Froschart, die es nur dort in einem sehr kleinen Verbreitungsgebiet gibt. Die zugehörige Studie ist im Fachblatt Organisms Diversity and Evolution erschienen.

The Lost World, so der Titel des 1912 erschienen Romans des bekannten britischen Schriftstellers Sir Arthur Conan Doyle, spielt in einer auch heute noch beinahe vergessenen und wenig beachteten Gegend unseres Planeten, dem Guianaschild im nördlichen Südamerika. Die Region beherbergt heute mehr als 25 Prozent des noch verbliebenen globalen Regenwaldbestandes und zählt somit, neben Amazonien, dem Kongo und Papua Neuguinea, zu einem der vier weltweit bedeutendsten großflächigen Regenwaldgebiete.

Das Dresdner Team um die Biologen Dr. Raffael Ernst und Monique Hölting untersucht in einer von der Stiftung Artenschutz und dem Verband Deutscher Zoodirektoren geförderten Studie, ob sich Amphibienschutz und Ökotourismus in den Wäldern Guyanas in Einklang bringen lassen. Die Untersuchungen werden in enger Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen internationalen Organisation Iwokrama International Centre for Rainforest Conservation and Development durchgeführt. Deren Konzept ist es, nachhaltiges Waldmanagement zu testen, welches sowohl Schutz und Erhalt von Biologischer Vielfalt, als auch deren nachhaltige Nutzung zu vereinen sucht. Neben Formen der nachhaltigen Waldwirtschaft werden dabei auch Ökotourismuskonzepte erprobt. So auch im Projektgebiet, Turu Falls, am Fuße der Iwokrama Mountains im sogenannten Iwokrama Forest Zentralguyanas.

Ziel der Studie war es ursprünglich, die Populationen des Hoogmoeds Harlekinfrosch (Atelopus hoogmoedi) zu untersuchen, um herauszufinden, ob diese (morphologisch) sehr variable Froschart durch die geplanten touristischen Aktivitäten beeinflusst werden könnte. Die Ergebnisse sollen mittelfristig in einem nachhaltigen Entwicklungsplan für das Gebiet münden, wobei Atelopus hier die Rolle einer so genannten flagship species zukommen soll, also einer Art, die stellvertretend für den Schutz des gesamten Gebietes steht.

Ein schon so gut wie verlorener Frosch

Während der Feldarbeit zu diesem Projekt fiel den Forschern jedoch ein unscheinbarer, nur daumennagelgroßer, brauner Frosch auf, den sie keiner bekannten Art zuordnen konnten. Wie sich herausstellte, handelte es sich tatsächlich um eine bis dato unbeschriebene Pfeilgiftfroschart, die nun gemeinsam von Dresdner und belgischen Wissenschaftlern erstmals beschrieben werden konnte.

So unscheinbar das Fröschchen erscheint, so einzigartig ist es. Bisher sind lediglich drei Arten der Gattung Allobates aus Guyana bekannt – eine davon, der Kuckucksfrosch Allobates spumaponens Kok & Ernst 2007, wurde vom selben Team bereits im Jahre 2007 neu beschrieben. Außerdem ist der jetzt entdeckte kleine Frosch die dritte bekannte mikroendemische, also nur in dem sehr kleinen Gebiet vorkommende Art der Iwokrama Mountains. Bisher waren nur ein Gecko und eine Blindwühle, ein beinloses Amphib, mit ähnlich eingegrenzter Verbreitung von dort bekannt.

Mikroendemiten gelten aufgrund ihres kleinen Verbreitungsgebiets und dementsprechend oft auch geringen Gesamtbestandes als besonders gefährdet durch Lebensraumveränderungen und Störungen. Es ist daher fraglich, ob die Nutzung des Gebietes als ökotouristisches Reiseziel nicht langfristig zum Verlust einer Art führen kann, die gerade erst neu entdeckt und damit der wissenschaftlichen Untersuchung zugänglich gemacht wurde. Um auf diesen Umstand hinzuweisen, haben die Forscher dem kleinen Lurch den bezeichnenden Namen Allobates amissibilis (lat. der verloren gehen könnte) gegeben. Aber es bleibt zu hoffen, dass nicht zuletzt auch aufgrund der Forschungsarbeiten des Dresdner Teams noch nicht alles verloren ist für die vergessene Welt im Norden Südamerikas.

Schützenswertes Guianaschild

Auch aufgrund der hohen Anzahl endemischer Arten ist die Region eines der wichtigsten Zentren Biologischer Vielfalt in den Neuwelttropen. Entgegen dem globalen Trend lagen die Entwaldungsraten im Guianaschild in der Vergangenheit weit unter denen vergleichbarer tropischer Region. In Folge rasanter wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen nimmt jedoch auch hier der Druck auf die bisher noch verhältnismäßig intakten Waldökosysteme zu. Die Länder des Guianaschildes stehen inzwischen an einem Scheideweg, an dem kritische Entscheidungen über die Vereinbarkeit von Nutzung und Schutz, bzw. Erhalt der verbleibenden Wälder und somit beträchtlicher Teile der Biodiversität dieser Region getroffen werden müssen.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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