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Mit zunehmendem Alter ähneln Affenkinder ihren Eltern

Archivmeldung vom 23.10.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.10.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Cayo Santiago, Puerto Rico: Ein erwachsenes Rhesusaffenweibchen in Gesellschaft eines verwandten Tieres.
Quelle: © Klaus Leipholz / Anja Widdig (idw)
Cayo Santiago, Puerto Rico: Ein erwachsenes Rhesusaffenweibchen in Gesellschaft eines verwandten Tieres. Quelle: © Klaus Leipholz / Anja Widdig (idw)

Wir wir Menschen, so identifizieren auch Tiere nahe Verwandte unter anderem anhand ihres Erscheinungsbildes. Doch nur wenig ist darüber bekannt, in welchem Alter die Ähnlichkeit zwischen den Gesichtern von Eltern und ihren Kindern offensichtlich wird. Forschende vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und der Universität Leipzig stellten Probanden vor die Aufgabe, digitale Abbilder der Gesichter von Rhesusaffen-Jungtieren dem Gesicht eines Elternteils zuzuordnen. Obwohl es diesen gelang, die Gesichter sehr junger Rhesusaffen individuell voneinander zu unterscheiden, konnten sie diese erst in einem Alter kurz vor Eintritt in die Pubertät korrekt einem Elternteil zuordnen.

Der Aussage, dass Familienmitglieder einander vor allem im Gesicht oft ähneln, würden wohl viele von uns zustimmen. In der Tat sind wir Menschen gut darin, Paare von nahen Verwandten unter den Gesichtern unbekannter Erwachsener zu identifizieren. In einem Computerexperiment schenkten Menschen Personen, deren Gesichter subtil manipuliert wurden, um ihren eigenen zu ähneln, eher ihr Vertrauen. Bei freilebenden Tieren kann die Ähnlichkeit von Gesichtern wichtige Konsequenzen in Bezug darauf haben, ob Väter in ihre mutmaßlichen Kinder investieren oder diese diskriminieren. Doch wann werden im Verlauf des Lebens relevante Gesichtsinformationen erkennbar? Dies ist wichtig um aufzuklären, ob ein evolutionärer Druck besteht, die Vaterschaft zu verbergen (um den Entzug von Fürsorge bzw. Kindestötung zu vermeiden, wenn ein Mann wahrnimmt, dass es sich nicht um sein eigenes Kind handelt) oder alternativ die Vaterschaft zu bewerben, um das elterliche Investment zu fördern. Ergebnisse von Studien, die die Gesichter von Neugeborenen untersuchten, waren nicht schlüssig, doch es gibt Hinweise darauf, dass Kinder ungefähr in der Mitte ihrer Kindheit ihren Eltern zugeordnet werden können.

Andere Primaten, wie Makaken und Paviane, stehen vor einem ähnlichen Problem. Da sich sowohl Männchen als auch Weibchen typischerweise während der fruchtbaren Phase des Weibchens mit mehreren Partnern paaren und Männchen im Laufe ihres Lebens zwischen verschiedenen sozialen Gruppen wechseln, sind die Tiere oft mit der Situation konfrontiert, dass sie auf einen unbekannten Artgenossen treffen, der ihr Verwandter sein könnte. Dieses Individuum dann auch als Verwandten zu erkennen, kann evolutionäre Vorteile mit sich bringen, wie zum Beispiel eine bevorzugte Behandlung von Verwandten, die ja gemeinsame Gene teilen, oder eine optimale Partnerwahl, um Inzucht zu vermeiden. Bei mehreren Primatenarten häufen sich Hinweise darauf, dass die Tiere nicht nur mütterliche Verwandte, sondern auch väterliche Verwandte durch Ähnlichkeiten im Erscheinungsbild identifizieren können. Neben visuellen Hinweisen helfen dabei auch Stimme und Geruch. Darüber, wann solche Hinweise erstmals auftreten und erkannt werden können, ist aber praktisch nichts bekannt.

Um diese Frage zu beantworten, zeigten die Autoren einer Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht wurde, Probanden (Forschenden und Tierpflegern), die am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen mit nichtmenschlichen Primaten arbeiten, digitale Bilder der Gesichter von Rhesusaffen, die einer auf Cayo Santiago, Puerto Rico, freilebenden Population angehören. Dieser computerbasierte Ansatz beruht auf bekannten Ähnlichkeiten im visuellen System sowie der Gesichtsverarbeitung von Menschen und Rhesusaffen. Zuvor hatten die Autoren bereits nachgewiesen, dass Menschen unter diesen Bedingungen Ähnlichkeiten zwischen Rhesusaffen-Eltern und ihren Kindern erkennen können – zumindest in den Gesichtern von erwachsenen Tieren.

Die Teilnehmer der Studie, die nun mit unterschiedlich alten Kindergesichtern konfrontiert wurden, konnten nicht identifizieren, welches der beiden Kinder zu einem Elternteil gehörte. Mit zunehmenden Alter der Affenkinder gelang es ihnen jedoch immer besser, die Söhne und Töchter den Zieleltern korrekt zuzuordnen. Aber erst, wenn der Nachwuchs fast die Pubertät erreicht hat, treten die Ähnlichkeiten klar erkennbar zu Tage: wenn Rhesusaffen-Kinder also alt genug sind, um nicht mehr Opfer von Aggression und Kindestötung werden zu können, jedoch vor dem Alter, in dem Informationen über Verwandtschaft nützlich werden, um ihre Partnerwahl zu beeinflussen. "Wir konnten ausschließen, dass menschliche Probanden einzelne Individuen auf dem Bildschirm nicht voneinander unterscheiden können, wenn diese noch sehr jung sind. Im Gegenteil, sie waren dabei sehr gut. Vielmehr scheinen sich spezifische Informationen, die auf Verwandtschaft hindeuten, erst mit steigendem Alter der Tiere auszuprägen", sagt Erstautorin Anahita Kazem vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und der Universität Leipzig. "Man könnte meinen, dass es nicht verwunderlich ist, dass Individuen mit zunehmendem Alter ihren Eltern ähnlicher werden, da Gesichtsmerkmale erblich sein können. Dafür gibt es einige Vorteile. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass fehlende oder (noch) nicht erkennbare Hinweise auf eine Verwandtschaft bei Kleinkindern eine Mehrdeutigkeit erzeugen, die Kinder und Jugendliche vor Diskriminierung durch potenziell nicht verwandte Erwachsene schützt."

Die Ergebnisse der Studie sind der erste Beleg dafür, dass körpereigene visuelle Hinweise auf Verwandtschaft bei Tieren verstärkt nachweisbar werden, wenn sie die Pubertät erreichen. "Unsere Forschung zeigt, dass Hinweise auf Vaterschaft (und Mutterschaft) in den Gesichtern von Rhesusaffen vorhanden sind, und dass die Tiere diese Informationen unter natürlichen Bedingungen spontan wahrnehmen", erklärt die leitende Autorin Anja Widdig vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und der Universität Leipzig. "In zukünftigen Studien möchten wir herausfinden, ob diese visuellen Informationen von den Affen tatsächlich genutzt werden und welche Vorteile es ihnen ganz konkret bringt, verwandte und nicht verwandte Tiere in unterschiedlichen Lebensabschnitten als solche erkennen zu können."

Quelle: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (idw)

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