Warum sich Teheran gefährlich absenkt
Archivmeldung vom 07.12.2018
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtMahdi Motagh und Mahmud Haghshenas Haghighi aus der Sektion Fernerkundung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam berichten im Fachjournal „Remote Sensing of Environment“ über die Absenkungen der Erdoberfläche in der Region Teheran. Sie fanden heraus, dass sich dort zwischen 2003 und 2017 drei Gebiete mit Geschwindigkeiten von teils über 25 Zentimetern pro Jahr insgesamt um mehrere Meter abgesenkt haben. Die Studie zeichnet damit erstmals detailliert und mit präzisen Messungen den zeitlichen Verlauf der Absenkungen in der Region über einen längeren Zeitraum nach.
Der Iran hat ein Wasserproblem. Die Reserven in vielen Grundwasserbecken sind stark erschöpft. Das Land investiert seit etwa vierzig Jahren viel Geld in die Entwicklung der Landwirtschaft und strebt an, bei der Lebensmittelversorgung unabhängig zu sein. Um den erhöhten Wasserbedarf zu decken, werden in erheblichem Maß und staatlich kaum reguliert Grundwasserbecken ausgebeutet.
Zudem hat die Regierung viele Staudämme errichten lassen, um Wasser für bestimmte Zwecke, insbesondere in der Landwirtschaft, zu speichern. Diese schränkten jedoch den natürlichen Zufluss in die Grundwasserbecken in den stromabwärts liegenden Gebieten ein und trugen damit zu Wüstenbildung und zu ernsten Umweltproblemen bei. Dazu gehören die voranschreitende Austrocknung des Urmiasees im Nordwesten des Iran, des zweitgrößten Salzsees der Welt, und häufige Staub- und Sandstürme in den vergangenen Jahren in der Provinz Khuzestan im Südwesten.
In der Region um die Hauptstadt Teheran mit ihren etwa acht Millionen Menschen nahm der Wasserbedarf außerdem durch den Zuzug vieler Einwohner in den letzten vierzig Jahren stark zu. Die Zahl der Brunnen dort stieg von knapp 4000 im Jahr 1968 auf mehr als 32.000 Wasserentnahmestellen im Jahr 2012. Hinzu kommen ausbleibender Regen in Dürreperioden, die es in den letzten Jahren immer häufiger gegeben hat. Das alles führte zu einem starken Rückgang des Grundwasserspiegels – in Teheran beispielsweise um zwölf Meter zwischen 1984 und 2011.
Teile Teherans haben sich um mehrere Meter abgesenkt
Daraus folgt ein weiteres Problem: Der Boden über den Grundwasserbecken senkt sich. Wie groß dieser Effekt ist, berichten Mahdi Motagh und Mahmud Haghshenas Haghighi aus der Sektion Fernerkundung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam in einer Studie im Fachjournal „Remote Sensing of Environment“. In Daten von vier verschiedenen Radarsatelliten-Systemen haben die beiden Forscher die Absenkungen der Erdoberfläche in der Region Teheran vermessen. Sie fanden heraus, dass sich dort zwischen 2003 und 2017 drei Gebiete mit Geschwindigkeiten von teils über 25 Zentimetern pro Jahr insgesamt um mehrere Meter abgesenkt haben. Die Studie zeichnet damit erstmals detailliert und mit präzisen Messungen den zeitlichen Verlauf der Absenkungen in der Region über einen längeren Zeitraum nach.
Spalten im Grund und Risse in Gebäudewänden seien beispielsweise Folgen der Verformungen, sagen Haghshenas Haghighi und Motagh. Sie fanden auch heraus, dass die Grundwasserbecken in bestimmten Bereichen durch die Ausbeutung irreversibel geschädigt wurden. Sie können in Zukunft nicht mehr so viel Wasser speichern wie früher. Wissenschaftlich fundierte Pläne für die Wasserwirtschaft könnten die Situation jedoch entschärfen helfen, sagen die beiden Forscher. „Für eine nachhaltige Entwicklung können Wissenschaft und Forschung die iranischen Verwaltungen und Regierungen dabei unterstützen, ihre Wasserbewirtschaftungspolitik zu überarbeiten“, sagt Motagh.
Echtzeit-Daten für Georisiken
Für ihre Analyse verwendeten Haghshenas Haghighi und Motagh die Radarinterferometrie-Methode InSAR (Interferometric Synthetic Aperture Radar). Mit diesem Messverfahren lässt sich aus von Satelliten aufgezeichneten hochpräzisen Radarsignalen im Mikrowellenbereich ein Abbild der Topografie der Erdoberfläche erstellen. Um Veränderungen der Oberfläche zu dokumentieren, nutzten die Forschenden neun Datensätze der Satellitensysteme Envisat ASAR, ALOS PALSAR, TerraSAR-X und Sentinel-1 aus den Jahren 2003 bis 2017. Sie kombinierten die Datensätze, um die kurz- und langfristigen Reaktionen der Erdoberfläche auf Veränderungen beim Grundwasserniveau zu untersuchen.
Von besonderer Bedeutung waren die Satellitenbilder der Mission Sentinel-1, die seit 2014 alle 24 Tage und seit 2016 alle 12 Tage hochaufgelöste Radarbilder mit einer Kantenlänge von 250 Kilometern aus der Region Teheran liefert. „Dadurch ist es möglich, Georisiken wie etwa Landabsenkungen nahezu in Echtzeit zu analysieren“, sagt Motagh.
Als nächstes wollen die beiden Forscher das untersuchte Gebiet erweitern und die Absenkung des Landes auch außerhalb Teherans mit Sentinel-1 messen. „Solche Daten von Senkungen in großen Gebieten bringen neue Herausforderungen mit sich. Wir entwickeln Softwaretools, um die riesigen Mengen an Radardaten analysieren zu können", sagt Haghshenas Haghighi.
Unterstützt wurde diese Forschung durch den Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft in der Helmholtz-Allianz „Remote Sensing and Earth System Dynamics“.
Quelle: Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ (idw)