Auf dem Weg zur optischen Tarnkappe
Archivmeldung vom 05.12.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMetamaterialien haben vor wenigen Jahren die Welt der Optik revolutioniert. Es handelt sich dabei um Nanostrukturen, meistens aus Gold oder Silber, die in Glas eingebettet werden und viel kleiner als die Wellenlänge des Lichtes sind. Forschern um Prof. Harald Gießen vom 4. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart ist es jetzt gelungen, die weltweit ersten dreidimensio-nalen Metamaterialien für den optischen Wellenlängenbereich herzustellen.
Das Verfahren wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature Materials vom 2. Dezember vorgestellt.
Das Phänomen der Brechung kennen schon Kinder: Hält man einen Stock in einen
Teich, sieht er aus, als wäre er unter Wasser abgeknickt. Der Grund dafür ist
der Brechungsindex des Wassers, der höher ist als der für Luft. Nach diesem
Prinzip funktionieren auch Glaslinsen, aus denen man Brillen, Teleskope und
Objektive für Kameras und Mikroskope bauen kann. Im 20. Jahrhundert wurden die
Möglichkeiten der Optik in diesem Bereich bis an die Grenzen ausgereizt.
Vor
drei Jahren jedoch katapultierte die Entwicklung der ersten Metamaterialien die
Optik in neue Dimensionen. Die oft nur wenige Dutzend Nanometer "großen"
Strukturen führen dazu, dass die Lichtwelle über die Strukturen und die
Zwischenräume mittelt und sich die Nanostruktur wie ein neues, künstliches
Material verhält. Dies hat es Physikern erlaubt, zum ersten Mal Materialien
herzustellen, die einen Brechungsindex haben, der kleiner als Null ist. Hätte
man eine Metamaterial-Flüssigkeit mit einem negativen Brechungsindex, so würde
der in obigem Beispiel beschriebene Stock nicht nur abknicken, sondern sogar
gleichzeitig gespiegelt werden.
Metamaterialien nutzen ein
physikalisches Phänomen aus: Licht ist nämlich eine
elektromagnetische Welle.
Seit 2004 konnte man erstmals die magnetischen Eigenschaften des Lichts
verändern. Der Trick ist ganz einfach: man ordnet die Nanostrukturen in den
Metamaterialien wie kleine Schwingkreise an, die aus Spulen und Kondensatoren
bestehen. Ein solcher Schwingkreis hat zum Beispiel die Form eines "U".
Kombiniert man nun elektrische und magnetische Eigenschaften des Materials
geschickt, so ergibt sich ein negativer Brechungsindex. Zunächst konnten
allerdings nur relativ simple Schichten aus kleinen Metallstrukturen hergestellt
worden. Linsen aus Metamaterialien mit negativem Brechungsindex erfordern jedoch
Volumenmaterialien.
Jetzt ist es im Nanostrukturlabor der Universität
Stuttgart gelungen, die weltweit ersten dreidimensionalen Metamaterialien für
den optischen Wellenlängenbereich herzustellen. Die Stuttgarter Methode ist
geeignet, beliebig dicke und akkurat angeordnete Schichtstapel herzustellen.
Welche Anwendungen sich aus den neuen Metamaterialien ergeben, ist noch nicht
vollständig abzusehen. Vorhergesagt werden perfekte Linsen, die noch bessere
Mikroskope erlauben und das Abbe'sche Beugungslimit durchbrechen. Sogar optische
Tarnkappen, die ganze Gegenstände unsichtbar machen, sollen möglich werden. In
den nächsten drei Jahren werden die Stuttgarter Wissenschaftler die
Möglichkeiten im Verbund mit dem Max Planck Institut für Festkörperforschung und
mit den Universitäten Karlsruhe und Jena weiter erforschen. Das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Arbeiten
bereits.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.