Merlin zauberte bei Hindernisfahrt
Archivmeldung vom 24.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHammelburg war in der vergangenen Woche das Zentrum der europäischen Roboterforschung: Auf dem schwierigen Gelände des Truppenübungsplatzes der Bundeswehr konnten Firmen und Universitäten aus Europa die Fähigkeiten ihrer Roboterfahrzeuge bis an die Grenzen austesten. Die Uni Würzburg sammelte bei der Vorführung ihres Merlin ("Mobiler Experimental-Roboter für Landfahrt und Intelligente Navigation") sehr viele Pluspunkte.
"Als einziges der leichten Fahrzeuge in der Gewichtsklasse unter 20 Kilogramm
kam Merlin sowohl bei dem Test in einer Stadtumgebung als auch im freien Gelände
ins Ziel", so Professor Klaus Schilling, dessen Lehrstuhl für Technische
Informatik Merlin gemeinsam mit den Firmen EADS Deutschland und Steinbeis
Transferzentrum ARS entwickelt hat.
So war beispielsweise im Freigelände
eine sehr schwere Strecke zu bewältigen, die mit schlüpfrigen Steigungen,
lockerem Geröll, umgefallenen Bäumen und Wasserlöchern gespickt war. Ungeplant
kam auch noch ein Gewitter mit Hagel hinzu. Diese mehr für Panzertests
zugeschnittene Strecke zeigte im Wettbewerb die Grenzen der Leistungsfähigkeit
der Fahrzeuge auf. "Selbst tonnenschwere Panzerfahrzeuge der Industrie blieben
in diesem extremen Gelände stecken und mussten aufgeben", berichtet
Schilling.
Unter diesen schwierigen Bedingungen kam aber die ausgefeilte
Sensorik und Regelungssoftware des Merlin voll zur Geltung: Sie bietet dem
Bediener, der den Roboter fernsteuern muss, gute Unterstützung als
Fahr-Assistenzsystem, um auch kompliziertere Aufgaben über größere Distanzen
hinweg zuverlässig durchzuführen. Als "David unter den Goliaths" überstand das
Würzburger Fahrzeug, gesteuert von dem Informatikerteam Daniel Eck, Dieter
Ziegler, Manuel Stahl und Klaus Schilling, alle kritischen Wegabschnitte und kam
sogar fünf Minuten vor der vorgegebenen Zeit auf die Zielgerade.
Doch
kurz zuvor wurde es noch sehr spannend. Dazu Schilling: "Merlin beschleunigte
auf volle Geschwindigkeit, um den steil ansteigenden Hügel zu nehmen, schoss
über die Kuppe und stieß unglücklich direkt auf einen gerade dort im Weg
liegenden Stein, der nicht rechtzeitig erkannt werden konnte. Durch den Aufprall
wurden die Vorderräder in die Luft geschleudert und das Fahrzeug saß auf der
Hinterachse auf. Die auf der Tribüne versammelten Roboterexperten bedauerten
schon, dass nach einer so souveränen Fahrt nun direkt vor der Ziellinie das Pech
zuschlug. Aber Merlin legte den Rückwärtsgang ein, kam sofort wieder auf alle
vier Räder und überquerte nach dieser ungeplanten Showeinlage unter dem Applaus
des Publikums die Ziellinie. So wurde nochmals eindrucksvoll die Robustheit
dieses Fahrzeugs demonstriert."
Von zunächst über 40 gemeldeten Teams
traten schließlich 20 Mannschaften aus acht europäischen Ländern bei dem
Robotertest auf dem Truppenübungsplatz in Hammelburg an. Das schwierige Gelände
forderte seinen Tribut, so dass schließlich nur sechs Teams sowohl den
Testparcours im Dorf als auch im Freigelände bewältigen konnten. Sich in diesem
europäischen Spitzenfeld der Roboterfahrzeuge mit dem kleinen Merlin behauptet
zu haben, war für die Würzburger Informatiker und ihre Partnerfirmen ein großer
Erfolg und gleichzeitig auch Ansporn, den Merlin nun mit weiteren Sensoren und
der Software noch cleverer werden zu lassen.
Bei den Tests in Hammelburg
stand im Mittelpunkt, wie Roboter den Menschen bei gefährlichen Aufgaben zu
unterstützen imstande sind. So können vorausfahrende Roboterfahrzeuge
beispielsweise das Risiko für nachfolgende Feuerwehrleute deutlich reduzieren,
da diese dann durch die Information von den Robotersensoren bereits wissen,
welche Gefahren in der Einsatzumgebung warten.
Die Technologien zur
Fahrassistenz eröffnen aber auch ein breites Anwendungsspektrum für industrielle
Transportroboter, für Roboterfahrzeuge zur Erforschung von Planetenoberflächen
oder für die Erhöhung der Sicherheit bei Rollstühlen für Menschen mit
Behinderungen. "Hier bieten sich spannende wissenschaftliche Aufgaben, damit
Roboter die Menschen bei gefährlichen oder anstrengenden Aufgaben noch besser
unterstützen können", sagt Schilling.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.