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Elektronenfotografie - Filme statt nur Schnappschüsse

Archivmeldung vom 11.07.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.07.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität am Geschwister-Scholl-Platz in der Münchner Maxvorstadt
Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität am Geschwister-Scholl-Platz in der Münchner Maxvorstadt

Foto: Rufus46
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Physiker der Ludwig-Maximilians-Universität und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik entwickeln einen Laseraufbau, der es ermöglicht, Elektronenbewegungen zu filmen.

Elektronen sind flink; so flink, dass es schwer ist, sie zu fotografieren. Das Problem hat man zwar mittlerweile im Griff, doch erhält man bis heute nur einzelne Schnappschüsse von den Elementarteilchen. Wie und wohin sich Elektronen über einen zusammenhängenden Zeitraum orientieren, ist bis heute nicht zu beobachten. Jetzt hat ein Team vom Labor für Attosekundenphysik (LAP) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching in Zusammenarbeit mit Forschern der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Laserkonfiguration entwickelt, mit deren Hilfe es möglich wird, die Bewegungen von Elektronen wie in einem Film zu verfolgen. Dazu haben die Forscher mit einem Hochleistungslaser intensive und stabile Attosekunden-Pulszüge erzeugt, die sich pro Sekunde 78 Millionen Mal wiederholten. Jeder Pulszug besteht dabei aus rund 20 einzelnen Attosekunden-Lichtblitzen. Mit dieser hohen Frequenz lassen sich Elektronen, deren quantenmechanische Zustände sich sehr schnell ändern, effizienter als bisher aufzeichnen. Damit steht die Beobachtung dieser Elementarteilchen vor einer neuen Ära.

Eine besondere Spielart der Fotografie sind Stroboskopaufnahmen von bewegten Objekten. Dabei löst der Fotograf mehrmals einen Blitz aus, während er ein Bild nur einmal belichtet. Der Effekt ist spektakulär: Das Objekt wird in einem einzigen Bild mehrmals abgebildet, während es sich von einem Ort zum anderen bewegt.
In der Ultrakurzzeitphysik schaut man etwas neidisch auf solche konventionellen Stroboskopaufnahmen. Denn hier ist es bislang nur möglich, ultraschnelle Teilchen - etwa Elektronen - in Einzelbildern festzuhalten. Die Einzelbilder werden mithilfe von Lichtblitzen erzeugt, die über Laserpulse produziert werden. Man erhält dabei keinen Ablauf einer kompletten Bewegung, denn die quantenmechanischen Bewegungen von Elektronen sind attosekundenschnell – eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer milliardstel Sekunde - und damit zu flink, um scharfe Schnappschüsse zu erhalten. Auch Elektronenkonfigurationen ändern sich innerhalb von Attosekunden.

Mit einer neuen Technik, die ein Team von Laserphysikern um Professor Ferencz Krausz und Dr. Ioachim Pupeza entwickelt hat, könnte es jetzt möglich werden, die Bewegungen von Quantenteilchen detaillierter und zeitaufgelöst aufzuzeichnen, ähnlich wie bei konventionellen Stroboskopaufnahmen.

Die Physiker haben es geschafft, mit Hilfe eines Hochleistungs-Ytterbium-Faserlasers 78 Millionen Attosekunden-Pulszüge pro Sekunde (78MHz) zu erzeugen. Jeder Pulszug besteht aus etwa 20 einzelnen Attosekunden-Lichtblitzen. Die Laserpulse, aus denen die Attosekunden-Lichtblitze erzeugt wurden, wurden zuerst in einem optischen Resonator - eine Anordnung von Spiegeln, mittels derer Licht möglichst oft hin und her reflektiert wird - kohärent überlagert. Jedes Mal, wenn ein Wellenzug einen bestimmten Spiegel traf, wurde dieser synchron verstärkt, indem man einen weiteren Puls von außen mit seinen Wellen exakt überlagerte. Damit haben die Forscher, die Intensität der rund 50 Femtosekunden langen Laserpulse um das 250fache erhöht und zugleich deren Stabilität verbessert (eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer milliardstel Sekunde).

Im Experiment ließen die Forscher die Laserpulse auf ein Plasma aus Argon-Edelgasatomen treffen. Die Elektronen der Argonatome nahmen die Lichtenergie auf und gaben sie anschließend in Form von Attosekunden-Lichtblitzen wieder ab. Durch eine raffinierte Methode wurden die Pulse aus dem Resonator ausgekoppelt: Die Forscher filterten sie durch ein winziges Loch in einem Spiegel heraus, das gerade so groß war, dass die Ausbreitung der Attosekunden-Lichtblitze kaum gestört wurde.

Auf diese Weise erzeugten die Forscher ebenso so viele Attosekunden-Pulszüge pro Sekunde, wie Laserpulse aus dem Ytterbium-Faserlaser emittiert werden, also 78 Millionen pro Sekunde. Diese Attosekunden-Lichtblitze befinden sich im extremen, ultravioletten Spektrum des Lichts (Wellenlänge zwischen 10 und 100 Nanometer). Zudem bewegen sich die Lichtteilchen in den Blitzen kohärent - also in einem einheitlichen Takt - und verfügen über eine bisher bei solchen Repetitionsraten noch nicht erreichte Energie (100eV).

All diese Faktoren haben das Potential, die Erforschung des Mikrokosmos mit Hilfe von Lichtteilchen (Photonen) zu revolutionieren: Durch die extrem schnelle Datenaufnahme unter stabilen Bedingungen wird es erstmals möglich, den Weg von Elektronen, ähnlich wie bei Stroboskopaufnahmen, zu verfolgen.

Den eingeschlagenen Weg wollen die Wissenschaftler weiterführen, hin zu noch höheren Leistungen der Laserpulse, deren Dauer zudem verkürzt werden soll. Damit sollen dann isolierte Attosekundenblitze statt der Pulszüge erzeugt werden. Desweiteren soll die Energie der Photonen in den aus den Laserpulsen produzierten Attosekunden-Lichtblitzen gesteigert werden bis ins sogenannte Wasserfenster (auf 280 eV). Dies würde erstmals die Mikroskopie von biologischen Proben mit hoher Zeitauflösung, also in Filmen, ermöglichen.

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München

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