Der Mensch als Patent
Archivmeldung vom 21.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGreenpeace und das Gen-ethische Netzwerk e.V. rufen ab heute zum breiten Protest gegen ein Patent auf menschliches Leben auf. Das Europäische Patentamt (EPA) in München wird in den kommenden Monaten über eine Patentanmeldung auf Stammzellen (EP 770125) entscheiden, die zu kommerziellen Zwecken aus menschlichen Embryonen entnommen werden sollen.
Patentinhaber ist die "Wisconsin
Alumni Research Foundation" in den USA, Erfinder ist der
Stammzellforscher James A. Thomson. Das Patent wurde im März 2003 vom
EPA nur eingeschränkt erteilt. Dagegen hatten die Patentinhaber
Beschwerde einlegte. Jetzt muss das höchste Gericht des EPA, die
Große Beschwerdekammer, grundsätzlich entscheiden, ob menschliche
embryonale Stammzellen patentierbar sind.
"Letztlich wollen die Patentinhaber menschliche Embryonen
vermarkten", sagt Christoph Then, Patentexperte von Greenpeace. "Das
Patentamt darf nicht im Alleingang eine Entscheidung über diese
weitreichende ethische Fragen treffen. Patente auf Lebewesen, ihre
Gene und Teile des menschlichen Körpers müssen in Europa verboten
werden. Wir hoffen, dass sich viele Menschen an diesem Protest
beteiligen." Ein Protestschreiben an die Große Beschwerdekammer des
Europäischen Patentamtes finden Interessierte unter
www.greenpeace.de.
Stammzellen sind Körperzellen, die sich noch nicht in alle
spezialisierten Zelltypen entwickelt haben, wie zum Beispiel Leber-
oder Nervenzellen. Beim Gewinn der Stammzellen aus Embryonen werden
diese zerstört. Patente auf Stammzellen geben einen wirtschaftlichen
Anreiz, menschliche Embryonen zu kommerziellen Zwecken zu züchten.
Ein ähnliches, im Februar 2000 von Greenpeace aufgedecktes
Embryo-Patent (EP 695351) der Universität Edinburgh musste das EPA im
Juli 2002 weitgehend widerrufen. Alle Ansprüche auf menschliche
embryonale Stammzellen wurden dabei gestrichen. Über 10.000 Personen
unterstützten damals den Einspruch von Greenpeace. Gegen die
Patent-Einschränkung hatte die Universität Edinburgh Beschwerde
eingelegt. Eine Zulassung des Thomson-Patentes kann bedeuten, dass
auch der Universität die Patentierung von Stammzellen wieder erlaubt
wird. Das EPA würde damit der kommerziellen Verwertung menschlicher
Embryonen den Weg ebnen.
Das Europäische Patentübereinkommen und die Gen-Patent-Richtlinie
der EU verbieten Patente, die gegen die guten Sitten verstoßen
(Artikel 53a). Dazu zählen Patente, bei denen menschliche Embryonen
zu industriellen oder kommerziellen Zwecken verwendet werden. Auch
das Europäische Parlament stellte in einer Resolution vom Oktober
2005 fest, dass Patente auf embryonale Stammzellen in der EU nicht
zugelassen werden dürfen. Andere Rechtsvorschriften ermöglichen
jedoch Patente auf isolierte Teile des menschlichen Körpers.
"Die Rechtslage ist lückenhaft und widersprüchlich", sagt
Christoph Then. "Die Politik lässt dem Patentamt den Spielraum, die
Gesetze auf seine Weise zu interpretieren. Das heißt meist nichts
Gutes, da sich die Behörde durch Gebühren aus den Patenterteilungen
finanziert."
Quelle: Pressemitteilung Greenpeace e.V.