Verminderter Fluglärm durch piezokeramische Fasern
Archivmeldung vom 02.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Geht das denn nicht leiser?", fragen sich die erregten Anwohner, wenn der Rettungshubschrauber lange nach Mitternacht auf dem Klinikdach nebenan landet. Dieser Frage hat sich auch Prof. Klaus Wolf, Inhaber der Professur für Luftfahrzeugtechnik der TU Dresden, seit Jahren verschrieben.
Er untersucht verschiedene Konzepte, wie man die Aerodynamik von Helikopterrotoren durch die aktive Verwindung der Rotorblätter beeinflussen kann. Das käme nicht zuletzt den Fluggästen zugute - bis heute leidet die Akzeptanz von Hubschraubern unter ihrer enormen Lautstärke, die entsteht, weil die Rotoren immer wieder durch die Luftwirbel des vorhergehenden Blattes laufen.
Erste Versuche, die Blätter während der Rotation anzusteuern, so
dass die Strömung beeinflusst und dadurch der Lärm niedriger wird, gibt es
bereits: durch eingebaute Hydraulikzylinder können die Rotorblätter mit Hilfe
von Reglern verstellt werden. Im Rahmen des bundesweiten Forschungsprogramms
"LARS" arbeiten die Dresdner jetzt gemeinsam mit den Firmen Eurocopter und EADS
Innovation Works an einer intelligenteren Lösung: die Rotoren sollen ihre Form
durch eingearbeitete piezokeramische Fasern, die sich durch Anlegen einer
elektrischen Spannung ausdehnen, verändern.
Erste Flugversuche mit einer
Zwischenstufe dieser Entwicklung waren 2005 erfolgreich, aber es gilt noch große
Herausforderungen zu meistern, bis sich das Rotorblatt tatsächlich selbst
verdrehen kann und die piezokeramischen Fasern als Aktuatoren direkt in die
Struktur des Blattes integriert werden können. Die Dresdner Wissenschaftler
betrachteten dafür zuerst nur einen zweidimensionalen Schnitt durch das Blatt
und untersuchten, wie die Aktuatoren am besten eingearbeitet werden können, wenn
die lokale Steifigkeit des Materials erhalten bleiben soll. In einem
Optimierungsalgorithmus simulierten sie verschiedene Konzepte und
Aktuatorverteilungen und untersuchten die tragbarsten Lösungen weiter. Ziel ist
es dabei, Rotoren zu entwickeln, die einerseits die geforderten Luftlasten
aushalten, andererseits aber so weich werden, dass ihre einzelnen Elemente
verwunden werden können. Der Schaum, der die Blätter bisher ausfüllt, muss dafür
veränderlichen Ersatzstrukturen in Faserform weichen, die eine Bewegung der
Blatthinterkante um einige Prozentpunkte nach oben oder unten
ermöglichen.
Größtes Problem dabei bisher: hohe Spannungen von ca. 1.500 V
müssen direkt in die Rotoren übertragen werden. Die aufwändige Regelungstechnik
und die Größe der Spannungswandler machen dieses System jedoch erst in der
übernächsten Generation von Hubschraubern alltagstauglich, schätzt Prof.
Wolf.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.