Wie Handygrößen, Zahlungsmethoden und Wissen unsere Besitzgefühle beeinflussen
Archivmeldung vom 05.03.2019
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBereits im Kleinkindalter entwickeln wir Besitzgefühle. Dabei geht es nicht um rechtlichen Besitz, sondern um psychologischen Besitz, der sich hinter dem Wörtchen „meins“ verbirgt. WU-Professorin Bernadette Kamleitner untersucht, wodurch und wofür wir Besitzgefühle entwickeln und zeigt dabei, wie sich Produkte besser entwickeln, Daten besser sichern und Umweltschutzmaßnahmen besser durchsetzen lassen.
„Wer kennt das nicht: Beim Besuch einer Veranstaltung reservieren wir mithilfe unserer Jacke oder Tasche einen Platz und gehen dann noch kurz raus. Als wir pünktlich zum Start zurückkommen, ist die Jacke zwei Plätze weiter gerutscht und jemand anderer sitzt auf unserem Platz. Psychologisch hat uns jemand ‚unseren‘ Platz weggenommen. Wir fühlen psychologischen Besitz, obwohl der Platz rechtlich dem Veranstalter gehört“, erklärt WU-Professorin Bernadette Kamleitner, Leiterin des Instituts für Marketing und KonsumentInnenforschung. In verschiedensten Studien untersuchte sie, welche Faktoren unser Besitzgefühl beeinflussen und welche Konsequenzen dies hat. Gemeinsam mit ihren Forschungspartnern konnte sie dabei drei zentrale Mechanismen in verschiedenen Kontexten bestätigen: Wahrgenommene Kontrolle, psychologisches Investment sowie Wissen und Vertrautheit.
Was ich nicht kontrollieren kann, ist weniger meins
In Studien mit ihrem Team zeigte Kamleitner, dass Menschen besonders für jene Produkte Besitzgefühl entwickeln, die ergonomisch gut passen. Diese sind nämlich besonders gut kontrollierbar. Beispielsweise zeigte sich, dass psychologischer Besitz für Mobiltelefone besonders hoch war, wenn das Verhältnis zwischen Daumenlänge und Bildschirmgröße ideal war. Das heißt: Menschen mit kurzen Fingern empfanden eher Besitzgefühl, wenn das Handy auch passend klein war. Bei Mobiltelefonen mit großen Displays (und somit erschwerter Kontrollierbarkeit) war das Besitzgefühl niedriger. Genau umgekehrt stellte sich die Situation bei Menschen mit langen Fingern dar. „Wenn wir bei Dingen das Gefühl haben, diese besonders gut kontrollieren zu können – wir diese also richtig ‚im Griff‘ haben, so empfinden wir auch mehr Besitzgefühl. In der Folge passen Menschen auch häufig besser auf diese Dinge auf“, so Kamleitner.
Mehr Investment, mehr Besitz
Ein wesentlicher Aspekt in puncto Besitzgefühl ist auch das psychologische Investment. Je mehr Menschen in etwas investieren oder dafür opfern, umso mehr steigt ihr Besitzgefühl dafür. „Ein Prinzip, das auch in Crowdfunding zum Tragen kommt – Menschen investieren in etwas, entwickeln Besitzgefühl und Verantwortung dafür, fühlen sich verantwortlich und investieren vielleicht wieder“, so die Studienautorin. Die Rolle von psychologischem Investment zeigte sich auch bei einer Studie, die Zahlungsmethoden in den Fokus rückte. Dabei wurde deutlich, dass Menschen, die mit Karte zahlten, weniger Besitzgefühl für das Gekaufte hatten als Menschen, die bar zahlten. Der Grund, so Kamleitner, liege darin, dass Barzahlung die Investition deutlicher und damit fühlbarer macht als Kartenzahlung.
Vertrautheit schafft Besitz
Kamleitner konnte in ihren Studien bestätigen, dass auch das Wissen um und die Vertrautheit mit etwas unser Besitzgefühl beeinflussen. „Je mehr ich über etwas weiß, desto eher wird es meins. In weiterer Folge bedeutet das auch, dass wir nicht nur für Produkte Besitzgefühle hegen können“. Dies konnte die Wissenschaftlerin gemeinsam mit einer Kollegin in einem Experiment belegen. „Wir ließen zwei Gruppen jeweils unterschiedlich schwere Quizze zum Thema Umwelt ausfüllen. Die Gruppe, die das leichtere Quiz ausfüllte und besser abschnitt, hatte nachher das Gefühl mehr über die Umwelt zu wissen und zeigte in weiterer Folge mehr Interesse am Umweltschutz“.
Die Studie wurde mit dem EACR Best Paper Award ausgezeichnet.
Zur Studie: http://epub.wu.ac.at/3843/1/Kamleitner.pdf
Quelle: Wirtschaftsuniversität Wien