Mit einem neuen Fußballroboter in die Zukunft
Archivmeldung vom 30.10.2012
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtInformatiker der Universität Bonn haben einen neuen Roboter entwickelt, dessen Quelltext und Bauplan öffentlich zugänglich ist. Er soll den Einstieg in die Humanoid-Forschung, insbesondere die TeenSize-Klasse des RoboCup, erleichtern. Die Forscher stellten den neuen Roboter kürzlich auf der IROS-Konferenz (International Conference on Intelligent Robots and Systems) in Portugal vor.
Mit seinem weißen Kopf und schwarzen Körper sieht „NimbRo-OP“ fast wie ein Mensch aus. 95 Zentimeter hoch erreicht er immerhin die Größe eines Kleinkindes und zählt damit schon zu den Großen unter den Fußballrobotern. Allerdings ist sein Gewicht von 6,6 Kilogramm deutlich geringer als das eines Kindes – Leichtbaumaterialien machen es möglich. Insgesamt 20 Antriebselemente, die die Computerbefehle in mechanische Bewegungen umwandeln, wurden in ihm verbaut. Deshalb ist „NimbRo-OP“ auch sehr beweglich: Mühelos kickt er einen Fußball und kann sich auch aus der Liegendposition wie ein Mensch aufrichten – denn auch ein Fußballer fällt mal um.
Quelltext und Bauplan des Roboters sind frei zugänglich
„Wir haben uns um ein möglichst einfaches Design bemüht, damit auch andere wissenschaftliche Arbeitsgruppen den Roboter als Grundlage nutzen, modifizieren und eventuell auch reparieren können“, sagt Prof. Dr. Sven Behnke, Leiter der Arbeitsgruppe Autonome Intelligente Systeme der Universität Bonn. Quelltext und Bauplan von „NimbRo-OP“ sind öffentlich zugänglich. Dies soll den Einstieg in die Humanoid-Forschung, insbesondere die TeenSize-Klasse des RoboCups, erleichtern.
Die Bonner Forscher nutzten verschiedene humanoide Roboter als Ideengrundlage für ihre Entwicklung. „Es gibt auch andere sehr interessante Roboter, allerdings sind sie deutlich kleiner als unserer“, sagt Prof. Behnke. „Die Größe ist jedoch wichtig, um bestimmte Aufgaben – etwa beim Roboterfußball – bewältigen zu können.“ Außerdem verfügt „NimbRo-OP“ über eine spezielle Weitwinkelkamera, um den Überblick über das Fußballfeld zu haben, und für die schnelle Reaktion über eine hohe Rechenleistung.
„NimbRo-OP“ soll auch beim RoboCup antreten
Bei dem Roboter, der kürzlich auf der IROS-Konferenz (International Conference on Intelligent Robots and Systems) in Portugal vorgestellt wurde, handelt es sich um einen Prototypen. „NimbRo-OP ist für den Endverbraucher nicht geeignet“, sagt Prof. Behnke. „Die Zielgruppe sind Wissenschaftler, die Roboter auf dieser Hard- und Software basierend programmieren wollen.“ Die Wissenschaftler der Universität Bonn möchten mit dem Roboter auch beim RoboCup antreten.
In der Entwicklung handelt es sich dabei um einen ersten Schritt. „Wir wollen mit dieser Plattform eine Kompatibilität mit anderen Robotern erreichen“, sagt der Informatiker. In den nächsten drei Jahren soll die Entwicklung im Erkenntnistransfer-Projekt „Humanoider TeenSize-Open-Platform Fußballroboter“ mit dem Anwendungspartner igus GmbH Köln weitergehen. „Ziel des Projektes ist, durch einen noch intensiveren Austausch mit anderen Forschergruppen eine Beschleunigung des Fortschritts im Bereich humanoider Roboter zu erzielen“, sagt Prof. Behnke.
Noch sind Roboter den Menschen im Fußball unterlegen
Schachcomputer haben bereits unter Beweis gestellt, dass sie die menschlichen Fähigkeiten übertreffen können. „Aber im Fußball sind Menschen noch deutlich besser als Roboter“, berichtet der Informatiker der Universität Bonn. Die Herausforderungen an Fußballroboter sind groß: Sie müssen den Zustand der Umwelt etwa über Kameras und Neigungssensoren registrieren, das Tor, Gegner und Hindernisse erkennen und unter Einbeziehung der Team-Mitglieder Entscheidungen treffen und umsetzen. „Bis sämtliche Probleme auf diesem Feld gelöst sind, gibt es noch viel zu tun“, sagt Prof. Behnke.
Roboterfußball als Testfeld für künftige Anwendungen im Alltag
Der RoboterCup dient den Wissenschaftlern als ein Experimentierfeld mit komplexen Herausforderungen, denn zweibeinige Roboter können über den Fußball hinaus potenziell in vielen alltagsrelevanten Umgebungen eingesetzt werden. „Sie sind zum Beispiel fähig, für Menschen gemachte Werkzeuge zu nutzen und beispielsweise auch Treppen zu erklimmen und Engstellen zu passieren, die für Rad- oder Kettenroboter unpassierbar sind“, sagt Prof. Behnke. Außerdem können sie für die Kommunikation auch die Mimik, Gestik und Körpersprache der Menschen nutzen.
„Uns geht es darum, das Rad nicht immer wieder neu zu erfinden, sondern mit einer frei zugänglichen Plattform gemeinsam mit anderen Forschern zu Lösungen zu kommen sowie Aufwand und Kosten zu senken“, sagt der Informatiker. Die Arbeitsgruppe um Prof. Behnke ist das weltweit erfolgreichste humanoide Team beim RoboCup, mit elf gewonnenen Einzelwettbewerben wahrscheinlich sogar das insgesamt erfolgreichste RoboCup-Team.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (idw)