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Mit Playstation schneller Krebs erkennen

Archivmeldung vom 25.07.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.07.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mit Algorithmen, die von Wissenschaftlern des DFG-Forschungszentrum MATHEON entwickelt wurden, ist es möglich, mittels eines einzigen Bluttropfens eine eventuelle Krebserkrankung festzustellen. Jetzt ist es Tim Conrad, Mitarbeiter im Projekt, gelungen, die Auswertungszeiten erheblich zu verkürzen. Geholfen hat ihm dabei eine normale Playstation.

Ein Tropfen Blut genügt, um bei Patienten eine eventuelle Krebserkrankung zu diagnostizieren. Mathematiker des Berliner DFG-Forschungszentrums MATHEON beschießen hierzu mit dem Laserstrahl eines Massenspektrometers die Moleküle im Blut, wodurch diese sich lösen und zu fliegen beginnen. Je schwerer die Moleküle sind, umso länger fliegen sie. Hieraus entwickeln die MATHEON-Forscher Tabellen, in denen die Verteilung der Moleküle nach Gewicht und Menge dargestellt sind erstellen. Bei krebserkrankten Patienten können dann bestimmte Signale, sogenannte Peaks, erkannt werden. Aus diesen Peaks errechnet Tim Conrad, der das Projekt gemeinsam mit Prof. Christof Schütte betreut, Spektren, die die Unterschiede zwischen gesunden und erkrankten Patientengruppen darstellen.

Dieser "blutige Fingerabdruck" ist erheblich billiger als beispielsweise ein Blutbild und lässt die Diagnose von weitaus mehr Parametern zu. Trotzdem dauert auch die Analyse dieser Daten im Computer noch relativ lange. "Mit unserer herkömmlichen Methode benötigt der Computer etwa zwei bis drei Stunden für die Untersuchung eines Datensatzes. Ein Datensatz besteht aus etwa 1.500 Einzelspektren. Das sind etwa 5 Sekunden für ein Spektrum", sagt Tim Conrad,.

Zu lange, wie Conrad meint. Deshalb suchte der Wissenschaftler nach einer Methode, um die Berechnungen zu beschleunigen und er fand eine ebenso simple wie wirkungsvolle Lösung: "Der Anspruch an moderne Spielkonsolen hinsichtlich realistischer Grafik und der Schnelligkeit wird immer höher. Daher hat Sony in seine neueste Playstation 3 einen von IBM entwickelten neuen Prozessor eingebaut, der acht Einheiten - SPE genannt - zum Durchführen von Berechnungen hat. Im Gegensatz zum normalen PC arbeitet dieser Cell Prozessor nicht mit einzelnen Zahlen, sondern mit Gruppen von Zahlen (Vektoren). Für knapp unter 600 Euro bekommt man damit einen Hochleistungsrechner, der sonst ein Vielfaches kosten würde", erklärt Conrad. Der Haken dabei: Der Rechner hat wenig Speicherkapazität. Außerdem ist ein Power PC Prozessor vorgeschaltet, der eine spezielle Programmierung erfordert, um auf die SPE zugreifen zu können.

Gemeinsam mit den beiden Informatikern Marco Ziegert und Christoph Thöns entstand schließlich die Idee, die Playstations und den Prozessor für den blutigen Fingerabdruck nutzbar zu machen und Tim Conrad startete einen studentischen Wettbewerb. Es war klar, dass Voraussetzung für die Nutzung der SPE die Anpassung von Algorithmen an den Cell Prozessor ist, die den Zugang "durch den Power PC hindurch" direkt zu den SPE frei machen. Diese Anpassung eines vorhandenen Algorithmus ist dem MATHEON-Mitarbeiter schließlich gelungen.

Vom Ergebniss zeigt sich selbst Tim Conrad beeindruckt: "Die Spielekonsole ermöglicht eine extreme Senkung der Analysezeit. Brauchten wir bisher 5 Sekunden, um ein Spektrum zu analysieren, können wir jetzt 20 Spektren in einer Sekunde berechnen".

Angewendet auf die Untersuchung möglicher Krebspatienten bedeutet dies, dass die Ergebnisse in kürzester Zeit nach der Blutentnahme vorliegen. "Die größte Verbesserung aber liegt darin, dass die Zuverlässigkeit der Ergebnisse steigt und wir jetzt mehr und sehr viel umfangreichere Studien durchführen können. Und natürlich könnte man die gleichen Ergebnisse auch auf PC Clustern erhalten, die Kosten hierfür würden aber einige Hunderttausend von Euro betragen gegenüber ein paar tausend Euro mit der Playstation", sagt Conrad.

Microsoft prämiert Arbeit von Tim Conrad

Europaweit vergibt Microsoft jährlich 10 Stipendien und fördert weitere 10 Projekte von Doktoranden. Einmal im Jahr lädt die Firma diese 20 Personen nach Cambridge zur Summer School ein, wo sie eine Woche lang gemeinsam mit 20 weiteren Doktoranden der Uni Cambridge ihre Erfahrungen austauschen. Tim Conrad gehörte in diesem Jahr zu diesem illustren Kreis, und nicht nur das: Im Rahmen dieser Summer Scholl gibt es eine Posterausstellung der einzelnen Projekte, verteilt auf die drei Gebiete "Computer" "Bioinformatik" und "Formale Sprachen". Im Bereich Bioinformatik wurde Tim Conrads Projekt der Auswertung des "Blutigen Fingerabdrucks" mit einer Playstation als das Beste befunden und ausgezeichnet. Als Preis darf sich Tim Conrad jetzt irgendwo auf der Welt eine Konferenz aussuchen, deren Besuch und Teilnahme vollständig von Microsoft bezahlt wird.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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