Neues Verfahren zum Recyceln von Röhren- und LCD-Bildschirmen entwickelt
Archivmeldung vom 24.06.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDas Entsorgen von Röhren- und LCD-Bildschirmen birgt bis heute ein hohes Risiko für die Umwelt. Gleichzeitig gehen wertvolle und begehrte Inhaltsstoffe wie die Metalle Indium und Zinn dabei verloren. Die TU Bergakademie Freiberg hat zusammen mit dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie ein Verfahren entwickelt, wie beide Gerättypen zusammen umweltschonend und gewinnbringend recycelt werden können. Dafür erhalten die Wissenschaftler heute den mit 50.000 Euro dotierten Kaiserpfalz-Preis der Metallurgie.
Röhrenfernseher sind heute weitgehend überholt. Die neue LCD-Technologie hat sich vor etwa zwölf Jahren durchgesetzt, die Verkaufszahlen von Röhrengeräten sanken in Europa bis 2007 auf nahezu null. Doch wohin mit all dem Schrott? Die Entsorgung von alten Fernsehgeräten ist problematisch, da im Glas der Bildschirme viel Blei enthalten ist; der Bleigehalt liegt bei etwa 30 Prozent. Das birgt Risiken für die Umwelt. Auch LCD-Bildschirme sind ein Problem für das Recycling. Schätzungen zufolge werden in der EU bis 2018 rund 550.000 Tonnen LCD-haltige Schrotte anfallen. „In geringen Mengen enthalten sie die wertvollen Metalle Indium und Zinn, die auf dem Weltmarkt stark nachgefragt und auch für unsere Industrie von großer Bedeutung sind“, erklärt Prof. Dr. Michael Stelter vom Institut für Nichteisenmetallurgie und Reinststoffe der TU Bergakademie Freiberg.
Ein wirtschaftlich tragfähiges Verfahren zum Recycling beider Gerättypen gab es bislang nicht. Am Institut für Nichteisenmetallurgie und Reinststoffe wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Institut für Keramik, Glas- und Baustofftechnik und dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie ein Konzept entwickelt. „Dieses neue Verfahren löst die Probleme beim Recycling der Schrotte der beiden Bildschirmgenerationen und stellt damit eine strategisch und wirtschaftlich interessante, innovative Lösung dar“, sagt Robert Wolf vom Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, welches zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gehört.
Dieser Lösungsansatz für das Recycling von Bleigläsern und LCDs ist sehr einfach und besticht gerade durch diese Einfachheit. In einem einzigen pyrometallurgischen Verfahren, wobei die Bildschirme samt Glas in einem Ofen geschmolzen werden, können beide Schrottsorten gemeinsam verarbeitet werden. So lassen sich die Vor- und Nachteile der beiden Schrotte kombinieren und sich gegenseitig aufwiegen. In der Summe ergibt sich ein Prozess, in dem beide Schrotte mit einigen Additiven zusammen geschmolzen werden. Als Produkte erhält man ein Mischglas, das als Glaskeramik genutzt werden kann und eine bleihaltige Phase, also geschmolzenes Metall, in der alle Metalle enthalten sind. Daraus können anschließend Indium oder Zinn wiedergewonnen werden. Es entstehen also aus bei dem Prozess bis auf das Abgas keine weiteren Abfallstoffe. In ersten Versuchen konnte man zeigen, dass über 80 Prozent des enthaltenen Indiums in den LCD-Monitoren zurückgewonnen werden kann. Auch Zinn wurde bereits nachgewiesen.
Für dieses Projekt werden die Forscher heute (24.6.) mit dem Kaiserpfalz-Preis der Metallurgie in Goslar ausgezeichnet. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. „Die Auszeichnung ist der höchst dotierte Preis in diesem Bereich in Europa. Die Ehrung zeigt, dass die Kooperation verschiedener Institute exzellente Forschung hervor bringen kann – alleine wäre es in dieser Form sicher nicht möglich gewesen“, betont Prof. Dr. Michael Stelter.
„Das Geld können wir für das Projekt gut gebrauchen. Wir müssen noch untersuchen, wie weit wir bei der Extraktion des Indiums gehen können. 80 Prozent bekommen wir schon raus, nun müssen wir die absoluten Grenzen ausloten“, erklärt Prof. Dr. Michael Stelter. Perspektivisch wird der Einsatz des Verfahrens in der Industrie anvisiert. Es besteht auch die Möglichkeit nach diesem Verfahren weitere Schrotte zu verarbeiten, beispielsweise Abdeckscheiben von Solarmodulen oder LEDs mit Indium im Kristall.
Quelle: Technische Universität Bergakademie Freiberg (idw)