Kein Flug ins All: Erste deutsche „Astronautin“ steigt aus Weltraum-Mission aus
Archivmeldung vom 16.12.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDeutschland muss weiter auf seine erste Astronautin warten. Weltall-Anwärterin Nicola Baumann verlässt die private Initiative „Die Astronautin“. Die Hintergründe bleiben im Dunkeln. „Ich habe nachgeforscht: Sie verlässt wohl auf eigenen Wunsch das Programm“, sagt Raumfahrtjournalist Gerhard Kowalski im exklusiven Sputnik-Interview.
Darin ist weiter zu lesen: "„Es gab eine Pressemitteilung von dieser Initiative, die war unter aller Würde“, sagte Kowalski gegenüber Sputnik. „Darin wurde beiläufig mitgeteilt, dass Frau Baumann nicht mehr dabei ist. Da habe ich bei der Pressestelle der Initiative angerufen.“ Nachdem er dort keine weiterführenden Erklärungen erhielt, rief er persönlich die Chefin der Initiative an, Claudia Kessler. „Diese hat gesagt: Sie ist auf eigenen Wunsch ausgeschieden.“ Daraufhin habe Kowalski die Meldung auf seine Homepage gesetzt. Weitere Hintergründe kenne er aktuell noch nicht.
Nicola Baumann wäre die erste deutsche Frau im Weltraum gewesen. Die Initiative, mit der sie ins All fliegen sollte, nennt sich „Die Astronautin“. Die Eurofighter-Pilotin bei der Bundeswehr hatte sich im April im Kampf um einen der zwei begehrten Ausbildungsplätze zur Astronautin gegen 400 Konkurrentinnen durchgesetzt. Lediglich die Meteorologin Insa Thiele-Eich konnte ebenfalls einen Ausbildungsplatz ergattern. Deutschland hat bislang elf „geflogene“ Astronauten, darunter aber keine einzige weibliche Vertreterin.
Die Initiative „Die Astronautin“ mit Sitz in Bremen ist privat organisiert – im Gegensatz zur staatlichen Europäischen Weltraumorganisation (ESA). „Die ESA hat schon mehrere Ausschreibungen gemacht. Und bei diesen haben sich nach ESA-Angaben nicht genügend Frauen gemeldet.“ Unter den 8000 Bewerbern der letzten Runde befanden sich laut dem Raumfahrt-Experten nicht genügend weibliche Teilnehmer. Das Problem sei: „Sie sind nicht durch die ganzen Prüfungen, durch die ganzen Kontrollen durchgekommen.“
Die sowjetische Kosmonautin Valentina Tereschkowa flog 1963 als erste Frau ins All. Unter den 550 Menschen, die bisher ins All geflogen sind, waren nur 60 Frauen. „Nur vier Russinnen. Nicht mehr. Und es gibt zehnmal so viele US-Amerikanerinnen.“ Als Ursache für diesen großen Unterschied vermutet Kowalski, die Fähigkeiten von Frauen seien in Russland wie auch schon zu Sowjetzeiten unterschätzt worden.
Ziel der privaten Initiative „Die Astronautin“ ist es, bis zum Jahr 2020 die erste deutsche Astronautin auf eine Forschungsmission zur Internationalen Raumstation ISS zu entsenden. Das Projekt wird über „Crowdfunding“, also private Spenden finanziert. Die Nachfolgerin von Baumann werde in den kommenden zwei Jahren gemeinsam mit der Meteorologin Insa Thiele-Eich ein anspruchsvolles Ausbildungsprogramm durchlaufen, heißt es in der Presseerklärung.
Bereits für März stehen die nächsten Parabelflüge in Bordeaux in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf dem Programm. In den darauffolgenden Monaten erwartet die Kandidatinnen ein voller Kalender. Voraussichtlich im Mai reisen die beiden Auszubildenden in die USA zu Startanbietern wie „SpaceX“, die allerdings ebenso meist privat geführt werden.
Nicola Baumann selbst blickt positiv auf die vergangenen Monate zurück: „Ich bin sehr dankbar für die Trainingsgelegenheiten, die ich bekommen habe, und für die Menschen, die ich kennenlernen durfte“, sagte sie. „Die vergangenen Monate meines Lebens waren wirklich sehr außergewöhnlich.“ Sie sei froh, das erlebt zu haben. „Wir bedauern das Ausscheiden von Frau Baumann und bedanken uns für ihre großartige Arbeit in unserer Initiative“, erklärte deren Initiatorin Claudia Kessler.
Gerhard Kowalski ist Raumfahrtjournalist und berichtet seit Jahrzehnten über den Kosmos und die Raumfahrt. Im Sputnik-Studio-Interview berichtet er über die Hintergründe, warum die „erste deutsche Astronautin“ im All nun doch nicht starten wird.
Quelle: Sputnik (Deutschland)