Leben auf Jupiter-Mond: eine neue Theorie
Archivmeldung vom 14.06.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie infrarote Photosynthese kann eine Quelle des Lebens sein. Beispielsweise auf dem Europa, einem der vier Monde Jupiters. Der kubanische Physiker Rolando Cardenas aus der Marta-Abreu-Universität nimmt an, dass sich dort auf dem Boden des unter einer Eisschicht liegenden Ozeans lebende Mikroorganismen befinden könnten. Laut der Theorie des Wissenschaftlers könnten diese Bakterien Infrarotlicht zu ihrer Ernährung verwenden. Das berichtet Boris Pawlischtschew bei Radio "Stimme Russlands".
Weiter heißt es dort: "Bei der infraroten Photosynthese wird ebenfalls Energie akkumuliert, jedoch durch Verarbeitung von Schwefelverbindungen. An diesem Prozess nimmt das für das menschliche Auge gewohnte Sonnenlicht nicht teil.
Rolando Cardenas setzt voraus, dass in den Ozean, der sich unter einer dicken Eisschicht auf dem Europa befindet, aus dem Inneren unter einem sehr hohen Druck heißes Wasser fließe. Dort erkalte es augenblicklich. Die Temperaturdifferenz könnte mehrere Hundert Grad Celsius betragen. Dabei entwickelten sich Quanten von Infrarotlicht.
Der Kubaner hat seine Theorie auf der Grundlage einer Arbeit des Kanadiers Thomas Beatty aufgebaut. Vor acht Jahren hat dieser kanadische Wissenschaftler auf der Erde Bakterien entdeckt, die imstande sind, dank dem Infrarotlicht zu leben. Sie bevölkern einen unter dem Wasser in einer Tiefe von mehr als zwei Kilometer liegenden Vulkan an der mexikanischen Küste, wo absolute Dunkelheit herrscht. Die Infrarotstrahlen, die durch heiße Wasserstrahlen entstehen, brauchen die Zellen, um Schwefelverbindungen aufzunehmen und Energie zu speichern. Solche Mikroorganismen stellten sich unter die Infrarotstrahlen und bildeten Strukturen, die an riesige Antennen erinnerten.
Die Biologin aus der Moskauer Staatsuniversität, Jelena Worobjowa, hält Cardenas Idee für interessant:
„Das sollte als einer der Wege zur eventuellen Entstehung von Leben und komplizierten biologischen Systemen auf Planetenkörpern betrachtet werden. Doch wir wissen sehr wenig sogar über den Mars, um von einem besonderen Weg zur Entwicklung dessen Biosphäre sprechen zu können, falls es sie dort gegeben hat. Die Eismonde des Jupiters unterscheiden sich wesentlich von der Erde und sogar vom Mars und sollen ihre eigene Spezifik besitzen.“
Beim Drehen würden Teile des Mondes mit unterschiedlicher Kraft an den Jupiter angezogen. Dabei entstehe, nach Auffassung von Rolando Cardenas, im Europainneren eine Deformation, welche zur Erhitzung des Kerns führe. Das erkläre denn auch die Herkunft von heißen Strömen auf dem Ozeanboden. Soritto Namsarajew, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Winogradski-Instituts für Mikrobiologie, kommentiert:
„Was die gravitationsbedingte Erhitzung des Europakerns anbelangt, so sind das alles Theorien. Es gibt unterschiedliche Modelle. Aber da gibt es auch ein weiteres Problem. Man muss sich vorstellen, welche chemische Zusammensetzung der flüssige Ozean unter der Eisschicht aufzuweisen hat. Dank einigen Modellen liegen Annahmen vor, dass das Wasser dort sehr salzhaltig ist, was die Entwicklung sehr vieler Gruppen von Mikroorganismen praktisch ausschließt.“
Bei ihrer ganzen Kühnheit trägt die Hypothese des Kubaners keine besondere Neuheit in sich. Es besteht eine Unmenge von Theorien von der Möglichkeit der Existenz von Leben auf Weltraumkörpern. Aber die meisten von ihnen beruhen auf Entdeckungen, die von Wissenschaftlern auf der Erde gemacht worden sind. Theoretisch könnten ähnliche Prozesse auch auf dem Europa-Mond zu verzeichnen sein, fährt der Wissenschaftler fort:
„In den letzten Jahren hat die Astrobiologie sehr große Fortschritte gemacht. Jetzt sind die Biologen dazu geneigt, dass das Leben weltweite Erscheinungsformen besitze und nicht durch den Planeten Erde beschränkt sei. Doch in welcher Art es ist, wie aktiv es sich äußert, und nicht einfach in gefrorener Form, lässt sich nicht sagen.“
Die Hypothesen vom Leben auf dem Europa werden größere Exaktheit erst dann erlangen, wenn Weltraumapparate den Satelliten aufsuchen und Proben des unter dem Eis liegenden Wassers entnehmen. Allerdings können sie es auch nicht erreichen, denn die Eisstärke kann Hunderte von Metern betragen. Eine interplanetare Station kann auf dem Europa-Mond wahrscheinlich frühestens in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre landen. Russland, das über große Erfahrungen bei der Entwicklung von Landungsapparaten verfügt, könnte ein solches Modul bauen.
Quelle: Text Boris Pawlischtschew - „Stimme Russlands"