Meilensteine der arktischen Klimaforschung
Archivmeldung vom 01.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm August 2004 hatten drei Eisbrecher vom norwegischen Tromsö aus Kurs auf den Nordpol genommen. Bis Anfang September erbohrte das Forscherteam in Meerestiefen von bis zu 1.300 Metern Sedimentkerne mit einer Gesamtlänge von 340 Metern am Grund des Arktischen Ozeans.
Zwei Monate später nahmen 33 Wissenschaftler aus elf Ländern die
Meeresablagerungen im IODP-Bohrkernlager an der Universität Bremen erstmals
genauer unter die Lupe. Weitere Analysen fanden in den Heimatlabors der
Klimaforscher statt.
Die Untersuchungen belegen die sehr wechselhafte
Klimageschichte der Nordpolarregion und fördern zugleich eine ganze Serie neuer
Erkenntnissen zutage: "Vor etwa 55 Millionen Jahren war der Arktische Ozean
komplett eisfrei. Es herrschte subtropisches Klima mit Wassertemperaturen von
bis zu 23 Grad Celsius", sagt Expeditionsmitglied Dr. Jens Matthiessen vom
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven. Diese
Temperaturen liegen damit mehr als 10° bis 15°C höher als bislang durch
Klimamodelle für diesen Zeitraum errechnet worden war. Sechs Millionen Jahre
später wuchsen etwa 800.000 Jahre lang Wasserfarne an der Oberfläche des
Polarmeers. "In unseren Bohrkernen haben wir Überreste dieses Süßwasserfarns
gefunden. Sie deuten darauf hin, dass damals eine Süßwasserschicht den polaren
Ozean bedeckte", ergänzt Expeditionsteilnehmer Prof. Rüdiger Stein vom
Alfred-Wegener-Institut. "Möglicherweise war das Nordpolarmeer damals vom
Restozean abgeschlossen, so dass das Oberflächenwasser aussüsste und sich der
Farn ausbreiten konnte."
Weitere vier Millionen Jahre später war es in
der Arktis weiter bereits deutlich kühler. "Wir haben in den Sedimenten ein
Anzeichen dafür gefunden, dass Teile des Arktischen Ozeans vor etwa 45 Millionen
Jahren erstmals von Meereis bedeckt waren. Das ist deutlich früher als bislang
angenommen", meint Dr. Jens Matthiessen. Die Bohrkerne belegen außerdem, dass
das Polarmeer während der letzten etwa 15 Millionen Jahre permanent eisbedeckt
war.
Die Arktische Bohrexpedition stellte die erste europäische
Expedition im Rahmen des Integrierten Ozean Bohrprogramms (Integrated Ocean
Drilling Program, IODP) dar, an dem u.a. auch Japan und die Vereinigten Staaten
beteiligt sind. Sie wurde vom Europäischen Konsortium für wissenschaftliche
Meeresbohrungen (European Consortium for Ocean Research Drilling = ECORD)
geplant und durchgeführt. Dem ECORD gehören 16 europäische Nationen sowie Kanada
an. Das Bohrkernlager an der Universität Bremen ist eins von drei IODP-Lagern
weltweit. Dort sind derzeit gut 85 Kilometer Meeressedimente vor allem aus
Atlantik, Mittelmeer und Karibik archiviert.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.