Affengehirne: Ähnlichkeiten zum Menschen
Archivmeldung vom 18.01.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas menschliche Großhirn ist in zwei Hälften unterteilt, die unterschiedliche Funktionen wahrnehmen. Bei kommunikativen Aufgaben zeigen sich jedoch geschlechtsspezifische Unterschiede. Während Männer überwiegend die linke Hirnhälfte benutzen, um Sprache zu verarbeiten, nutzen Frauen zusätzlich Bereiche der rechten Gehirnhälfte.
Forscherinnen der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)
konnten jetzt zeigen, dass der Grundstein für diese
geschlechtsspezifische Verarbeitung schon im frühen Primatengehirn
gelegt wurde. Dr. Marina Scheumann und Prof. Dr. Elke Zimmermann vom
Institut für Zoologie der TiHo berichten in dem Online-Fachmagazin BMC
Biology (), dass männliche Graue
Mausmakis Kommunikationslaute mit der linken Hemisphäre verarbeiten.
Eine Eigenschaft, die sie mit Männern teilen. Während die Weibchen
keine Bevorzugung einer Gehirnhälfte zeigten und vermutlich, wie
Frauen, beide Gehirnhälften zur Verarbeitung von Kommunikationslauten
nutzen. Ausserdem konnten sie zeigen, dass auch schon ursprüngliche
Primaten eine individuelle Händigkeit aufweisen, also Aufgaben
bevorzugt mit der linken oder der rechten Hand ausführen. Diese
Entdeckungen können helfen, zu verstehen, wie sich die Spezialisierung
der menschlichen Hirnhälften in der Evolution entwickelt hat.
Für
ihre Forschung haben Scheumann und Zimmermann Verhaltenstests mit
Grauen Mausmakis (Microcebus murinus) entwickelt. Mausmakis verfügen
über ein relativ einfaches Gehirn. Daher eignen sie sich um die
evolutionäre Entstehungsgeschichte unseres Gehirns zu untersuchen.
Die
Händigkeit der Mausmakis wurde untersucht, indem die Mausmakis
versuchten, einen Mehlwurm durch ein Loch zu greifen. Es stellte sich
heraus, dass Vierfünftel aller Lemuren eine ihrer beiden Hände für die
Tätigkeit bevorzugt benutzten. Ein verstärkter Einsatz der rechten oder
der linken Hand konnte dabei nicht festgestellt werden.
Um die hemisphärenspezifische Verarbeitung der Kommunikationslaute zu untersuchen wurden den Tieren Rufe von Artgenossen vorgespielt, die positive oder negative emotionale Assoziationen wecken. Außerdem hörten sie Rufe verwandter Lemurenarten, Fledermaustöne und nicht biologische Geräusche. Die TiHo-Forscherinnen konnten zeigen, dass männlichen Lemuren ihr rechtes Ohr zur Wahrnehmung von Kommunikationslauten mit negativen emotionalen Assoziationen bevorzugten, was auf eine Verarbeitung in der linken Hirnhälfte schließen lässt. Hingegen zeigten die Weibchen keine Vorliebe für eine Seite. Dies könnte bedeuten, dass wie beim Menschen, die Gehirnhälften der Männchen stärker lateralisiert sind als die der Weibchen.
Beim Menschen geht der bevorzugte Einsatz einer Gehirnhälfte für die Sprache mit einer bestimmten Händigkeit einher: 70 bis 90 Prozent aller Menschen sind Rechtshänder, in den meisten Fällen verarbeiten diese Menschen Sprache mit der linken Hirnhälfte. Scheumann und Zimmermann konnten zeigen, dass dieser Zusammenhang bei den Grauen Mausmakis noch nicht auftritt, eine Verknüpfung dieser beiden Fähigkeiten hat sich erst in der späteren Primatenevolution entwickelt. "Die Ergebnisse unserer Studien zeigen, dass ursprüngliche Primaten bereits eine individuelle Händigkeit aufweisen sowie eine geschlechtsspezifische Orientierungsasymmetrie für emotional belegte Kommunikationslaute. Wir vermuten, dass dies ein erster Schritt in der Evolution von Händigkeit und hemisphärenspezifischer Verarbeitung von Kommunikationslauten bei Primaten ist" sagt Scheumann.
Quelle: Tierärztliche Hochschule Hannover