Ein Botenmolekül auf Reisen - Neuartiger RNA-Transport garantiert gezielte Proteinverteilung
Archivmeldung vom 10.08.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.08.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBoten-RNA oder mRNA nennt man das Molekül, mit dessen Hilfe genetische Information aus dem Zellkern gelangt. Anhand einer mRNA-Sequenz kann dann das entsprechende Protein außerhalb des Zellkerns synthetisiert und anschließend zu seinem Einsatzort gebracht werden.
Wie Professor Ralf-Peter Jansen vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und seine Mitarbeiter jetzt in "Current Biology" zeigen konnten, beginnt die Lokalisierung in manchen Fällen aber schon auf Ebene der mRNA.
Dann wird das Molekül gezielt zu bestimmten Bereichen in der Zelle transportiert, so dass das entsprechende Protein direkt am Einsatzort gebaut wird. Das gilt sowohl für lösliche zelluläre Proteine als auch für Membranproteine oder sekretorische Proteine, die ausgeschieden werden.
"Bereits im Zellkern heftet sich eine erste Riege von RNA bindenden Faktoren an das mRNA-Molekül", so Jansen. "Der RNA-Protein-Komplex wird dann aus dem Zellkern gebracht und assoziiert wohl mit weiteren Faktoren. Manche davon sind molekulare Motoren, die andere Moleküle entlang von Filamenten innerhalb der Zelle transportieren. Am Zielort wird die RNA abgeladen und verankert." Diese gezielte Verteilung von mRNA resultiert in der asymmetrischen Verteilung der zugehörigen Proteine. Ein Beispiel dafür ist Ash1p in Hefe, ein Transkriptionsfaktor, der also die Aktivität bestimmter Gene reguliert. Während der Zellteilung wird die mRNA dieses Proteins so zielgerichtet aus der Mutterzelle transportiert, dass das fertige Ash1-Protein nur im Kern der Tochterzelle akkumuliert, wo es einige Gene inaktiviert. Die Lokalisierung der Ash1p-mRNA hängt unter anderem von den so genannten She-Proteinen ab. Mehrere davon agieren als Bindeglied zwischen Motorproteinen und ihrer molekularen Last, der Ash1p- und anderen mRNAs.
Nach deren Sequenzen werden dann auch
Membranproteine oder sekretorische Proteine synthetisiert. Letztere werden in
höheren Organismen mit Hilfe eines weit verzweigten Membransystems der Zelle
ausgeschieden, an dessen Außenseite auch die Synthese der Membranproteine
stattfindet. Dieses so genannte Endoplasmatische Retikulum, kurz ER, wird
während der Zellteilung zur Tochterzelle gebracht. "Lange wurde vermutet, dass
bestimmte mRNAs zusammen mit dem ER transportiert werden und die Zelle auf diese
Weise die beiden Transportprozesse koordiniert", so Jansen. "Der Nachweis ist
uns jetzt in Hefe gelungen. Es gibt aber auch in höheren Organismen lokalisierte
mRNAs, die für Membranproteine kodieren, etwa in Nervenzellen oder den Embryonen
der Taufliege."
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.