Schnelle Transistoren mit Oxiden
Archivmeldung vom 05.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBauteile in der Mikroelektronik werden immer kleiner und leistungsfähiger. Herkömmliche, auf gewöhnlichen Halbleitern basierende Transistoren werden jedoch bald an die Grenzen der Miniaturisierung stoßen.
Wie die Zeitschrift "Science" in ihrer neuesten Ausgabe von Science Express vorstellt, haben jetzt Physiker des Centers for Electronic Correlations and Magnetism (EKM), des Sonderforschungsbereichs 484 "Kooperative Phänomene im Festkörper" der Universität Augsburg, sowie der Penn State University, Pennsylvania (USA) einen neuen Weg zur Verkleinerung von Transistoren eingeschlagen. Sie haben gezeigt, dass sich besonders schnelle Transistoren, so genannte High-Electron-Mobility Transistoren (HEMTs), die normalerweise aus gewöhnlichen Halbleitern wie Silizium oder Galliumarsenid aufgebaut werden, auch mit Oxiden realisieren lassen. Der große Vorteil der Oxide gegenüber Halbleitern besteht darin, dass sich die Oxide mit Materialeigenschaften herstellen lassen, wie zum Beispiel mit einer besonders hohen Dichte von Elektronen, die man mit Halbleitern nicht erzielen kann. Durch die Verwendung von Oxiden könnte in Zukunft eine noch stärkere Miniaturisierung dieser Transistoren möglich werden (Science Express, 24. August 2006).
Fügt man zwei Schichten aus verschiedenen Oxiden zusammen, so kann sich zwischen ihnen eine hauchdünne Grenzschicht ausbilden, die aus einer Elektronengaswolke besteht. In dieser Grenzschicht, die nur zwei Nanometer dünn ist, befinden sich die Elektronen in einem Quantenzustand, der die Bewegung senkrecht zu den Schichten blockiert. Dadurch kann dort der Strom nur parallel zu den Schichten fließen. Die Elektronen bilden also ein zweidimensionales Elektronengas. Aus diesem Grund sind sie sehr beweglich und schnell.
Die Augsburger Physiker haben nun eine solche Grenzschicht zwischen den Oxiden Strontiumtitanat und Lanthanaluminat untersucht. Dazu stellten sie mittels eines Hochleistungslasers Doppelschichten dieser Oxide her, deren Dicke sie auf atomarer Skala genau einstellen konnten. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich die Leitfähigkeit des Elektronengases mit der Dicke der oberen Oxidschicht (Lanthanaluminat) sprunghaft ändert. Nachdem die Forscher eine, zwei oder drei Kristalllagen aus Lanthanaluminat, aufgebracht hatten, bildete sich eine hochgradig isolierende Grenzschicht. Eine Kistalllage ist hierbei nur 0,4 Nanometer dick. Beträgt die Dicke der Lanthanaluminat-Schichten aber vier Kristalllagen oder mehr, wird die Grenzschicht schlagartig leitfähig, dann allerdings sehr gut.
Wie die Augsburger Forscher vorschlagen, lässt sich dieses sprunghafte Verhalten hervorragend zum Bau von HEMTs nutzen. Da das Elektronengas in den Kristallen mit den drei Lagen zwar perfekt isolierend, aber dennoch fast leitfähig ist, lässt es sich überaus leicht durch eine elektrische Spannung die senkrecht zur Grenzfläche angelegt wird, in den leitfähigen Zustand schalten. Damit kann die gesamte Anordnung als Transistor verwendet werden und so als Verstärker und Schalter von elektrischen Strömen dienen.
Damit konnten die Augsburger Physiker S. Thiel, G. Hammerl, C. W. Schneider und J. Mannhart zusammen mit ihrem Kollegen A. Schmehl von der Penn State University zeigen, dass High-Electron-Mobility Transistoren nicht nur mit herkömmlichen Halbleitermaterialien, wie zum Beispiel Galliumarsenid, funktionieren, sondern auch mit Oxiden. Die Oxid-HEMTs bieten hierbei ganz neue Perspektiven zur Miniaturisierung, da mehr Elektronen in der Grenzschicht zwischen den Lagen vorhanden sind und das Schalten in den leitfähigen Zustand durch einen so genannten Quantenphasenübergang noch verstärkt wird.
"Mit unseren Versuchen wollen wir neue Perspektiven in der Oxidelektronik eröffnen", sagt Professor Jochen Mannhart, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentalphysik VI der Universität Augsburg. "Zudem wird es wohl dadurch vielleicht möglich, Transistoren in der Mikroelektronik noch kleiner und effizienter als bisher zu bauen." (Thorsten Naeser)
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.