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Entdeckung im frühen Universum stellt Modelle für Schwarzes-Loch-Wachstum infrage

Archivmeldung vom 13.05.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.05.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Künstlerische Darstellung: Quasar mit zentralem Schwarzen Loch, umgebender heißer Scheibe und gegenläufigen Teilchen-Jets Quelle: Bild: MPIA (idw)
Künstlerische Darstellung: Quasar mit zentralem Schwarzen Loch, umgebender heißer Scheibe und gegenläufigen Teilchen-Jets Quelle: Bild: MPIA (idw)

Quasare sind hell leuchtende, weithin sichtbare kosmische Objekte, in deren Zentren sich supermassereiche Schwarze Löcher befinden. Einfallende Materie erhöht die Masse des Schwarzen Lochs und liefert andererseits die Energie für das Leuchten der Quasare. Jetzt haben Astronomen unter der Leitung von Christina Eilers extrem junge und ungewöhnliche Quasare gefunden. Diese Quasare sammeln erst seit rund 100,000 Jahren Materie, haben aber bereits eine Masse von rund einer Milliarde Sonnenmassen. Herkömmlichen Modellen zufolge hätten die Quasare mindestens tausend Mal länger Materie auf sich ziehen müssen, um diese Masse zu erreichen. Die Ergebnisse sind im Astrophysical Journal erschienen.

Im Herzen jeder Galaxie befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch. Die Entstehungs- und Wachstumsgeschichte dieser Schwarzen Löcher bis hin zu ihren derzeitigen Massen von Millionen oder sogar Milliarden Sonnenmassen ist eine offene Frage der Forschung.

Zumindest einige Phasen des Wachstums sind weithin sichtbar: Wenn größere Mengen an Materie in das Schwarze Loch fallen, dann sendet die Materie in unmittelbarer Nähe des Schwarzen Lochs enorme Mengen an Licht aus. Damit ist das Schwarze Loch vorübergehend zu einem Quasar geworden – zu einem der hellsten Objekte im Universum.

Drei ungewöhnlich junge Quasare

Jetzt haben Forscher vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) drei Quasare gefunden, welche die herkömmlichen Vorstellungen zum Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher infrage stellen. Diese Quasare besitzen eine große Masse, aber sollten eigentlich keine Zeit gehabt haben, diese Masse überhaupt anzusammeln.

Die Entdeckung, die auf Beobachtungen am W. M. Keck-Observatorium auf Hawaii beruht, ist Folge eines Blicks in die kosmische Vergangenheit: Aufgrund ihrer großen Helligkeit sind Quasare bis in große kosmische Entfernungen sichtbar. Die Astronomen beobachteten Quasare, deren Licht fast 13 Milliarden Jahre zu uns unterwegs war. Ihre Aufnahmen zeigen die Quasare daher nicht so, wie sie jetzt sind, sondern so, wie sie vor rund 13 Milliarden Jahren waren, weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall.

Ein Problem von Masse und Zeitskalen

Die betreffenden Quasare haben Massen von rund einer Milliarden Sonnenmassen. Alle aktuellen Modelle für das Wachstum Schwarzer Löcher sagen voraus, dass solch eine Masse nur erreicht werden kann, wenn das Schwarze Loch für mindestens 100 Millionen Jahre Materie an sich zieht – und in diesem Zeitraum als Quasar leuchtet.

Diese drei Quasare hier waren aber offenbar nur über einen sehr viel kürzeren Zeitraum aktiv, nämlich weniger als 100,000 Jahre. "Das ist ein überraschendes Ergebnis" erklärt Christina Eilers, Doktorandin am MPIA und Erstautorin der hier vorgestellten Studie. "Wir verstehen nicht, wie die supermassereichen Schwarzen Löcher dieser Quasare in so kurzer Zeit auf so große Massen anwachsen konnten."

Um festzustellen, wie lange die beobachteten Quasare bereits aktiv waren, untersuchten die Astronomen, wie die Quasare ihre kosmische Umgebung beeinflussten. Ihr Augenmerk galt dabei der aufgeheizten, weitgehend durchsichtigen "proximity zone", zu deutsch etwa der Nah-Zonen um jeden der Quasare. "Mithilfe von Simulationen die zeigen, wie das Licht der Quasare das umgebende Gas aufheizt und ionisiert, können wir voraussagen, wie groß die Nah-Zone jedes der Quasare sein sollte" erklärt Frederick Davies, Postdoktorand am MPIA und Experte für die Wechselwirkung zwischen Quasarlicht und intergalaktischem Gas. Sobald der Quasar durch einfallende Materie "angeschaltet" wurde, wird diese Nah-Zone rasch immer größer. "Nach 100,000 Jahren sollten die Quasare bereits ausgedehnte Nah-Zonen besitzen."

Zu wenig Zeit zum Wachsen?

Überraschenderweise hatten diese drei Quasare allerdings ausnehmend kleine Nah-Zonen – was anzeigt, dass die aktive Quasar-Phase nicht vor mehr als 100,000 Jahren angefangen haben kann. "Keines der heutigen Modelle kann die Existenz dieser Objekte erklären" sagt Professor Joseph Hennawi, Leiter der Forschergruppe am MPIA in der die Entdeckung gelang. "Die Entdeckung dieser jungen Objekte stellt für die derzeitigen Theorien zur Entstehung Schwarzer Löcher eine Herausforderung da. Wir brauchen neue Modelle um zu verstehen, wie Schwarze Löcher und Galaxien entstanden sind."

Die Astronomen haben ihre nächsten Schritte bereits geplant. Christina Eilers sagt: "Wir möchten noch weitere solche jungen Quasare finden. Unsere drei ungewöhnlichen Quasare könnten im Prinzip Ausnahmefälle sein – weitere Beispiele würden zeigen, dass ein signifikanter Anteil der bekannten Quasare jünger ist als gedacht." Die Forscher haben bereits Beobachtungszeit für eine Reihe weiterer Kandidaten beantragt. Die Ergebnisse, so hoffen sie, sollten wichtige Prüfsteine für neue Modelle der Entstehung der ersten supermassereichen Schwarzen Löcher im Universum liefern und uns damit auch besser verstehen helfen, wie die gigantischen supermassereichen Schwarzen Löcher in heutigen Galaxien wie unserer Milchstraße im Laufe der kosmischen Geschichte entstanden sind.

Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie (idw)

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