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Blei in Jagdgeschossen ist verzichtbar − Studie belegt Eignung von Alternativen

Archivmeldung vom 22.07.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.07.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Deformierendes kupferhaltiges Geschoss (TSX). (A–D) Schusskanal mit zunehmender Krafteinwirkung. Kle
Quelle: Foto: Felix Gremse (idw)
Deformierendes kupferhaltiges Geschoss (TSX). (A–D) Schusskanal mit zunehmender Krafteinwirkung. Kle Quelle: Foto: Felix Gremse (idw)

Eine neue Studie zur Zielballistik bleihaltiger und bleifreier Geschosse zeigt, dass beide Geschossmaterialien gleichermaßen für eine tierschutzgerechte Jagd geeignet sind. Bleifreie Geschosse hinterlassen sogar kleinere Splitterwolken als bleihaltige.

Deformierendes bleihaltiges Geschoss (NVU). (A-D) Schusskanal mit zunehmender Krafteinwirkung. Split
Quelle: Foto: Felix Gremse (idw)
Deformierendes bleihaltiges Geschoss (NVU). (A-D) Schusskanal mit zunehmender Krafteinwirkung. Split Quelle: Foto: Felix Gremse (idw)

In einer zielballistischen Untersuchung haben Wissenschaftler des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung Berlin (IZW) und der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) das Verhalten von Projektilen beim Auftreffen, Eindringen oder Durchdringen eines Ziels analysiert. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt im wissenschaftlichen Online-Fachblatt PLOS ONE publiziert. Die Studie erweitert die vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz in Mecklenburg-Vorpommern geförderten Untersuchungen zur Wirkung insbesondere bleifreier Jagdgeschosse.

Ein detaillierter Vergleich zeigte, dass sich bleifreie Geschosse in ihrem zielbalistischen Verhalten unterschieden. Eine der bleifreien Geschosskonstruktionen (Deformationsge¬schoss) wies ein zielballistisches Verhalten auf, das dem des bleihaltigen Referenzgeschosses entsprach. Ferner beobachteten die Wissenschaftler, dass beim Beschuss mit bleihaltiger Munition sich hunderte kleinster Bleisplitter ausbreiten, während bei bleifreien Geschossen nur wenige Splitter entstehen.

Für ihren Versuch verglichen die Wissenschaftler zielballistische Daten von vier handelsüblichen Jagdgeschossen – eines davon mit Bleikern und drei aus homogenen Kupferlegierungen. Die Geschosse wurden mit für den Jagdeinsatz repräsentativen Geschwindigkeiten in je einen Block ballistischer Seife geschossen. Jeder Seifenblock (25 cm x 25 cm x 40 cm; ca. 27 kg Masse) wurde einmal beschossen und mit zwei verschiedenen Messverfahren untersucht. Nach dem Beschuss wurde jeder Seifenblock im Computertomographen (CT) vermessen und mit einer an der RWTH entwickelten Software ausgewertet. Das bildgebende CT-Verfahren erfasst den entstandenen Hohlraum (Schusskanal) und Parameter wie beispielsweise Volumen, Schadenstiefe und Geschossabweichungswinkel. Darüber hinaus können Geschossabsplitterungen gezählt und dreidimensional dargestellt werden. Anschließend wurde jeder Block nach einem üblichen Standardverfahren der Länge nach aufgeschnitten fotografiert und vermessen.

Die Ergebnisse beider Verfahren wiesen eine hohe Übereinstimmung auf. Das computertomographische Verfahren vermeidet jedoch das aufwendige Zerschneiden des Seifenblockes und liefert zusätzliche Informationen, so dass neue bleifreie Geschosskonstruktionen besser auf ihre jagdliche Verwendbarkeit überprüft werden können.

Seit der Antike ist die Giftigkeit von Blei bekannt, heute gehört es zu den bekanntesten Umweltschadstoffen. Bleihaltige Munition wirkt sich stark auf Mensch, Tier und Umwelt aus. Zurzeit ist der Eintrag von Blei durch Bleimunition (geschätzt mehrere Tonnen im Jahr) in die Umwelt gewaltig. Es genügen bereits geringe Spuren von Bleiabrieb oder kleine Bleisplitter, um als Gift in Organismen zu wirken. Besonders für Tiere, die am Ende der Nahrungskette stehen, wie beispielsweise Greifvögel und Aasfresser, insbesondere beim Seeadler, gehören Bleivergiftungen zu den häufigsten Todesursachen. Beim Menschen wirken geringe Bleimengen toxisch und können das zentrale Nervensystem schädigen. Insbesondere bei Kindern führt die Aufnahme von Blei zu Entwicklungsstörungen.

„Die Ergebnisse unserer Studie sind ein weiterer Erkenntnisschritt auf dem Weg zum Verzicht auf Blei in Jagdgeschossen. Dieser Prozess läuft bereits seit über zehn Jahren und wird gemeinsam von Politik, Jägerschaft und Forschungseinrichtungen getragen“, berichtet Carl Gremse; wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde; Fachgebiet Wildbiologie, Wildtiermanagement und Jagdbetriebskunde.

Die bereitgestellten Forschungsergebnisse bieten eine solide Wissensbasis für politische und für private Entscheidungen hinsichtlich der Verwendung von bleifreier Jagdmunition.

Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V. (idw)

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