Satellitendaten und digitale Karten sollen vor Geisterfahrern schützen
Archivmeldung vom 20.10.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtGeisterfahrer, die entgegen der erlaubten Fahrtrichtung unterwegs sind, verursachen auf deutschen Autobahnen alljährlich knapp 2.000 Verkehrsunfälle mit ungefähr 20 Toten. Versuche, das Problem durch eine bessere Beschilderung oder andere technische Maßnahmen in den Griff zu bekommen, zeigen nicht die erwünschte Wirkung beziehungsweise scheitern an den Kosten. Die Institute für Ingenieurgeodäsie der Universität Stuttgart (IIGS) und für Raumfahrttechnik und Weltraumnutzung (ISTA) der Universität der Bundeswehr München sowie die Firma NavCert erforschen nun im Rahmen des Projektes „Ghosthunter“ ein Geisterfahrerwarnsystem, das auf einem globalen Navigationssatellitensystem (GNSS) basiert.
Die Hauptursachen für Geisterfahrten sind unter anderem ein bewusstes Umdrehen auf der Autobahn sowie Fahrten unter Alkoholeinfluss. Dazu kommen versehentliche Geisterfahrten, bei denen der Fahrer einfach die Orientierung verliert. Oftmals beginnen Geisterfahrten an Autobahnanschlussstellen beziehungsweise im Bereich von Auf- und Abfahrten. An diesen neuralgischen Punkten wurden in Deutschland und auch in einigen anderen Ländern bereits diverse Maßnahmen zur Vorbeugung von Geisterfahrten umgesetzt, wie etwa Stopp-Schilder, eine besser erkennbare Beschilderung, Fahrbahnkrallen, Induktionsschleifen oder Funksensoren. Die flächendeckende Einführung dieser Sicherheitsmaßnahmen scheiterte bislang jedoch an dem erheblichen Arbeits- und Kostenaufwand. Um diesen zu reduzieren, wurden In den letzten Jahren vorzugsweise technische Lösungen des Geisterfahrerproblems erforscht.
Doch wie kann man Geisterfahrten frühzeitig und zuverlässig detektieren, Geisterfahrer effizient wachrütteln und gefährdete Verkehrsteilnehmer in der Umgebung warnen? Im Projekt „Ghosthunter“, das durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt beziehungsweise das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit Mitteln in Höhe von rund 670.000 Euro gefördert wird, greifen die Wissenschaftler für die Lösung dieser Problematik zu einer ausgewählten Forschungsmethodik. Diese führt die Forschungsbereiche GNSS (inklusive Fahrzeugnavigation und Sensorfusion) sowie Geoinformatik (inkl. Digitale Kartensysteme und Map-Matching-Technologien) zusammen, um ein Geisterfahrerfrühwarnsystem zu entwickeln. Das zu entwickelnde System soll die Position eines Fahrzeuges mit Hilfe von GNSS und weiteren Sensoren bestimmen und mit einer digitalen Karte abgleichen, so dass die Entscheidung getroffen werden kann, ob ein Fahrer als Geisterfahrer unterwegs ist oder nicht. Hierfür wird das ISTA einen robusten (D)GNSS-basierten Algorithmus zur Erfassung genauer Fahrzeugtrajektorien (Bewegungspfade) und einen Geisterfahrer-Detektionsalgorithmus entwickeln. Das IIGS wird Datenqualitäten von digitalen Straßenkarten verschiedener Kartenanbieter untersuchen und ein Map-Matching-Tool entwickeln und in das Geisterfahrerwarnsystem einbinden. Letztlich soll das neue automatische Warnsystem in das europäische Notrufsystem eCall implementiert werden, das ab 2018 verpflichtend in alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen eingebaut werden muss. Unter Verwendung von diesen modernen wissenschaftlich-technischen Methoden soll das Geisterfahrerwarnsystem in der Lage sein, künftig vor Geisterfahrern auf Autobahnen zu schützen und somit mehr Verkehrssicherheit und weniger Unfälle zu ermöglichen.
Quelle: Universität Stuttgart (idw)