Licht-Materie-Wechselwirkung ohne Störeinflüsse
Archivmeldung vom 24.08.2019
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtBestimmte Halbleiterstrukturen, Quantenpunkte genannt, könnten die Basis für eine Quantenkommunikation darstellen. Sie bilden eine effiziente Schnittstelle zwischen Materie und Licht, wobei die von den Quantenpunkten ausgesandten Photonen (Lichtteilchen) Informationen über weite Strecken transportieren könnten. Bei der Herstellung der Quantenpunkte entstanden bislang automatisch auch Strukturen, die die Kommunikation stören. Forschern der Universität Basel, der Ruhr-Universität Bochum und des Forschungszentrums Jülich ist es nun gelungen, diese Störeinflüsse zu eliminieren. Sie berichten in der Zeitschrift „Communications Physics“ vom 9. August 2019.
Quantenpunkte lassen sich in Halbleitern realisieren, indem Forscher zum Beispiel ein Elektron und ein Elektronenloch – also eine positive geladene Fehlstelle in der Elektronenmenge – in einem sehr begrenzten Bereich einsperren. Elektron und Loch bilden zusammen einen angeregten Zustand. Wenn sie rekombinieren, sich also sozusagen zusammentun, verschwindet der angeregte Zustand, und es wird ein Photon abgegeben. „Dieses Photon könnte als Informationsträger für eine Quantenkommunikation über lange Strecken taugen“, sagt Dr. Arne Ludwig vom Bochumer Lehrstuhl für Festkörperphysik.
Die in Bochum hergestellten Quantenpunkte entstehen in dem Halbleitermaterial Indiumarsenid. Dieses Material lassen die Forscher auf einem Träger aus Galliumarsenid aufwachsen. Dabei entsteht zunächst eine gleichförmige Schicht aus Indiumarsenid, die nur anderthalb Atomlagen dick ist – die sogenannte Benetzungsschicht. Auf dieser Schicht erzeugen die Forscher anschließend Erhebungen: kleine Inseln von 30 Nanometern Durchmesser und nur wenigen Nanometern Höhe. Sie bilden die Quantenpunkte.
Störende Photonen aus Benetzungsschicht
Problematisch ist die Benetzungsschicht, die im ersten Schritt aufgetragen werden muss. Denn auch darin gibt es angeregte Elektron-Loch-Zustände, die zerfallen und Photonen abgeben können. In der Benetzungsschicht zerfallen diese Zustände sogar noch leichter als in den Quantenpunkten. Die dabei ausgesendeten Photonen können jedoch nicht für Quantenkommunikation genutzt werden, sondern erzeugen nur ein Rauschen im System.
„Da die Benetzungsschicht die gesamte Fläche des Halbleiterchips umfasst, die Quantenpunkte aber nur ein Tausendstel dieser Fläche, ist das störende Licht rund tausendmal stärker als das Licht aus den Quantenpunkten“, erklärt Andreas Wieck. „Die Benetzungsschicht strahlt Photonen mit einer etwas höheren Frequenz und einer viel höheren Intensität ab als die Quantenpunkte. Es ist so, als ob die Quantenpunkte den Kammerton a aussenden würden und die Benetzungsschicht gleichzeitig ein tausendmal lauteres h.“
Zusätzliche Schicht eliminiert Störeinflüsse
„Bisher konnten wir die vorher genannten Störeinflüsse ignorieren, indem wir nur gezielt die benötigten Energiezustände angeregt haben“, sagt Matthias Löbl von der Universität Basel. „Wenn man die Quantenpunkte jedoch als Informationseinheiten für Quanten-Anwendungen nutzen will, so kann es ideal sein, diese mit mehr Elektronen zu beladen. Dann würden aber auch Energieniveaus in der Benetzungsschicht mit angeregt“, ergänzt Arne Ludwig.
Diesen Störeinfluss eliminierte das Forschungsteam nun durch eine zusätzliche Schicht aus Aluminiumarsenid, die die Wissenschaftler über den Quantenpunkten und der Benetzungsschicht wachsen ließen. Das eliminiert die Energiezustände in der Benetzungsschicht, was es wiederum unwahrscheinlicher macht, dass dort Elektronen und Löcher rekombinieren und Photonen aussenden.
Kooperation an drei Standorten
Die Probe für die vorliegende Arbeit erzeugte Dr. Sven Scholz am Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik der RUB, der für diese Arbeit im Juni 2019 mit dem Dissertationspreis der Wilhelm-und-Else-Heraeus-Stiftung ausgezeichnet wurde. Die Messungen zur Größe der Störeinflüsse mit und ohne Aluminiumarsenid-Schicht führte das Team der Universität Basel um Matthias Löbl, Dr. Immo Söllner und Prof. Dr. Richard Warburton durch. Die Gruppe am Forschungszentrum Jülich fertigte hochauflösende mikroskopische Aufnahmen der Proben an.
Quelle: Ruhr-Universität Bochum (idw)