Gesundheit von Zoo-Nashörnern auf dem Prüfstand
Archivmeldung vom 24.02.2016
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtBreitmaulnashörner zählen zu den gefährdeten Tierarten. Ihre artgerechte Haltung in Zoos ist deshalb von großer Bedeutung. WildtierexpertInnen der Vetmeduni Vienna haben mit Hilfe einer europaweiten Onlineumfrage in Zoos erhoben, welche Probleme es bei der Haltung der Tiere gibt. Das Ergebnis: Nashörner werden häufig ohne ausreichende Diagnose mit Antibiotika und entzündungshemmenden Medikamenten behandelt. Tatsächliche Erkrankungen werden so möglicherweise übersehen. Die Studie wurde im Journal of Zoo and Aquarium Research veröffentlicht.
Breitmaulnashörner gehören zu den größten Nashornarten der Welt. Ihr natürlicher Lebensraum ist das südliche Afrika. Da das Horn der Tiere sehr begehrt ist, werden Nashörner intensiv bejagt und sind deshalb vom Aussterben bedroht. Die IUCN (International Union for Conservation of Nature) setzte das südliche Breitmaulnashorn (Ceratotherium s. simum) deshalb auf die rote Liste gefährdeter Arten. In Zoos gelten südliche Breitmaulnashörner als einfach zu halten. Allerdings funktioniert die Fortpflanzung der Tiere in Gefangenschaft nicht sehr gut.
Die WildtierexpertInnen Annika Posautz, Felix Knauer und Chris Walzer vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna haben unter anderem erforscht, wie sich die Haltungsbedingungen von südlichen Nashörnern in Zoos europaweit unterscheiden und welche Erkrankungen bei den Tieren häufig vorkommen. „Wir wollten herausfinden, welche Probleme es in europäischen Zoos gibt und was verbessert werden könnte. Mit Ausnahme des Reproduktionstraktes ist aus der wissenschaftlichen Literatur bislang nur wenig zur Gesundheit dieser Nashörner in Gefangenschaft bekannt. Auch das Management in den unterschiedlichen Zoos ist sehr verschieden“, erklärt Posautz, Erstautorin der Studie.
Von 70 angefragten Zoos nahmen 45 an der Onlineumfrage teil. Ein Zoo aus Israel beteiligte sich auch an der Befragung. Die erhobenen Daten basieren auf insgesamt 159 Nashörnern.
Haut, Verdauungstrakt und Fortpflanzungsorgane häufig von Krankheiten betroffen
Laut Umfrage leiden die Tiere vor allem unter Erkrankungen der Haut, der Verdauungs- sowie der Fortpflanzungsorgane. Bei den Hauterkrankungen handelt es sich häufig um Kampfwunden, die sich die Tiere untereinander zufügen. Darm- und Magenentzündungen zählten zu den häufigsten Erkrankungen des Verdauungstraktes der Breitmaulnashörner.
„In vielen Fällen werden die Tiere nur oberflächlich untersucht. Die tatsächlichen Ursachen der Erkrankungen können deshalb selten gefunden werden“, meint Posautz. „Das hat auch damit zu tun, dass Zootierärztinnen und Zootierärzte leider immer noch zögerlich sind, die Nashörner für eine ausführliche Untersuchung und Therapie zu narkotisieren.“ Für viele TierärztInnen ist eine Wildtiernarkose mit großem Aufwand und einem vermeintlichen hohen Risiko verbunden.
Prophylaktische Behandlung mit Antibiotika vertuscht Erkrankungen
Was die Forschenden am meisten überraschte und auch besorgt stimmte, waren die über viele Monate verabreichten Antibiotika und entzündungshemmenden Medikamente. Diese wurden in vielen Fällen ohne exakte Diagnose regelmäßig und langfristig gegeben. „Solche Medikamente sind für kurzzeitige Behandlungsmaßnahmen gut geeignet. Eine dauerhafte Gabe, ohne fundierte Diagnose, ist in unseren Augen gefährlich für die Tiere“, betont Posautz. „Tatsächliche Erkrankungen, an denen das Tier leidet, bleiben so versteckt.“
Die Empfehlung der Wildtierexpertin und Tierärztin Posautz lautet: „Regelmäßige Untersuchungen, wie beispielsweise parasitologische Screens und Blutuntersuchungen könnten viele Erkrankungen im Vorfeld verhindern. Auch medizinische Trainings-Programme und der Einsatz von Narkosen für rechtzeitige und ausführliche Untersuchungen und Therapien müssen in Betracht gezogen werden.“
Der Artikel „Health and health management of captive white rhinoceroses (Ceratotherium simum): results from an online survey“ von Annika Posautz, Felix Knauer und Christian Walzer wurde im Journal of Zoo and Aquarium Research veröffentlicht.
Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien (idw)