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Von Kontinent zu Kontinent: Wie kommt der Strom aus Afrika nach Europa?

Archivmeldung vom 12.03.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.03.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Im Projekt »Supergrid« forscht das Fraunhofer ISE an der Optimierung und Integration von thermischen
Quelle: ©SENER (idw)
Im Projekt »Supergrid« forscht das Fraunhofer ISE an der Optimierung und Integration von thermischen Quelle: ©SENER (idw)

In Ouarzazate (Marokko) entsteht das größte Solarkraftwerk Nordafrikas. Bereits 2016 soll dort günstiger und emissionsfreier Strom für eine halbe Million Menschen produziert werden. Zukünftig könnten Projekte wie Ouarzazate auch Strom für Europa liefern. Um Strom von Kontinent zu Kontinent zu transportieren, ist ein zuverlässiger Netzverbund auch vor Ort Voraussetzung. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE forscht gemeinsam mit weiteren Fraunhofer-Instituten an verschiedenen Aspekten eines solchen »Supergrid«:

Den technischen Detaillösungen haben die Wissenschaftler des Fraunhofer ISE Modellierungen für ein geeignetes Energiesystem vorangestellt. Zunächst wurde das Zusammenspiel von Kraftwerken basierend auf erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerken anhand einer Systemmodellierung für den Stromsektor in Nordafrika und Südeuropa abgebildet. Mit Hilfe eines Energiesystemmodells (RESlion), das als Optimierungsmodell implementiert wurde, erfolgte dann die Standortsuche für neue Kraftwerke unter Berücksichtigung aller existierenden Erzeugungs- und Speichersysteme sowie der Netzinfrastruktur. Demnach profitieren in Nordafrika Photovoltaik-Anlagen (PV), die verbrauchsnah installiert sind, auch wenn dafür eine niedrigere Einstrahlung in Kauf genommen wird. Solarthermische-Kraftwerke (Concentrated Solar Power/CSP) kommen vor allem dort zum Zug, wo es um große thermische Speicherkapazitäten zur Sicherung der Systemstabilität im Netzverbund geht. »Es ist wichtig, dass wir planbar Strom aus erneuerbaren Quellen erhalten. Strom aus Nordafrika kann z. B. Lücken in der europäischen Stromerzeugung durch erneuerbare Energien füllen. Strombedarf und -überschuss standortübergreifend auszugleichen, das ist einer der Leitgedanken des Supergrid«, so Dr. Werner Platzer, Bereichsleiter Solarthermie und Optik am Fraunhofer ISE und Koordinator im Projekt »Supergrid«.

Effizientere Kraftwerke durch optimierte Speicher

Im Unterschied zu anderen Kraftwerken auf Basis erneuerbarer Energien können Solarthermische Kraftwerke kostengünstig und regelbar Strom liefern. Das geschieht mittels thermischer Wärmespeicher, die Wärme in Zeiten von Überproduktion zwischenspeichern und bei Bedarf in einer Dampfturbine in Strom umwandeln. Am Fraunhofer ISE werden in Simulationen unterschiedliche Konzepte in Hinblick auf die Integration und Optimierung von thermischen Speichern untersucht und bewertet. Hierbei wird das Fraunhofer-Software-Tool »ColSim-CSP« eingesetzt. Die unterschiedlichen Kraftwerkskonzepte unterscheiden sich nicht nur optisch (Fresnel-Kollektor, Parabolrinne oder Turm), sondern auch im verwendeten Wärmeträgermedium. Für direktverdampfende Kraftwerke mit Wasser als Wärmeträger wird am Fraunhofer ISE u. a. ein innovativer Latentwärme-speicher mit einem Schneckenwärmeübertrager untersucht. Mit dieser Technologie lassen sich Speicherkapazität und Wärmeübertragerfläche entkoppeln, da das als Speicher-medium verwendete Salz beim Erstarren und Schmelzen gefördert wird. Andere Konzepte der Freiburger Forscher zielen darauf ab, Salze sowohl als Speichermedium als auch als Wärmeträgermedium einzusetzen. Der Speicher kann dann aus zwei separaten Tanks bestehen, oder – um Speichermaterial und Baumaterial einzusparen – aus einem einzelnen Tank mit Füllkörpern, in dem heiße und kalte Salzschmelze geschichtet werden. Um das Potenzial solcher Schichtspeicher bewerten zu können, wird ein Prototyp experimentell untersucht. Auch die korrosive Wechselwirkung der heißen Salze mit verschiedenen Stählen wird analysiert.

Geringere Verluste durch lokale Gleichstromnetze

Auch der Transport von Strom im Supergrid bietet Optimierungspotenzial. Regenerative Großkraftwerke oder regionale Verbünde von Kraftwerken sind häufig über große Flächen verstreut und viele leistungselektronische Wandler im gesamten Netz verteilt. In einem solchen Energiesystem ist es sinnvoll, wenn nicht jedes Kraftwerk direkt in den Netzverbund einspeist und eingesetzte Wandler möglichst effizient sind. Denn mit jeder Schnittstelle zwischen Erzeuger, Netz und Verbraucher steigen die Übertragungsverluste und die Kosten für das gesamte Netz. Deshalb ist es zielführend, den Strom mehrerer Kraftwerke zunächst in einem lokalen Gleichstrom-netz in der Mittelspannung zu bündeln und gegebenenfalls in Batterien zu speichern. Anschließend wird der Strom an zentraler Stelle in ein Hochspannungsnetz zum Weiter-transport eingespeist. Hocheffizienter Leistungselektronik kommt an solchen Schnittstellen eine wichtige Rolle zu. Das Fraunhofer ISE entwickelt daher einen Demonstrator eines kompakten, hocheffizienten Gleichstrom-Wandlers (DC/DC). Durch den Einsatz von neuartigen Siliziumcarbid-Halbleitern (SiC) ist ein leistungselektronisches System mit über 10 kV Sperrspannung und niedrigen Schaltenergien möglich, das eine direkte Anbindung an das Mittelspannungsverteilnetz ermöglicht.

Über das Projekt »Supergrid«

Das Projekt »Supergrid« der Fraunhofer-Gesellschaft wird vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE koordiniert. Ziel ist es, Schlüsseltechnologien an der Schnittstelle zwischen Erzeugung und Einspeisung ins Netz zu entwickeln und in einem ganzheitlichen systemtheoretischen Ansatz zu optimieren. Weitere Projektpartner sind die Fraunhofer-Institute für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, für Werkstoffmechanik IWM, für Integrierte System und Bauelementetechnologie IISB und für System- und Innovationsforschung ISI.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE (idw)

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