Wieder verwertbar: Kunststoffe aus Elektroschrott
Archivmeldung vom 19.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittComputer, Handys, Fernseher: allein in Deutschland fallen jährlich zwei Millionen Tonnen Elektroschrott an. Ein Fünftel des Elektroschrotts sind Kunststoffe. Doch bisher werden nur 5 000 von 400 000 Tonnen Kunststoff wiederverwertet. Die europäische Elektro- und Elektronikschrott-Richtlinie WEEE (Waste Electrical and Electronic Equipment) sieht jedoch einen Anteil von 75 Prozent vor.
Das patent- und markenrechtlich geschützte "CreaSolv®-Verfahren" vom IVV erreicht sogar eine Recyclingquote von 95 Prozent. Entwickelt wurde es zusammen mit der CreaCycle GmbH in Grevenbroich.
Im Elektroschrott ist eine bunte
Mischung unterschiedlicher Kunststoffe enthalten. Das erschwert die
Wiederverwertung. Die Kunststoffe sind zudem meist mit Schwermetallen oder
bromhaltigen Flammschutzmitteln verunreinigt. Diese Schadstoffe konnten mit
bisheriger Technik nicht abgetrennt werden. Hinzu kommen Füllstoffe,
Stabilisatoren oder Farben, die beim Herstellen der Geräte zwar hilfreich sind,
beim Recycling aber ein Problem darstellen. Mit dem neuen Fraunhofer-Verfahren
lassen sich nun erstmals selbst stark schadstoffbelastete oder verschmutzte
Kunststoffe wiederverwerten. Die so gewonnenen Rezyklate erreichen in allen
anwendungsrelevanten Bereichen die Eigenschaften neuwertiger Kunststoffe.
Dr. Andreas Mäurer, Abteilungsleiter Kunststoffrecycling am IVV, erklärt
die Arbeitsschritte: "Zuerst werden die Geräte in einer riesigen Mühle
zerkleinert, dann Metalle und Platinen aussortiert. Übrig bleibt ein Gemisch aus
klein geschnipselten Kunststoffen, Fasern, Holz, Schaumstoffen, in der
Fachsprache Schredderleichtfraktionen. Ein besonders umweltfreundliches
Lösungsmittel - es ist nicht als Gefahrstoff kennzeichnungspflichtig - entfernt
die wieder verwertbaren Polymere aus dem Schrott-Mix. Unlösbare Fremd- und
Schadstoffe werden abgeschieden. Sogar diese Stoffe finden in der chemischen
Industrie ihren Markt.".
Die britische Organisation WRAP suchte für die Abfallvermeidungsstrategie der britischen Regierung nach Wegen, um bromhaltige Flammschutzmittel aus den Kunststoffen der Elektro-Altgeräte zu entfernen, wofür es bislang keine Verfahren gab. Den Wissenschaftlern am IVV ist dies gelungen. Die Endprodukte sind sehr gründlich gereinigt, wofür WRAP jetzt Bestnoten vergab. Die britische Organisation interessiert sich nun für die Lizenzen, um das Verfahren im Vereinigten Königreich zu vermarkten.
Auch in einem
weiteren Projekt mit dem österreichischen Kompetenzzentrum Elektronik &
Umwelt GmbH KERP in Wien, bewies das IVV, dass auch stark verschmutzte
Shredderleichtfraktionen aufbereitet werden können. Mit dem
"CreaSolv®-Verfahren" kann die Elektro- und Entsorgungsindustrie jetzt Rezyklate
herstellen, die der europäischen "RoHS-Richtlinie" entsprechen: Seit 1. Juli
2006 sind in neuen Elektro- und Elektronikgeräten Schadstoffe wie Blei,
Quecksilber, Cadmium, sechswertiges Chrom, polybromierte Biphenyle (PBB) oder
polybromierte Diphenylether (PBDE) verboten. Der aktuelle Zwischenbericht mit
dem Titel "Develop a process to separate brominated flame retardants from WEEE
polymers - Interim Report" ist im Internet unter www.wrap.org.uk bei den
Publikationen zu finden. Das IVV besitzt die weltweiten Rechte an dem Verfahren.
Am Institut in Freising ist eine erste Demonstrationsanlage mit einer jährlichen
Kapazität von 500 Tonnen geplant.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.