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Kann Hate-Speech positiv sein?

Archivmeldung vom 07.03.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.03.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: CC0
Bild: CC0

Jegliche Art von Hate-Speech wird in der heutigen Gesellschaft verurteilt. Dennoch ist es keine neue Form des Umgangs, die das Internet mit sich brachte. Schon zu Zeiten des römischen Imperiums wurden im Gericht den Klägern und Verteidigern böse Worte an den Kopf geworfen. Wie aber können diese Erkenntnisse hilfreich für unsere Gesellschaft sein?

Hierzu berichtet die deutschen Webseite des russischen online Magazins "Sputnik" zu lesen: "Die Kultur der bösen Worte ist keine junge. Darüber schreibt Martin Jehne, Geschichtsprofessor an der TU Dresden, in einem Artikel über die „Hate - Speech“ im alten Rom. Dieser wurde veröffentlicht von der in Zürich herausgebrachten Zeitung „Schweizer Monat“. Gerade vor dem heutigen Hintergrund erscheint das Thema der Hassrede in vielen Kontexten. Sowohl als Phänomen als auch als Diskussionsthema erhält Hate-Speech eine enorme Präsenz.

Cicero: Großer Vertreter der Hate-Speech

Jehne zeigt auf, dass dies kein Phänomen der Neuzeit ist, auch wenn neuzeitliche Mittel wie das Internet zur Verfügung stehen. Schon zur Zeit der alten Römer kam es oft zu herablassenden Kommentaren und Schmähungen des Gegners. Ein berühmter Vertreter dafür war der bekannte Rhetoriker Marcus Cicero. In seinen Verteidigungsreden beleidigte er – wie damals üblich in römischen Gerichtsverhandlungen – die Gegenspieler seiner Mandanten. Jehne nennt Beispiele aus einer Rede im Jahr 56 v. Chr.: In dieser bezeichnet Cicero den Kläger Publius Clodius als abscheuliche und unmenschliche Bestie, als „Schwächling, der durch schändliche Handlungen mit den Brüdern und Unzucht mit den Schwestern schon völlig kraftlos sei“. Auch andere Parteien, die im Gerichtssaal anwesend waren, blieben nicht von Ciceros gehässigen Worten verschont.

Hate-Speech: Öffentliches Amüsement?

Tatsächlich sei dies laut Jehne auch keine private Angelegenheit gewesen. In stabilisierten und ritualisierten Kommunikationsräumen fanden solche Hasstiraden statt – in öffentlichen Arenen. Tatsächlich konnte ein Verteidiger im alten Rom mithilfe seiner rhetorisch stilvollen Herablassungen über den Gegner einen Prozess vor römischen Gerichten gewinnen. Zu begründen sei dies, meint jedenfalls Jehne, mit der mangelnden Professionalität im Ermittlungsverfahren und der diffusen Beweislage in damaligen Gerichtsverhandlungen. Eine Klage basierte seinerzeit hauptsächlich auf einer Behauptung und anhand der Eigenschaften der Person wurde entschieden, ob diese zu solch einer Tat fähig war.

Zudem ging es nicht um eine Entscheidung des Richters, welche Instanz die andere besser beleidigen kann, sondern auch um Publikumsreaktionen. Das Publikum im Saal war die Jury, die schließlich über das Urteil abstimmen konnte. Jehne vermutet, dass diese Prozessbeobachter vermutlich auch Vergnügen an der Sache gehabt hätten, ähnlich wie bei Gladiatorenkämpfen.

Es sei Alltag gewesen, dass sich die römische Führungsschicht in ihren Rangkämpfen beleidigte. Trotz massiver Drohungen und persönlichen Beleidigungen, kam es dennoch zu keiner Eskalation. Durch die „Arenenregeln“ wurde dafür gesorgt, dass es nicht zu körperlichen Auseinandersetzungen kam. Grundsätzlich seien sich die Senatoren untereinander generell nicht verhasst gewesen, wenn sie sich innerhalb eines Prozesses beleidigten. Jehne nennt Beispiele von Cicero, der sowohl verhasste Kollegen im Gericht vertreten und respektierte Kollegen beleidigt hat.

Entgegen dem Populismus?

In Bezug auf heute sieht Jehne die momentan übliche Art, mit Hate-Speech umzugehen, eher förderlich für den Populismus. Indem verbale Tabubrüche mit großem Eklat in den Medien verbreitet und mit Entsetzen aufgenommen werden, sorgen sie für die Binnenintegration von Hassgruppen. Auch wenn er jegliche Art von Rassismus verurteilt, so sehe er in dem offenen Umgang mit Hassrede gewisse Vorteile, Jehne wörtlich:

„Mit den Parlamenten stehen Arenen zur Verfügung, die prinzipiell öffentlich sind und in denen über Gegenrede und Zwischenruf normalerweise schnell reagiert werden kann, sodass man versuchen kann, die Hassredner schlecht aussehen zu lassen – und das geht nicht mit Empörung und Fairness, sondern nur mit Ironie, Überspitzung, auch Sarkasmus. Auf diese Weise könnte man wohl dazu beitragen, die von ihren Anhängern verliehenen Siegeslorbeeren der Populisten schneller welken zu lassen.“"

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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