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Wann Bewegungsmuster Gefahr bedeuten

Archivmeldung vom 19.04.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.04.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Warum hat ein Reh weniger Angst vor einem Auto als vor einem Menschen, der zu Fuß geht? Warum ist es so viel leichter wilde Vögel und andere Tiere zu beobachten, wenn man sich in einem Boot oder auf einem Fahrrad fortbewegt?

Die Mechanismen, die Flucht und andere basale soziale and kommunikative Verhaltensweisen auslösen, müssen schnell und zuverlässig die Anwesenheit eines anderen Tieres detektieren. Zwei Studien, die am 17.4.2006 in der Zeitschrift Current Biology erschienen, darunter eine von Biopsychologen der RUB, implizieren, dass ein solcher Mechanismus auf einem visuellen Filter beruht, der sich an den Bewegungen der Füße eines sich bewegenden Tieres orientiert.

Schauen Sie auf Füße anderer ...

Warum hat ein Reh weniger Angst vor einem Auto als vor einem Menschen, der zu Fuß geht? Warum ist es so viel leichter wilde Vögel und andere Tiere zu beobachten, wenn man sich in einem Boot oder auf einem Fahrrad fortbewegt? Die Mechanismen, die Flucht und andere basale soziale and kommunikative Verhaltensweisen auslösen, müssen schnell und zuverlässig die Anwesenheit eines anderen Tieres detektieren. Zwei Studien, die am 17.4.2006 in der Zeitschrift Current Biology erschienen, darunter eine von Biopsychologen der Ruhr-Universität Bochum, implizieren, dass ein solcher Mechanismus auf einem visuellen Filter beruht, der sich an den Bewegungen der Füße eines sich bewegenden Tieres orientiert.

Vom Kopf auf die Füße gestellt

Die Untersuchungen von Nikolaus Troje and Cord Westhoff vom BioMotionLab, das sowohl an der Ruhr-Universität Bochum als auch an der kanadischen Queen's University angesiedelt ist, machen sich den so genannten Inversionseffekt zunutze. Dieser besteht darin, dass manche visuellen Reize nur sehr viel schwerer verarbeitet werden können, wenn man sie auf dem Kopf stehend zeigt. Dies gilt insbesondere für die Wahrnehmung von Gesichtern, aber eben auch für die Wahrnehmung von biologischer Bewegung. Forschung auf dem Gebiet der Wahrnehmung von Gesichtern hat gezeigt, dass bei der Inversion vor allem die Erkennung der räumlichen Anordnung von Augen, Nase, Mund und anderen Merkmalen gestört wird, nicht jedoch deren individuelle Ausprägung.

Mit kleinen Lichtpunkten ...

Bei der Untersuchung der Wahrnehmung biologischer Bewegung arbeiteten die Bochumer Wissenschaftler mit so genannten Punktlicht Displays. Das sind Videos, die eine Reihe von Lichtpunkten zeigen, die sich so bewegen, als wären sie einem sich stationär auf einem Laufband gehenden Menschen oder einem Tier auf den Körper geklebt (Beispiele gibt es unter http://www.biomotionlab.ca/Demos/trojeCB06.html). Die Aufgabe von Versuchspersonen bestand nun darin, anzugeben, ob ein solcher Punklicht-Läufer nach links oder nach rechts orientiert ist. Das geht leicht, solange dieser aufrecht gezeigt wird, wird aber deutlich schwieriger, wenn man ihn auf den Kopf stellt, und bestätigt damit den schon oft beschriebenen Inversionseffekt.

... zu aufregenden Erkenntnissen

Das Aufregende an den Arbeiten der Bochumer Wissenschaftler war nun, dass man die Richtung, in der sich das Punktlicht Display zu bewegen scheint, auch dann noch leicht erkennen kann, wenn man die sich bewegenden Punkte zufällig versetzt. Das entstehende so genannte "scrambled" Display lässt sich zwar nicht mehr als Mensch (oder Taube, oder Katze) erkennen, aber trotzdem kann man ihm leicht die richtige Bewegungsrichtung zuordnen - allerdings nur solange es aufrecht gezeigt wird. Stellt man es auf den Kopf, antworten die Versuchspersonen nur noch zufällig. Dieser Befund ist nicht vereinbar mit der Theorie, dass der Inversionseffekt alleine mit einer gestörten Wahrnehmung der Anordnung von Bildelementen zu tun hat. Die Anordnung der Lichtpunkte beim "scrambled" Läufer ist völlig zufällig und enthält damit keinerlei Information. Der Inversionseffekt, zumindest im Fall von biologischer Bewegung, muss also noch eine andere Ursache haben, die irgendetwas mit der lokalen Bewegung der einzelnen Punkte zu tun hat.

Bewegungsmuster signalisieren Information

In zwei weiteren Experimenten fanden Troje und Westhoff, dass die entscheidende Information in der Art steckt, mit der sich die Füße bewegen. Wir leben in einer Welt, in der uns Gravitation auf dem Boden hält. Ein sich bewegendes Tier muss seine Extremitäten vom Boden abstoßen und sie dann wieder unter dem Einfluss der Gravitation zurückfallen lassen. Wenn man das energieeffizient tut, resultiert ein Bewegungsmuster welches typisch genug ist, um als universelles Signal die Anwesenheit eines anderen Lebewesens signalisieren zu können. Zumindest in der nicht-technologischen Welt, die für den Zeitrahmen, in dem die Evolution unseres visuellen Systems stattgefunden, hat charakterisiert, ist es nur schwer vorstellbar, wie ein solches Bewegungsmuster entstehen kann, ohne dass dabei ein Lebewesen im Spiel ist.

Von italienischen Kollegen bestätigt

Die Wissenschaftler des BioMotionLab vermuten, dass der Mechanismus, den sie mit ihrem am Menschen durchgeführten Experiment gefunden haben, evolutionär alt ist und sich bei anderen Tieren in ähnlicher Form wieder findet. Eine zweite Studie, die in der gleichen Ausgabe von Current Biology erscheint, bestätigt diese Vermutung. Giorgio Vallortigara und Lucia Regolin von der Universität Triest zeigen, dass gerade erst geschlüpfte Hühnerküken auf Punktlicht Displays reagieren und sich parallel zu der vermeintlichen Mutter ausrichten. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn das Punktlicht Display aufrecht gezeigt ist, nicht jedoch wenn es invertiert ist.

Endlich eine Antwort auf die Frage der 6-jährigen Tochter

Troje erinnert sich daran, wie er vor Jahren von seiner damals 6-jährigen Tochter gefragt wurde, warum sie sich den vielen Kaninchen, die es in den seinem Haus benachbarten Feldern gibt, auf dem Fahrrad so viel besser nähern kann, als zu Fuß. Damals wusste er diese Frage nicht zu beantworten. Heute glaubt er eine Antwort darauf zu haben. Vielleicht passt die gleiche Antwort auch auf die Frage nach der Funktion des schleichenden Ganges einer jagenden Katze. Will die wirklich nur jedes Geräusch vermeiden, oder ist es vielleicht ein Versuch, die typisch ballistischen Bewegungen, die den adäquaten Reiz für den hier vorgeschlagenen "life detector" darstellen, zu maskieren?

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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