Dresdner Forscher mit Erfolg auf dem "Holzweg"
Archivmeldung vom 02.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer glaubt, Holz könne man nur sägen oder hobeln und beim Biegen zerbricht es irgendwann, der hat noch nicht Rohre, Ringe oder geschwungene Reliefs gesehen, die aus Holzplatten bzw. Brettern gebogen wurden. Diese Technologie - Holz zu bearbeiten und zu verformen, ohne dass es unter einem hohen Biegedruck bricht - hat der Dresdner Wissenschaftler Peer Haller entwickelt und damit außerdem ermöglicht, bei der Verarbeitung von Holz enorm viel Material einzusparen.
Der Professor für Ingenieurholzbau und baukonstruktives Entwerfen an der
Technischen Universität Dresden wurde jetzt für seine Innovation mit dem
Wilhelm-Klauditz-Preis ausgezeichnet.
Als nachwachsender Rohstoff ist Holz für das umweltverträgliche Bauen der Zukunft besonders attraktiv. Bisher wurde Bauholz aus Stämmen herausgeschnitten und eine durchschnittliche Ausbeute von 50 bis 60 Prozent erreicht. Der Rest war Verschnitt. Mit dem neuen Verfahren kann ein gefällter Stamm fast vollständig verarbeitet werden. Das Geheimnis liegt darin, die zur Verfügung stehende Menge an Holz in einer bestimmten Weise anzuordnen. Die Holzstücken werden gepresst, dann in Scheiben abgeschnitten und anschließend nebeneinanderliegend wieder zusammengeleimt. So entstehen beliebig große Bretter oder Platten, die je nach Bedarf gebogen, gewölbt oder anderweitig geformt werden können.
Bei so gebogenen Rohren kann im Vergleich zum
Vollkörper 70 bis 80 Prozent gespart werden. Dies ergibt sich, weil man
Verschnitt im Sägewerk vermeidet und ein Profilquerschnitts in Röhrenform
hinsichtlich Traglast effizienter ist als beispielsweise ein Balken.
Rohrprofile eignen sich besonders für materialsparende tragende
Bauteile, weil die zur Verfügung stehende Holzmenge nur für die Rohrwanddicke
benötigt wird. Der Innenraum bleibt leer. Dadurch kann ein sehr großer
Durchmesser mit nur wenig Holz hergestellt werden. Bei einem runden
Vollquerschnitt (alles aus Holz), bei dem die gleiche Holzmenge verwendet wird,
entsteht ein beträchtlich kleinerer Durchmesser und damit verringert sich
deutlich die Tragfähigkeit. Auf einem 2,60 Meter langen Rohr, mit einem
Durchmesser von 30 Zentimetern und nur zwei Zentimeter Wandstärke, könnten
theoretisch 50 Autos gestapelt werden. Für das selbe Rohr kann man mit einer
nachträglich aufgebrachten Schicht aus Glas- oder Karbonfaser die Tragfähigkeit
nochmals deutlich steigern.
Holz ist formbar, weil es sich unter Druck
und bei ca. 140 Grad Celsius wie eine Art Schaumstoff verhält. Das Prinzip:
Holzstücke zusammenpressen und damit die winzigen Fasern verdichten (wie ein
Stück Papier, dass ziehharmonikaartig zusammengefaltet wird). Die Teile sind
dann nur noch etwa halb so groß, allerdings fester, dichter und steifer als im
ursprünglichen Zustand. Vor allem Nadelhölzer werden gepresst, um bei
minderwertigem Arten größere Festigkeiten zu erzielen.
Prof. Haller ging
noch einen Schritt weiter: Wenn sich Holz zusammenpressen lässt, dann kann man
es anschließend auch wieder dehnen (das gefaltete Papier also auseinanderziehen)
und damit verschieden formen, zum Beispiel biegen, walzen oder wickeln. Dreht
man ein Kantholz nach dem ersten Verdichten um 90 Grad und presst es so noch
einmal, sind sogar dreidimensionale Formen möglich. Gepresstes Holz lässt sich
um fast 100 Prozent dehnen.
"Ein schwer zu formender Werkstoff ist durch
die neue Technik wie Gummi", sagt Prof. Haller. Zusätzliche Beschichtung mit
Glas- oder Karbonfasern geben zusätzliche Stabilität und machen das Holz
witterungsbeständig. Die geformten Holzteile lassen sich in der Bau- und
Leichtbauindustrie sowie im Möbel und Innenausbau verwenden.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.