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Die heilende Kraft der Rhododendren

Archivmeldung vom 05.04.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.04.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Infografik: Vom Rhododendron zur Medizin
Quelle: Copyright: Jacobs University (idw)
Infografik: Vom Rhododendron zur Medizin Quelle: Copyright: Jacobs University (idw)

Rhododendren zählen zu den beliebtesten Pflanzen in einheimischen Gärten. Bald blühen sie wieder. Forscher der Jacobs University in Bremen sind überzeugt – in der Pflanze stecken die Wirkstoffe für ein neues Antibiotikum.

Hunde sind an der Leine zu führen, die Tierliebhaber nehmen das gerne in Kauf. Denn was sie im Rhododendronpark in Bremen gerade im Frühjahr zu sehen und zu riechen bekommen ist von seltener Schönheit. Nahezu 600 Wildarten und über 3.000 Züchtungen der Pflanze, deren Name "Rosenbaum" bedeutet, verwandeln die Landschaft in ein wogendes, prächtiges Farbenmeer.

Nicht nur für Spaziergänger ist der Rhododendronpark eine Attraktion. Auch Wissenschaftler der Jacobs University in Bremen zieht die weltweit zweitgrößte Ansammlung genetischer Vielfalt von Rhododendren an. Seit rund zweieinhalb Jahren erforscht ein Team um den Mikrobiologen Matthias Ullrich, ob in den Pflanzen Wirkstoffe für neue Arzneimittel, etwa für Antibiotika oder für die Krebsbehandlung, enthalten sind. Die Zwischenbilanz klingt mehr als ermutigend: "Wir sind mindestens einer neuartigen Substanz auf der Spur, die einmal als Antibiotikum eingesetzt werde könnte", sagt Professor Ullrich.

Schon römische Quellen berichten von der berauschenden Wirkung des Honigs der Pflanze, die ursprünglich aus dem Himalaja stammt. Extrakte aus ihren Blättern und Wurzeln wurden bereits in der traditionellen Medizin in Indien, der Türkei oder Indonesien zur Behandlung von Infektionen, zur Senkung von Fieber oder zur Linderung von Unwohlsein eingesetzt. Eine intensive, wissenschaftliche Analyse ihrer Inhaltsstoffe und deren Wirkung gab es jedoch bisher nicht.

Professor Ullrich ist Teil eines fächerübergreifenden Teams, das gleichzeitig an Proben der Rhododendren arbeitet. Der Genetiker Dirk Albach analysiert die Erbsubstanz und ermittelt, um welche Art es sich genau handelt. Der Naturstoffchemiker Nikolai Kuhnert identifiziert die in den Pflanzen enthaltenen Substanzen. Die Zellbiologin Klaudia Brix untersucht ihre toxischen Eigenschaften und Ullrich selbst testet, wie die Inhaltsstoffe auf Bakterien reagieren.

"Dass vier Wissenschaftler verschiedener Disziplinen an einem Thema arbeiten, hat Pilotcharakter", betont Ullrich – und führt dies auf die Gegebenheiten der Jacobs University zurück. "Die Verzahnung macht die Universität aus. Wir sind klein, wir unterstützen uns, wir arbeiten am Zentrum für Molekulare Lebenswissenschaften unter einem Dach."

Für seine Untersuchungen benötigt das Quartett lediglich wenige Blätter der Pflanze. Diese werden mit einem Mörser und mit flüssigem Stickstoff zerstampft. Ein grünliches Pulver entsteht, das mithilfe von Methanol konzentriert und weiter untersucht wird. Rund 600 verschiedene Substanzen haben die Forscher so extrahiert, von denen 120 genauer analysiert wurden.

"Mehrere haben eine klare antibakterielle Wirkung", sagt Ullrich. Die Substanzen werden dabei auch auf ihre Unschädlichkeit für menschliche Zellen getestet. Die Hoffnung, es möge ein Wirkstoff dabei sein, der die Zellteilung hemmt und somit als Krebsmittel dienen könnte, hat sich bislang jedoch noch nicht erfüllt.

Im Zentrum der Forschung steht ohnehin die Suche nach einem neuen pflanzlichen Antibiotikum. Der Bedarf für derartige Medikamente ist enorm. Immer mehr Keime entwickeln Resistenzen gegen die alten Mittel, insbesondere in Krankenhäusern. "Das ist ein Riesenproblem", sagt Ullrich.

Bis zur klinischen Erprobung neuer Medikamente auf Basis der Rhododendren wird es noch einige Zeit dauern. Im Dezember läuft das Forschungsprojekt aus, der Mikrobiologe will eine weitere Forschungsperiode beantragen. "Wir wissen, was die neuen Substanzen können. Aber wir verstehen ihre Wirkungsweise noch nicht." Drei bis fünf Jahre, schätzt er, könnte sie in Anspruch nehmen. Der Rhododendronpark in Bremen muss dabei keinen Kahlschlag fürchten. Wenn Ullrich und sein Team erfolgreich sein sollten, wird der neue Wirkstoff künstlich hergestellt – im Labor.

Quelle: Jacobs University Bremen (idw)

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