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Können Orangen das Weltklima retten?

Archivmeldung vom 24.05.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.05.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

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Mit einem Katalysator aus Orangenschalen lassen sich Kunststoffe aus Kohlendioxid gewinnen

Ein lang gehegter Traum der Forscher, der seit vielen Jahren durch die Köpfe geistert, könnte in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts in Erfüllung gehen. Die Herstellung von Kunststoffen aus der Luft – genauer gesagt aus den darin enthaltenen Komponenten Kohlendioxid und Wasserdampf. Die erste Hürde auf dem langen Weg wurde jetzt im Department of Chemical Engineering der Universität Pittsburgh im Team von Professor Eric J. Beckman genommen.

Möglichkeiten, aus der Energie-Gewinnung frei werdendes Kohlendioxid als Kohlenstoff-Quelle zur Synthese von Kunststoffen zu benutzen, werden seit 1950 erforscht. Dabei konzentriert sich die chemische Forschung auf geeignete Katalysator-Systeme, die die natürlichen Vorgänge der pflanzlichen Fotosynthese nachahmen. Das Ziel der laufenden Forschungsarbeiten fokussiert sich auf einfach gebaute Kohlenstoff-Monomere, die durch Copolymerisation dann zu höher-molekularen Polymeren aufgebaut werden könnten. Eine wichtige Schlüsselrolle kommt zinkhaltigen Katalysator-Systemen zu. Diese weisen Reaktions- und Ausbeute-Raten auf, die in naher Zukunft einen rentablen und kostengünstigen Einsatz wahrscheinlich erscheinen lassen. Beckmann will sie jetzt mit Methoden verbessern, die sich bereits bei der Entwicklung von Metallocen-Katalysatoren für Polyolefine bewährt haben. So haben zinkhaltige Katalysatoren bei der Copolymerisation von Kohlendioxid inzwischen Reaktions-Verbesserungen um mehrere Größenordnungen bei der Synthese von Poly-Cyclohexenen erreicht. Diese Hexene haben zwar schon einen Schmelzpunkt um 135 Grad Celsius, ihre Herstellungskosten aus dem zuerst als Monomer entstehenden Cyclohexen, liegen aber noch zu hoch. Wenn von Kohlenmonoxid ausgegangen wird, um Olefin- Copolymere (z. B. Polyalkyl-Ketone) herzustellen, kann man Polymere kostengünstig produzieren, die schon mit marktgängigen Thermoplasten konkurrieren können. In ähnlicher Weise Kohlendioxid mit Olefinen umzusetzen, gilt als möglich, wenn man ein entsprechendes Katalysator-System dazu finden kann. Die Forscher denken, dass es in zehn bis 20 Jahren gelingen könnte, das in der Atmosphäre enthaltene Kohlendioxid zur Herstellung wertvoller Thermoplaste zu nutzen. Als Plädoyer für den sorgloseren Umgang mit dem Treibhausgas wollen die Forscher aus Pittsburgh ihre Entdeckung aber nicht verstanden wissen – denn allein der jährliche Anstieg des Kohlendioxid-Levels in der Atmosphäre ist um Größenordnungen höher als der weltweite Bedarf an Kunststoffen, die sich rein rechnerisch daraus herstellen ließen.

In anderen als sehr originell zu bezeichnenden Versuchen haben amerikanische Forscher wiederum einen hochwertigen Kunststoff aus Orangenschalen und Kohlendioxid hergestellt. Um die ungleichen Partner zur Reaktion zu bringen, setzten Geoffrey Coates und seine Mitarbeiter von der Cornell-Universität in Ithaca einen eigens entwickelten Katalysator ein. Das Ergebnis – ein neuer stabiler Kunststoff – ließ die Fachwelt aufhorchen.

Die Orangenschalen dienten den Forschern zur Herstellung von Limonen. Das ist unter der chemischen Lupe betrachtet ein ungesättigter Kohlenwasserstoff mit der korrekten Bezeichnung „1,8-p-Menthadien, 4-Isopropenyl-1-methylcyclohexan“. In Orangenschalen ist diese Verbindung reichlich enthalten: ungefähr 95 Prozent des in der Schale enthaltenen Öls entfallen auf Limonen. Bisher wird diese Verbindung, die in auch in über 300 anderen Pflanzenarten – angefangen vom Edeltannen- bis hin zum Muskatöl vorkommt – vor allem als Duftstoff in Seifen, sowie in Putz- und Waschmitteln eingesetzt.

Bei ihren Versuchen oxidierten die Forscher Limonen zunächst mit Hilfe des in der Luft enthaltenen Sauerstoffs zu Limonenoxid. Unter der Mitwirkung eines aus patenrechtlichen Gründen noch geheim gehaltenen Katalysators ist Limonenoxid in der Lage, bei Einwirkung des ansonst reaktionsträgen Kohlendioxids polymere Ketten auszubilden. bildeten die beiden Komponenten zusammen die für Kunststoffe üblichen langen Ketten, die in diesem Fall abwechselnd aus Kohlenstoffdioxid- und Limonenoxideinheiten aufgebaut waren.

Der neu entstandene Kunststoff, bei dem es um ein Polylimonenkarbonat handelt, soll hinsichtlich seiner Eigenschaften vielen der handelsüblichen und aus Rohöl gewonnenen Kunststoffe nicht nachstehen. „Die Eigenschaften des aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellten Kunststoffs ähneln denen des vielseitig verwendeten Polystyrols“, berichtet Coates. In Zeiten von Wegwerfprodukten aus Kunststoff ist der neue Werkstoff nach Ansicht der Wissenschaftler daher eine gute, umweltfreundliche Alternative. Und nicht nur das: Auch wenn das Verfahren ähnlich wie die „Methode aus Pittsburgh“ nicht ernsthaft als Kohlendoxid-Senke diskutiert werden kann, wurde ein wichtiger Meilenstein für hoffentlich weitere innovative Ideen genommen, um dem Treibhausgas Kohlendioxid den Weg als möglichen Rohstoff der Zukunft zu ebnen.

Quelle: Der Artikel ist ein Auszug aus dem Buch „Fußball, Fashion, Flachbildschirme. Die neueste Kunststoffgeneration“ (Wiley-VCH Verlag, EUR 24.90). Das Buch ist ab 24. Mai 2006 im Handel erhältlich. http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3527314113/sciberia/303-0640397-5404222

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