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Neutrinos: Unerschöpfliche Energiequelle der Zukunft oder Pseudowissenschaft?

Archivmeldung vom 11.08.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.08.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Die erste Aufnahme eines Neutrinos in einer Blasenkammer gefüllt mit flüssigem Wasserstoff am Argonne National Laboratory von 1970.
Die erste Aufnahme eines Neutrinos in einer Blasenkammer gefüllt mit flüssigem Wasserstoff am Argonne National Laboratory von 1970.

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Was wäre, wenn Energie überall und umweltfreundlich zur Verfügung stände? „Viele geopolitische Konflikte könnten vermieden werden“, verspricht Holger Thorsten Schubart in einem Interview mit Bolle Selke vom russischen online Magazin "Sputnik". Der CEO der Neutrino Energy Group will Energie aus Neutrinos erzeugen. Physiker zweifeln an der Idee.

Weiter heißt es auf der deutschen Webseite des Magazins: "„Neutrinos muss man sich einfach als eine Art Strahlung vorstellen, aber als eine Strahlung, die Masse hat“, erklärt Schubart. „Ein unaufhörlicher Strom kleinster Elementarteilchen. Uns erreichen Milliarden davon pro Sekunde und Quadratzentimeter.“

„Masse bedeutet Energie“

Gerade wurde mithilfe des „IceCube“-Detektors am Südpol ein besonders hochenergetisches Neutrino aufgespürt. Dass Neutrinos Masse besitzen, ist spätestens seit dem Physiknobelpreis 2015 allgemein anerkannt. Takaaki Kajita und Arthur B. McDonald wurden damals für ihren Beweis, dass Neutrinos Masse besitzen, ausgezeichnet. Der Geschäftsführer der Neutrino Energy Group beruft sich im Sputnik-Interview auf das von Albert Einstein entdeckte Naturgesetz der Äquivalenz von Masse und Energie, kurz E = mc². Allerdings legt Schubart Wert darauf, dass sie keine Neutrinos „einfangen“ wollen und könnten. Er betont:

„Um an ein einzelnes Teilchen zu gelangen, hat die Grundlagenforschung riesige Experimente aufgebaut. Uns geht es darum, da wir nun wissen, wir haben Teilchen mit Masse und Energie, einen Teil dieser kinetischen Energie in elektrischen Strom umzuwandeln. Das funktioniert und das machen wir. Ähnlich wie bei der Photovoltaik, wo man ja vor vielen Jahren das sichtbare Strahlenspektrum der Sonne in Energie umwandelte, sind wir heute in der Lage, das nicht sichtbare Strahlenspektrum zu verwandeln. Das läuft alles unter dem Begriff Neutrinoenergie.“

Der wahre Da-Vinci-Code?

In ihrer Pressemitteilung  spricht die Neutrino Energy Group vom „wahren Da-Vinci-Code“: „Das Geheimnis liegt in der Geometrie der Beschichtungsmaterialien und der Resonanz, die sich entwickelt, sobald ein Teil der Neutrinos diese Partikel in Schwingung versetzt. Silizium und Kohlenstoff (in Nanogröße), welche die Hauptbestandteile der Beschichtung auf einem metallischen Träger bilden, geraten bei richtiger Anordnung (der wahre Da-Vinci-Code) durch die Impulse aus dem Teilchenstrom in Resonanz.“

Die Resonanz könne man dann auf einen elektrischen Leiter übertragen. Dies werde in einem Patent (WO2016142056 A1, 7.03.2016) der Neutrino Deutschland GmbH beschrieben.

Gerüchte um Finanzierung von Neutrino Energy

Neutrino Energy will sich nicht als Firma verstanden sehen, die die Produktion selbst durchführt. Vielmehr wolle man Funktionalmuster entwickeln, welche dann von der Industrie umgesetzt würden.

Einige Medien unterstellen dem Unternehmer Holger Thorsten Schubart unlautere Geschäftstaktiken. Wiki mit anonymem Autorenkreis Psiram (Pseudowissenschaft, Irrationale Überzeugungssysteme, Alternative Medizin) beispielsweise unterstellt Schubart betrügerische Aktivitäten und behauptet, er würde mit Hilfe von Neutrino Incorporated gutgläubige Investoren suchen.

„Wenn jemand mit einer neuen Idee kommt, ist das natürlich in diesem Falle ein Angriff auf das etablierte System“, begründet Schubart die Kritik an seiner Person und der Neutrino Group. „Was wir gemerkt haben, ist, dass wir nicht unterstützt wurden, sondern uns wurde das Leben unglaublich schwer gemacht. Nachdem wir 2014 die Öffentlichkeit informiert haben, hat eine unglaubliche Denunziationskampagne stattgefunden.“

So wäre das Thema zwar gebremst worden, aber man habe in Ruhe weiterentwickeln können. Schubart sagt: „Stellen Sie sich vor, wir hätten in den Sechzigern oder Siebzigern das Mobiltelefon kabellos mit Touchscreen und W-LAN präsentiert. Ich glaube, die hätten uns alle als Betrüger und wie auch immer verteufelt. Wir sehen das gelassen, mehr und mehr werden unsere Thesen angenommen. Irgendwann wird den Skeptikern der Wind aus den Segeln genommen werden.“

Experten zweifeln

Derzeit sind die Skeptiker noch in der Überzahl. „Völlig ausgeschlossen!“, hält Stefan Recksiegel, Physiker an der Technischen Universität München, gegenüber Focus Online die Idee, aus Neutrinos Energie zu gewinnen:

„Neutrinos wechselwirken so extrem schwach mit Materie, dass das völlig unmöglich ist. Den größten Neutrinofluss auf der Erde bekommt man in der Nähe von starken Kernreaktoren. Selbst dort sieht man in tonnenschweren Reaktoren nur ein paar Hundert Reaktionen pro Tag. Das sind ganz viele Größenordnungen zu wenig, um auch nur eine LED leuchten zu lassen, vom Aufladen von Akkus ganz zu schweigen.“

Der Meinung ist auch Elisa Bernardini, Professorin für Gamma- und Neutrino-Astronomie an der Humboldt-Universität zu Berlin, gegenüber Sputnik. Sollten die Unmengen an Neutrinos, welche von der Sonne zur Erde strahlen, tatsächlich Energie übertragen, dann müsste man dies auf unserem Planeten merken, durch Erwärmung zum Beispiel. Auch wäre die Information, die von Neutrino Energy zur Verfügung gestellt würde, zu gering, um sich daraus ein Bild von der Funktionalität der Ideen zu machen.

Wissenschaft oder Spinnerei?

Torsten Hehl vom Physikalischen Institut an der Universität Tübingen räumt gegenüber Focus ein: „Viele zunächst verrückt klingende Ideen wurden später bestätigt, aber deutlich mehr wurden letztlich widerlegt oder blieben Spinnereien.“ Genauso funktioniere Wissenschaft nun mal: „Erst wenn ein Ergebnis unter eindeutigen Bedingungen reproduzierbar ist, wird es auch akzeptiert.“

Holger Thorsten Schubart und seine Neutrino Group versuchen weiter, mit den Möglichkeiten, die sie haben, die Aufklärung voranzutreiben: „Wir versuchen, das Team der Wissenschaftler zu vergrößern. Wir versuchen, auch eine Begeisterung dafür aufzubauen. Wenn die Allgemeinheit versteht, dass es hier darum geht, das System zu verbessern, mit vielen positiven Einflüssen, dann werden wir viele Leute haben, die das unterstützen.“

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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