Überraschung bei der Suche nach der zweiten Erde
Archivmeldung vom 12.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Team von Wissenschaftlern hat unter Federführung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) die Bewohnbarkeit des 20 Lichtjahre entfernten Planetensystems Gliese 581 im Sternbild Waage untersucht.
Mit Hilfe eines Modells für die zeitliche Entwicklung von erdähnlichen Planeten, das mit einem Klimamodell gekoppelt wurde, konnten sie für den Planeten Gl 581d lebensfreundliche Bedingungen nachweisen, wohingegen sein kleiner Bruder, Gl 581c, als unbewohnbar eingestuft werden muss.
Dies widerspricht der Mitteilung eines anderen Forscherteams im April dieses
Jahres, das Gl 581c als ersten bewohnbaren Planeten außerhalb unseres
Sonnensystems bezeichnet hatte.
Die neuen Untersuchungen der Potsdamer
Forscher Werner von Bloh, Christine Bounama und Siegfried Franck sowie Manfred
Cuntz von der Universität Texas in Arlington berücksichtigen die thermische
Entwicklung der Planeten, das heißt die Abkühlung des Planetenkörpers seit
seiner Entstehung und die damit zusammenhängenden geodynamischen Parameter.
Aufgrund seiner großen Masse halten die Potsdamer eine dichte Atmosphäre für
wahrscheinlich. Die vorangegangenen Berechnungen hatten die Bewohnbarkeit des
Planeten Gl 581c allein aus den Temperaturen abgeleitet, die über die
Strahlungsbilanz einer Planetenoberfläche ohne Atmosphäre berechnet
wurden.
Das Planetensystem Gliese 581 weist vermutlich drei Planeten auf,
die um einen Roten Zwerg kreisen. Dieser Zentralstern leuchtet etwa hundertmal
schwächer als unsere Sonne. Die beiden ins Visier genommenen Planeten sind
sogenannte Super-Erden, also Planeten, die bis zu zehnmal mehr Masse als die
Erde besitzen.
Der in der Presse bereits als "zweite Erde" gefeierte
Planet Gl 581c ist unter den bisher entdeckten extrasolaren Planeten den
Dimensionen nach der Erde zwar am ähnlichsten, weil er "nur" fünfmal so viel
Masse wie sie besitzt. Er befindet sich nach den neuen Berechnungen jedoch so
dicht an seinem Zentralstern, dass seine Oberfläche für die Entwicklung von
Leben zu heiß ist.
Die Umweltbedingungen auf dem Planeten Gl 581d
hingegen, der im Vergleich zur Erde achtmal so massereich und weiter vom
Zentralstern entfernt ist, könnten im Gegensatz zu den bisherigen Annahmen die
Entwicklung primitiver Lebensformen zulassen. Da dieser Planet jedoch seinem
Stern - wie der Mond der Erde - immer die gleiche Seite zuwendet, ist die
Entstehung höheren Lebens sehr unwahrscheinlich. Auf seiner Tagseite ist es
vermutlich relativ warm, während auf der Nachtseite eisige Kälte herrscht. Auch
für den Menschen könnte Gliese 581d keine zweite Heimat sein, denn selbst auf
seiner beleuchteten Seite herrscht nur rotes Dämmerlicht und toben heftige
Stürme.
Die Suche nach einer "zweiten Erde", die höheres Leben beherbergen kann, ist somit noch lange nicht vorbei. Doch spannend dürfte die nähere Untersuchung von Gl 581d allemal sein, denn er liegt immerhin in der Zone, in der die Entstehung von Leben denkbar ist. Er und seine Nachbarn befinden sich in Beobachtungsreichweite der von den Europäern für 2015 geplanten Satellitenmission Darwin, die extrasolare Planeten beobachten und nach Anzeichen für Leben suchen soll. Die Super-Erde Gl 581d sollte in diesem Rahmen unbedingt erforscht werden.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.