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Temperatur treibt die Artenvielfalt

Archivmeldung vom 23.12.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.12.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren nimmt mit sinkender Temperatur ab. Das Foto entstand am Kilimandscharo auf einer Höhe von etwa 3.800 Metern. Quelle: (Foto: Andreas Ensslin) (idw)
Die Vielfalt an Pflanzen und Tieren nimmt mit sinkender Temperatur ab. Das Foto entstand am Kilimandscharo auf einer Höhe von etwa 3.800 Metern. Quelle: (Foto: Andreas Ensslin) (idw)

Warum ist die Vielfalt von Tieren und Pflanzen auf der Erde so unterschiedlich verteilt? Zu dieser alten Kernfrage der Ökologie legt eine internationale Forschungsgruppe unter Würzburger Leitung neue Daten vor. Für eine hohe Biodiversität ist demnach die Temperatur verantwortlich.

Der 5.895 Meter hohe Kilimandscharo mit seinen unterschiedlichen Klimazonen ist für die Ökologie ein bedeutendes Forschungsfeld. Quelle: (Foto: Anna Kühnel) (idw)
Der 5.895 Meter hohe Kilimandscharo mit seinen unterschiedlichen Klimazonen ist für die Ökologie ein bedeutendes Forschungsfeld. Quelle: (Foto: Anna Kühnel) (idw)

In den arktischen Regionen der Erde bleibt die Vielfalt an Tieren und Pflanzen relativ überschaubar. Die tropischen Gegenden dagegen bersten geradezu vor einer Fülle unterschiedlichster Lebewesen. Dort werden sogar immer wieder neue Arten entdeckt.

Wodurch kommt dieses Ungleichgewicht zu Stande? Warum gibt es in den Tropen mehr Arten als in den höheren Breiten? „Das ist nach wie vor eine Kernfrage der Ökologie“, sagt Professor Ingolf Steffan-Dewenter vom Biozentrum der Universität Würzburg. „Die Herausgeber von Science haben sie schon vor gut zehn Jahren zu den 25 wichtigsten ungeklärten Fragen der Wissenschaft gezählt.“

Mehrere Hypothesen im Umlauf

Bis heute werde über diese Kernfrage kontrovers diskutiert. Eine Hypothese ist zum Beispiel, dass die Primärproduktivität eines Lebensraums am Ende über die Anzahl der Arten dort entscheidet. Vereinfacht gesagt: „Von einem größeren Kuchen können sich mehr Arten ernähren als von einem kleinen Kuchen“, so der Würzburger Ökologe Dr. Marcell Peters. Eine andere Hypothese gehe davon aus, dass Evolutionsraten und Artbildung von der Temperatur abhängen. Demnach existieren in einem wärmeren Klima mehr Arten als in einem kalten.

Untersucht wurden diese Hypothesen bisher meist anhand bestimmter Artengruppen: Die Studien betrachteten zum Beispiel nur Vögel, Bienen, Ameisen oder Farne und analysierten deren Vielfalt in verschiedenen Regionen der Welt – etwa in Nordamerika, Europa oder entlang des Höhenunterschieds in den Alpen. „In der einen Studie fand man diese, in der anderen Studie jene Hypothese gestützt“, so Peters. Doch von einer „allgemeinen Regel“, auf die man in der Ökologie abziele, sei man weit entfernt.

Am Kilimandscharo einzigartige Studie erarbeitet

Peters und das Team der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschergruppe FOR1246 stellen nun im Fachblatt „Nature Communications“ eine neue Studie vor, die bislang einzigartig ist und in der vier Jahre Arbeit stecken: „Wir haben auf einem der größten Klimagradienten der Erde, am Kilimandscharo, so viele Tier- und Pflanzengruppen wie nie zuvor parallel betrachtet“, sagt der Forscher.

Insgesamt hat das Team acht Gruppen von Pflanzen und 17 Tiergruppen untersucht, angefangen von Bienen bis hin zu Fledermäusen. 38 Wissenschaftler aus Deutschland, Tansania und anderen Ländern waren beteiligt, dazu kamen vor Ort rund 50 Fahrer, Träger und andere Hilfskräfte. „Um manche Flächen zu erreichen, waren Bergwanderungen von mehreren Tagen nötig“, so Peters.

Das Studiengebiet erstreckte sich von den Savannen am Fuß des Berges bis zu den Lebensräumen auf einer Höhe von 4.550 Metern, wo Pflanzen gerade noch so wachsen können. Die Daten über alle Gruppen wurden jeweils auf den gleichen Flächen und in der gleichen Zeit erhoben. „So konnten wir nicht nur den Artenreichtum jeder einzelnen Gruppe analysieren, sondern den von ganzen Lebensgemeinschaften.“

Vielfalt steigt mit der Temperatur

Dabei kam heraus, dass die Artenvielfalt in Lebensgemeinschaften alleine durch die Temperatur bestimmt wird. Je wärmer es ist, umso größer fällt die Vielfalt aus. „Je mehr Gruppen von Tieren und Pflanzen man parallel untersucht, umso mehr nimmt die Bedeutung der Temperatur für die Erklärung der Artenvielfalt zu, während die Bedeutung aller anderen Variablen entsprechend abnimmt.“

Das sehen die Wissenschaftler als starkes Indiz dafür, dass es tatsächlich die Temperatur ist, die über die Biodiversität bestimmt, und nicht die Produktivität oder die Größe von Lebensräumen.

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg (idw)

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