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Mehr Gene erkannt, die Gewicht und Statur beeinflussen

Archivmeldung vom 13.02.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.02.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Dennis Witte
Schematische Darstellung eines Gens auf einem DNA-Strang. Der Abschnitt der Doppelhelix auf der DNA zeigt ein eukaryotisches Gen, das Introns und Exons enthält, und im Hintergrund den zu einem Chromosom kondensierten DNA-Strang. Exons und Introns umfassen weit mehr Basenpaare als im Bild angedeutet.
Schematische Darstellung eines Gens auf einem DNA-Strang. Der Abschnitt der Doppelhelix auf der DNA zeigt ein eukaryotisches Gen, das Introns und Exons enthält, und im Hintergrund den zu einem Chromosom kondensierten DNA-Strang. Exons und Introns umfassen weit mehr Basenpaare als im Bild angedeutet.

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Zu den 41 bekannten Stellen im Erbgut, die mit dem Body-Mass-Index (BMI) des Menschen zusammenhängen, kommen 56 weitere Genstellen hinzu. Zu diesem Ergebnis kam die bisher größte internationale Genomstudie mit über 339.000 menschlichen Proben. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die häufigen Adipositas-assoziierten Genvarianten den BMI zu rund 21 Prozent beeinflussen, für das gesamte Genom nehmen sie sogar einen 40- bis 70-prozentigen Einfluss an. In einer weiteren Analyse des Gesamtgenoms von über 224.000 Personen zeigte sich, dass 68 Genstellen mit der Fettverteilung am Körper assoziiert sind.

Forscher der Universität Leipzig waren an beiden Genanalysen beteiligt, über die das Wissenschaftsmagazin Nature in seiner jüngsten Ausgabe berichtet.

Die Fettverteilung sagt mehr über den Krankheitswert von Übergewicht als der BMI, da Menschen mit bauchbetontem Fettgewebe ein größeres Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. In den aus zahlreichen Forschungseinrichtungen zusammengetragenen Analysen untersuchten die Wissenschaftler, welche Genvarianten bei einem höheren oder niedrigen BMI beziehungsweise bei unterschiedlicher Fettverteilung vermehrt anzutreffen sind. Obwohl alle Menschen mit denselben Genen ausgestattet sind, gibt es Unterschiede in der Abfolge der Genbausteine, den Nukleotiden. Diese Genvarianten und die Anzahl dieser abweichenden Genstellen haben einen großen Einfluss auf den Menschen. "Nicht das eine Adipositasgen, sondern eine Vielzahl von Genvarianten beeinflussen BMI und Körpergewicht", erläutert Peter Kovacs. Er ist Professor für Adipositas- und Diabetesgenetik am Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen in Leipzig, das an der BMI-Studie beteiligt war.

Wechselwirkung zwischen Genen und Gehirn

Eine entscheidende Rolle spielen Gene, die im Hypothalamus, Hippocampus und Limbischen System aktiv sind. Das sind Gehirnregionen, die für Stoffwechsel und Energiehaushalt, Antrieb, Lernen, Gedächtnis und Emotionen zuständig sind. Das bisher am stärksten mit Adipositas assoziierte FTO-Gen (englische Abkürzung für: fat mass and obesity associated gene) ist zum Beispiel im Hypothalamus aktiv und könnte Essverhalten und Nahrungsaufnahme beeinflussen. Andere BMI-assoziierte Gene regulieren das körpereigene Glutamat, ein Botenstoff in der Nervenreizleitung im Gehirn. Die Glutamat-Aktivität und die Nahrungsaufnahme beeinflussen sich gegenseitig. "Diese Studie zeigt, dass die Genetik die Erblichkeit der Adipositas immer mehr erklären kann. Ansatzpunkte für eine Adipositastherapie liegen aber in den Nerven- oder Stoffwechselaktivitäten, die von bestimmten Genvarianten beeinflusst werden", so Kovacs.

Menschen, die viele der BMI-relevanten Genstellen aufweisen, zeigen auch mehr genetische Einflüsse auf den Stoffwechsel. Dies könnte erklären, warum ein steigender BMI mit zunehmenden Stoffwechselstörungen verbunden ist. Die zusammenfassende Metaanalyse, die verschiedene internationale Forschungsdaten auswertete, untersuchte zusätzlich die Auswirkung der 97 BMI-assoziierten Genstellen auf verschiedene Ethnien. Rund 80 Prozent dieser Genstellen hatten bei Menschen afrikanischer Herkunft einen vergleichbaren Effekt wie bei den europäischen Studienteilnehmern. Bei ostasiatischer Herkunft waren es sogar über 90 Prozent.

Gene beeinflussen, wo Fettpolster sitzen

Da vor allem die Fettverteilung am Körper ausschlaggebend ist für den Krankheitswert eines erhöhten BMI, ist eine weitere internationale sogenannte Genomstudie unter Leitung des schwedischen University Diabetes Center in Malmö interessant. Darin zeigte sich, dass neben 16 bekannten noch 33 neu gefundene Genstellen die menschliche Fettverteilung beeinflussen - unabhängig von BMI und Körpergröße. Dazu kommen weitere 19 Genstellen, die BMI und Fettverteilung beeinflussen. In der Genomanalyse wurde deutlich, welche Genvarianten gemeinsam auftraten mit bestimmten Fettverteilungsmustern gemessen in Taillen- und Hüftumfang. Das Verhältnis von Taillen- zum Hüftumfang ist ein wichtiger Wert, um zu beurteilen, ob bauchbetontes und somit gesundheitsschädlicheres Übergewicht vorliegt. Er sollte bei Männern das Verhältnis 1,0 und bei Frauen von 0,85 nicht übersteigen.

Gene prägen männliche und weibliche Figur

Im Gegensatz zu BMI-assoziierten wirken sich die für die Fettverteilung entscheidenden Genvarianten bei Frauen signifikant stärker aus als bei Männern. 19 von 49 Genvarianten, die mit Hüft- und Taillenumfang zusammenhängen, sind beim weiblichen Geschlecht stärker ausgeprägt. Dabei stehen die Gene in enger Verbindung mit den Geschlechtshormonen, sodass die unterschiedliche Fettverteilung in Pubertät und Menopause am deutlichsten sichtbar wird. Für die Art der Fettverteilung werden bereits mit der Verteilung der Gene in der befruchteten Eizelle die Weichen gestellt.

Die Ergebnisse der Genanalyse bilden die Grundlage für die weitere Erforschung der biologischen Mechanismen der Körperfettverteilung und ihrer gesundheitlichen Auswirkungen. Erst wenn Wissenschaftler die krankmachenden Mechanismen vermehrten Fettgewebes im Bauchbereich und um die Eingeweide besser verstehen, können sie Ansätze finden, diese Mechanismen zu unterbrechen. "Die Genetische Forschung entlässt den Menschen aber nicht aus seiner Eigenverantwortung. Unabhängig vom individuellen Genprofil bleiben ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung die besten Wege, gesund zu bleiben", so Kovacs.


Quelle: Universität Leipzig (idw)

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