Bündnis "Bahn für Alle": Wahre Bilanz der DB AG: Gewinne auf Kosten von Kunden und Bürgern
Archivmeldung vom 02.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Die wahre Bilanz der Deutschen Bahn AG sieht anders aus als von Hartmut Mehdorn vorgelegt: Sie ist im Sinne des Eigentümers Bund, im Sinne der Kunden und im Sinne des Bahnverkehrs negativ", hat Bernhard Knierim vom Bündnis "Bahn für Alle" die aktuellen Gewinnzahlen der DB AG kritisiert.
"Deshalb sind 70 Prozent der Menschen gegen
alle Privatisierungsvarianten, wie jüngste
Umfrageergebnisse bestätigen."
Aktivisten von "Bahn für Alle" zeigten vor der
Bilanzpressekonferenz der DB AG, wie die positiven
Bilanzzahlen bei genauerem Hinsehen platzen wie
Luftballons. Als Investoren verkleidete Demonstranten zogen
aus einer von Hartmut Mehdorn gehaltenen Bilanzkiste
Schautafeln, die darstellen, dass die DB AG Strecken und
Arbeitsplätze abgebaut, aber Preise, Vorstandsgehälter und
die Zahl der Langsamfahrstellen erhöht hat.
"Kurzfristige Gewinne werden mit massiven, mittel- und
langfristig wirkenden Verschlechterungen erkauft. Diese
werden den Steuerzahlenden, den Beschäftigten und den
Bahnkunden aufgebürdet. Insbesondere leidet die Substanz
der Bahn", erklärte Knierim, Bahnexperte beim
globalisierungskritischen Netzwerk Attac, einem der 15
Träger des Bündnisses "Bahn für Alle". Seit 1994 seien
6.000 Streckenkilometer abgebaut, 600 Bahnhöfe geschlossen
und fast 60.000 Weichen und Kreuzungen herausgerissen
worden. "Damit wird Flexibilität aufgegeben und das Netz
anfälliger für Verspätungen", sagte Knierim.
Die ausgewiesene Kapitalrendite komme vor allem zustande
durch zu niedrig angegebenes Anlagevermögen. "Durch
öffentliche Gelder finanzierte Neubauten werden nicht
bilanziert. Bei Verkäufen von Immobilien wird oft mehr
eingenommen als in der Bilanz steht ", kritisierte Knierim.
Die 2007 für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag
verkauften 490 Bahnhofsgebäude seien in der Bilanz
lediglich mit 15 Millionen Euro geführt worden.
Gewinne der vergangenen Jahre seien zum Teil erzielt
wurden, in dem zuvor angelegte Rückstellungen aufgelöst
wurden. 2002 betrugen die Rückstellungen etwa 14 Milliarden
Euro, 2006 nur noch 6,3 Milliarden Euro.
"Es ist unverschämt, wie DB-Chef Mehdorn versucht, die
Gewerkschaften für schlechtere Gewinnzahlen verantwortlich
zu machen. Tatsächlich hat Mehdorn den Lokführer-Streik mit
seiner sturen Haltung verursacht und damit am Ende für die
Bahn nichts gewonnen", sagte Knierim. Die DB AG weise pro
Mitarbeiter einen Gewinn von mehr als 10.000 Euro aus. "So
hoch sind die Lohnsteigerungen pro Mitarbeiter gewiss
nicht."
Gewinn macht die DB AG vor allem mit dem Nahverkehr - also
mit öffentlichen Aufträgen für Bahnverkehr. "Den Gewinn,
den heute der Bund erhält, hat er zuvor als Zuschüsse
ausgegeben. Falls die DB AG zum Teil privatisiert wird,
würde der Bund nur noch die Hälfte dieses Gewinns erhalten,
aber weiter voll zahlen", kritisierte Jürgen Mumme von der
Umweltorganisation Robn Wood, einem weiteren Träger von
"Bahn für Alle". Der Bund gebe dieses Geld zu Recht für
Bahnverkehr im Allgemeinwohl aus. "Die Gewinne dürfen
keinesfalls an Private fließen", forderte Mumme.
Anders, als Mehdorn behauptet, habe die DB AG seit 1994
nicht mehr Verkehr auf die Schiene gebracht. "Die leichten
Zunahmen der vergangenen Jahren gleichen die Verluste der
Vorjahre kaum aus", sagte Mumme. Berechne man die seit 1998
anders berechneten Fahrgastzahlen nach der alten Formel, so
ergeben sich für das Jahr 2006 knapp 1,7 Milliarden
Fahrgäste. Dem stehen 1,5 Milliarden Fahrgäste im Jahr 1994
gegenüber. Im Fernverkehr gingen in diesem Zeitraum durch
gestrichene Verbindungen 30 Millionen Fahrgäste verloren.
Im Güterverkehr sank die Tonnage von 1994 bis 2006 um eine
Million auf 308 Millionen Tonnen.
"In der Tat braucht die DB AG eine klare Entscheidung ihres
Eigentümers Bund: Dass sie in öffentlicher Hand öffentliche
Aufgaben zu erledigen hat statt kurzfristigen Gewinnen für
wenige zu erwirtschaften ", forderte Mumme.
Quelle: Bündnis "Bahn für Alle"