Großaktionäre wollen TUI-Konzern zerschlagen
Archivmeldung vom 06.03.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakNach Informationen von WELT ONLINE fordern Großaktionäre des Reise- und Schifffahrtkonzerns TUI dessen Zerschlagung. Das Unternehmen muss auf den Brief eines Anteilseigners reagieren. TUI-Chef Michael Frenzel könnten angesichts dieses Drucks einknicken. Die Containersparte steht zur Disposition
Die Aufspaltung des TUI-Konzerns in seinen Touristikteil und die Containerschifffahrt wird immer wahrscheinlicher. Informationen von WELT ONLINE aus dem Konzernumfeld zufolge wird Vorstandschef Michael Frenzel von einflussreichen Aktionären aufgefordert, die Hamburger Schifffahrtstochter Hapag-Lloyd vom Konzern abzuspalten. Frenzel selbst wiederum ist inzwischen einem direkten Verkauf der Containerschifffahrt nicht mehr vollständig abgeneigt.
An der Spitze der Bewegung steht der norwegische Reeder John Fredriksen, der offiziell mindestens fünf Prozent an der TUI hält. Möglicherweise hält der Norweger über Strohmänner aber bereits mehr TUI-Anteile. In einem Schreiben an Frenzel und seinen Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen Krumnow vom vergangenen Dienstag begründet Fredriksen seine Forderung damit, dass eine Abspaltung „der effizienteste Weg“ sei, den wahren Wert der TUI-Tochter Hapag-Lloyd transparent zu machen. Außerdem ermögliche ein sogenannter Spin-off, dass die Hapag-Lloyd eigenständig die Konsolidierung der weltweiten Containerschifffahrt vorantreiben könne.
Der TUI-Konzern bestätigte WELT ONLINE die Existenz des Fredriksen-Schreibens: „Es gibt eine neue Situation, mit der haben wir uns auseinanderzusetzen“, sagte ein Konzernsprecher. Bei einem Investor dieser Größenordnung sei es klar, dass ein solches Anliegen Eingang in die Diskussion des Aufsichtsrats finde: „Der Aufsichtsrat wird sich in der nächsten Sitzung am 17. März mit den strategischen Optionen des Konzerns auseinandersetzen.“
Aktionäre enttäuscht über Entwicklung der TUI-AktieHintergrund der Forderungen ist, dass die TUI-Aktie sich seit Jahren schlecht entwickelt. In den vergangenen vier Jahren dümpelte das Papier immer wieder zwischen 14 und 18 Euro und schaffte es nur selten über die 20-Euro-Marke. Dabei leidet die TUI unter einem Konglomeratsabschlag, da Investoren sich auch an der schwächelnden Touristik beteiligen müssen, wenn sie Anteilseigner der Reederei Hapag-Lloyd sein wollen.
Im
Gegensatz zum Verkauf oder Börsengang erhält der Mutterkonzern TUI AG
bei einer Abspaltung kein Geld, sondern bucht ihren Aktionären
Hapag-Lloyd-Anteile ins Depot. Diesen eher ungewöhnlichen Weg gingen in
Deutschland bislang Celanese (Hoechst) die Hypo Real Estate (HVB Group)
und Lanxess (Bayer). Wie diese Unternehmen wäre auch Hapag-Lloyd fortan
eine eigenständige, börsennotierte Gesellschaft.
Kommt es
hingegen zum Verkauf, würde die Hapag-Lloyd möglicherweise künftig Teil
eines ausländischen Konzerns. Ein Kandidat für die Übernahme ist die
Neptun Oriental Line NOL, die von Temasek, dem Staatsfonds Singapurs,
kontrolliert wird. Eine Fusion der NOL mit der Hapag-Lloyd im Tausch
gegen eine Beteiligung der Temasek an der TUI AG ist offenbar vom
Tisch. Dem würden auch Aktionäre wie Fredriksen nicht zustimmen.
Die
neue Situation ist eine Niederlage für Konzernchef Frenzel, der erst
kürzlich den TUI-Konzern mit der Hapag-Lloyd verschmelzen wollte.
Danach wäre ein direkter Verkauf oder eine Abspaltung weitaus
schwieriger geworden. Diese Pläne scheiterten jedoch bereits am
Widerstand Fredriksens und einiger einflussreicher
Aufsichtsratsmitglieder. Offenbar steht der Norweger längst nicht mehr
allein da. Dem Vernehmen nach sollen auch andere Großaktionäre daran
interessiert sein, dass Touristik und Containerschifffahrt vollständig
voneinander getrennt werden.
Wenig wahrscheinlich ist, dass Frenzel es auf einen Machtkampf ankommen lässt. Sollte er keine gangbare Alternative zur Abspaltung präsentieren, droht er in der TUI-Hauptversammlung Anfang Mai eine weitere Schlappe zu erleiden. Denn bei einer Abstimmung könnte deutlich werden, dass eine Mehrheit der Anteilseigner für eine Aufspaltung des Konzerns wäre. Dieses Risiko werde Frenzel aber nicht eingehen, heißt es in seinem Umfeld: „Er wäre nicht seit 14 Jahren Vorstandschef, wenn er nicht wüsste, wie man solche Schlachten in seinem Sinne dreht.