Wo sind die Berater-Banken geblieben? Oder - Wenn Bankberater ihre Kunden falsch beraten
Archivmeldung vom 02.08.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittImmer häufiger werden Banken zu Schadenersatz verurteilt, weil Sie ihre Kunden bei Investitionen in Fonds falsch beraten haben. Der Hintergrund der Klagen: Anleger hatten ihren Bankberatern vertraut und ihr Geld z.B. in Film- oder Immobilienfonds, in Falk Fonds oder in anderen, oftmals riskanten Geldanlagemodellen angelegt und dabei ihr investiertes Geld verloren.
„Wir fragen uns: Sind dies nur Einzelfälle, wie dies immer wieder von
den Banken betont wird, oder sind die Fälle symptomatisch für die ganze
Branche“, meint Claudia Lunderstedt-Georgi vom Deutschen
Verbraucherschutzring e.V. (DVS) aus Erfurt. „Wir beobachten mit Sorge,
dass gerade Bankberater ihrer Beraterpflicht gegenüber den Kunden nicht
in ausreichendem Maße nachkommen. Schade, denn gerade die Banken
sollten doch Vorbild in Geldgeschäften sein. Der Schaden, der für die
Anleger durch die falsche Beratung der Bankberater entsteht, geht dabei
vermutlich in den Milliarden-Euro-Bereich“, stellt die
DVS-Geschäftsführerin fest.
Gleich vier aktuelle Beispiele über Banken, die zu Schadenersatz verurteilt wurden, weil sie ihre Kunden bei Investitionen in Fonds falsch beraten hatten, hat der DVS zusammengestellt.
Commerzbank wegen unzureichender Beratung verurteilt
Hannover. Die Commerzbank ist vom Landgericht Hannover zu umfangreichen
Schadensersatzleistungen gegenüber einem Anleger verurteilt worden, der
auf Beratung der Bank eine Beteiligung am Filmfonds VIP 4 erworben
hatte. Der Schadensersatzanspruch umfasst neben der Erstattung des
eingesetzten Eigenkapitals auch die Verzinsung seit dem Datum der
Abgabe der Beitrittserklärung.
Das Gericht wirft der Commerzbank vor, dem Kunden den Fondsprospekt nicht rechtzeitig übergeben zu haben. Da es pro Filiale offenbar nur ein einziges Exemplar gegeben habe, seien die Kunden mit dem Hinweis vertröstet worden, sie würden bei Unterzeichnung des Fonds eine Ablichtung erhalten. Das Gericht kam dabei zu dem Schluss, dass auch ein erfahrener Anleger, selbst bei konzentrierter Lektüre des über 100 Seiten starken Prospekts, den Fonds in allen Facetten zu durchschauen kaum in der Lage gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund wäre es die Aufgabe des Kundenberaters gewesen, über die Risiken ausreichend aufzuklären, was jedoch nicht geschah. Im Gegenteil: Die Risiken seien mit dem unzutreffenden Hinweis auf Bankgarantien sogar noch verharmlost und heruntergespielt worden, wozu etwa auch ein Flyer mit der rhetorischen Frage „Möchten Sie Ihr Geld sicher angelegt wissen?“ noch zusätzlich beigetragen habe. Da aber bereits die Risikoaufklärung unzureichend gewesen sei, könne dahingestellt bleiben, ob die Bank zu einer Beteiligung an einem solchen Filmfonds überhaupt hätte raten dürfen.
GE Money-Bank mit Klage gescheitert
München. Gescheitert ist die GE Money-Bank mit ihrer Zahlungsklage
gegen einen Kunden im Zusammenhang mit der geforderten Rückzahlung der
Darlehnsvaluta aus dem Finanzierungsdarlehn zum Erwerb einer
Beteiligung am Falk Fonds 76.
Nach Auffassung des Gerichts hatte der beklagte Kunde den Darlehnsvertrag durchaus wirksam widerrufen, da es die Bank versäumt habe, ihm über das ihm zustehende Widerrufsrecht zu belehren. Die Bank habe überdies vorsätzlich und planmäßig mit dem Fondsvertreiber kooperiert. Sie habe wissentlich und willentlich zugelassen, dass der Fondsvertreiber seine Berater und Vermittler dahingehend schule, die Kunden einer der Banken des Bankenpools zuzuführen. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich die Allbank als Rechtsvorgängerin der GE Money-Bank gegenüber einer Beratungsgesellschaft ausdrücklich bereiterklärt habe, Beteiligungen am Falk-Fonds zu finanzieren. Es habe somit ein verbundenes Geschäft zwischen dem Darlehnsvertrag und der Fondsbeteiligung bestanden. Dies nämlich sei immer dann der Fall, wenn beide Geschäfte (Darlehnsabschluss und Fondsbeitritt) als wirtschaftliche Einheit zu sehen seien. Schließlich und vor allem aber komme nach der Rechtsprechung des BGH für alle Anleger von Immobilienfonds Rückzahlungsansprüche gegen die finanzierenden Banken in Betracht, wenn sie im Rahmen einer so genannten „Haustürsituation“ beraten und nicht ordnungsgemäß auf ihr Widerspruchsrecht hingewiesen wurden.
Deutsche Apotheker- und Ärztebank unter Druck
Düsseldorf. Wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken einer
Beteiligung an der Medico Immobilien Fonds Nr. 33 KG hat das
Landgericht Düsseldorf die Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG zur
Zahlung von Schadensersatz verurteilt.
Die Medico Immobilien Fonds wurden zwischen 1984 und 2005 aufgelegt.
Aufgelegt wurden seinerzeit 52 geschlossene Immobilienfonds mit einem
Zeichnungskapital von 385 Millionen Euro, an denen sich rund 15 000
Anleger als Gesellschafter beteiligten. Inzwischen befinden sich von
den noch bestehenden 38 Medico-Fonds, sämtlich Kommanditgesellschaften,
einige offensichtlich in finanzieller Schieflage. Nur geringe oder auch
gar keine Ausschüttungen an die Gesellschafter sind die Folge.
Die übernommenen Mietgarantien sind zum Teil bereits abgelaufen – mit der Folge einer drastischen Verschlechterung der Vermietungssituation und somit einer Reduzierung der Mieteinnahmen. Das Gericht stellte zudem fest, dass eben diese Mieteinnahmen samt ihrer prognostizierten Steigerung in Anbetracht der Immobilien-Standorte völlig unrealistisch dargestellt worden seien. Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank sowie die Bonnfinanz AG, die gemeinsam die Fonds vermittelt hatten, müssen sich jetzt den Vorwurf gefallen lassen, ihrer Pflicht zur Durchführung einer Plausibilitätsprüfung, also der Überprüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des jeweiligen Immobilienobjekts, nicht oder nur unzureichend nachgekommen zu sein. Das aber eröffnet geschädigten Anlegern die Chance, ihre Schadensersatzansprüche gerichtlich durchsetzen zu können.
Volksbank muss Filmfonds-Anleger Schadensersatz leisten
Bonn. Das Landgericht Bonn hat die Volksbank verurteilt, einem ihrer
Kunden, dem sie Anlagen bei der N 1 European Film Produktions-GmbH
& Co. KG vermittelt hatte, die gesamte Investition als
Schadensersatz zu erstatten, außerdem die noch ausstehenden
Investitionsbeträge angemessen zu verzinsen.
Die Volksbank hatte dem Anleger, der seit fast 20 Jahren ihr Kunde ist,
zwischen 2001 und 2003 drei Beteiligungen an Fondsgesellschaften
vermittelt und ihm hierzu einen 75-seitigen Fonds-Prospekt überreicht.
Dieser Prospekt enthielt zwar auch eine einseitige Übersicht, in der
allerdings nichts von eventuellen Ausfallrisiken bis hin zum möglichen
Totalverlust erwähnt war. Gänzlich verschwiegen wurde dies freilich
nicht, sondern wurde im Innern der Broschüre („Risiken der
Beteiligung“) abgehandelt. Das hätte die Volksbank nach Auffassung des
Gerichts jedoch nicht von ihrer Pflicht befreit, den Anleger
ausdrücklich darauf hinzuweisen. Das Risiko, das eingesetzte Kapital zu
verlieren, sei ein für die Entscheidung des Anlegers so wichtiger
Umstand, dass er vom Berater ausdrücklich angesprochen werden müsse.
Wenn nämlich allein der bloße Hinweis auf eine umfangreiche Broschüre
ausreichen würde, dann wäre jegliches individuelles Beratungsgespräch
überflüssig. Deutlicher noch: Selbst wenn die Broschüre inhaltlich
nicht zu beanstanden wäre, hätte dies die Bank nicht von ihrer
Aufklärungspflicht entbunden. Jeder Anleger, der Rat im persönlichen
Gespräch suche, sei individuell zu beraten. Er könne durchaus erwarten,
dass er als Laie nicht mit noch so gutem Material zur eigenen
Durchsicht und Durcharbeit abgespeist werde.
Die Zusammenstellung gibt den veröffentlichten Sachstand vom Juli 2008
wieder, unabhängig davon, ob alle Urteile rechtskräftig waren oder
nicht. Spätere Änderungen sind nicht berücksichtigt.
Quelle: Deutscher Verbraucherschutzring e.V. (DVS)